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Monrepos oder die Kaelte der Macht

Monrepos oder die Kaelte der Macht

Titel: Monrepos oder die Kaelte der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Zach
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Beamte, keine Politiker! Auch in einer Staatskanzlei wird in erster Linie Verwaltung verlangt, solide, ehrliche Verwaltung. Darauf beruht letztlich auch der Erfolg der Politik!
    Gundelach meinte, auf Renfts Gesicht eine gesteigerte Röte feststellen zu müssen. Die geplatzten Adern schwammen wie dünne Tangfäden auf der Haut.
    Sind Sie denn schon dem Ministerpräsidenten vorgestellt worden? Nein? Nun, das könnte ich arrangieren. Ich habe ohnehin einige Rücksprachen bei Dr. Breisinger wahrzunehmen − es könnte dann in einem gehen! Ich werde also − Renft schickte sich an, die Ruftaste seiner Telefonanlage zu drücken − Frau Biehler bitten, einen Termin zu vereinbaren.
    Zwiesel räusperte sich.
    Eigentlich, sagte er, wollte das Herr Bertsch selbst … Es müßte auch recht schnell gehen, denn wir wollen Herrn Gundelach schon in der nächsten Woche dem Ministerpräsidenten zu einer Kreisbereisung beiordnen. Damit er möglichst rasch Erfahrungen sammeln und Kontakte knüpfen kann. Insofern −
    Der Oberkörper des Ministerialdirektors straffte sich. Gundelach starrte gebannt auf die weiß hervortretenden Knöchel, als Renft seine Handrücken gegen die Schreibtischkante preßte. Gleich passiert’s, dachte er, und seine Sympathie gehörte uneingeschränkt dem Amtschef, der als nächstes ohne Zweifel seinen Untergebenen in die Schranken weisen würde.
    Es passierte jedoch weiter nichts, als daß die eben noch kerzengerade Gestalt, die für Sekunden den ganzen Raum zu beherrschen schien, wieder in sich zusammensank. Die Schultern fielen nach vorn, die Nasenspitze näherte sich dem weinroten Binder und das schüttere weiße Haar wurde in all seiner Greisenhaftigkeit sichtbar. Als Renft wieder aufschaute, waren seine Augen stumpf und interesselos geworden.
    Kreisbereisungen. Sososo. Das ist interessant. Man lernt sicher eine Menge Leute kennen … Ist das Ihre Hauptaufgabe, die Kreisbereisungen, meine ich, zu organisieren?
    Zwiesel verneinte entspannt. Herr Gundelach soll vor allem bei der Vorbereitung des Landesjubiläums helfen, sagte er. Aber da wir auch die Gemeinden mit ins Boot nehmen wollen, ist es sicher kein Fehler, wenn er vor Ort Erfahrungen sammelt und −
    − und Kontakte knüpft. Jaja, ich weiß. Renfts Stimme senkte sich in müdem Spott. Nun denn, junger Freund, sammeln und knüpfen Sie, immer frisch drauf los! Die Welt steht Ihnen offen, denn Sie sind jung und tatendurstig, und das sind die besten Voraussetzungen, um in ihr bestehen zu können. Vielleicht führt Sie Ihr Weg weit nach oben, ich wünsche es Ihnen jedenfalls − er erhob sich und knöpfte mechanisch die Jacke zu −, vielleicht sitzen Sie eines Tages sogar auf diesem Stuhl hier, was ich Ihnen nicht unbedingt wünsche, und sehen sich wie ich dem Ansturm der Jugend ausgesetzt −, dann mag Ihnen das eine oder andere aus Ihrer ersten Begegnung mit dem alten Ministerialdirektor wieder einfallen. Frau Biehler, würden Sie die Herren bitte hinausbegleiten. Auf Wiedersehen, meine Herren. − Die Akte, Frau Biehler, können Sie gleich mitnehmen.
    Von der unterwürfigen Liebenswürdigkeit der alten Dame begleitet, durchquerten sie das Vorzimmer und schwiegen, bis sie das Säulenportal hinter sich gelassen hatten.
    Irgendwie, sagte Zwiesel, lebt er in einer anderen Welt. Aber man darf sich nicht täuschen lassen: Wenn er einem schaden will, hat er dazu immer noch die Möglichkeit.
    Vor dem Seiteneingang angekommen, nahm Zwiesel die Klinke in die Hand und verabschiedete sich. Seine Aufgabe war beendet.
    Immerhin, fügte er maliziös an, werden Sie jetzt zu einem schnellen Vorstellungstermin beim MP kommen. Und auch für die Kreisbereisung in der nächsten Woche werde ich Sie wohl anständigerweise anmelden müssen. Sonst laufen Sie ausgerechnet an dem Tag Renft in die Arme.
    Ich denke, das war so vorgesehen?
    Nichts war so vorgesehen. Aber mir fiel gerade keine bessere Ausrede ein, um den MD davon abzuhalten, Sie ins Schlepptau zu nehmen.
    Und was wäre daran so schlimm gewesen? fragte Gundelach leise.
    Zwiesel sah ausdruckslos über ihn hinweg.
    Es ist nicht sein Job, sagte er schließlich gedehnt. Eine Regierungszentrale funktioniert nur, wenn alle die Spielregeln einhalten. Alle. Im übrigen, seien Sie froh, daß ich interveniert habe. Ich bezweifle, daß Renft seinen Rücksprachetermin bei Breisinger vor der nächsten Personalversammlung kriegt.
    Wann ist die? fragte Gundelach.
    Im Dezember. Immer im Dezember.
    Wenn es Abend wurde, versammelte

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