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Monrepos oder die Kaelte der Macht

Monrepos oder die Kaelte der Macht

Titel: Monrepos oder die Kaelte der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Zach
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sich die Barackenmannschaft meistens im Zimmer eines Kollegen. Auf mitgebrachten Stühlen flezend, ließ man die Ereignisse des Tages, ob Nichtigkeiten oder Staatsaktionen, Revue passieren. Glossierte und polemisierte, hechelte Beziehungen und Beförderungen durch, fand immer irgendwo einen Vorrat Schwarzriesling oder Trollinger, wärmte sich im Abglanz eines bedeutsamen Gesprächs mit Bertsch oder Müller-Prellwitz, plante den nächsten publizistischen Schlag und lauschte, während es vor den Fenstern dämmerte, den politisch-philosophischen Einlassungen des ältesten Barackenbewohners Dr. Dankwart Weis, eines ehemaligen Redakteurs, der als oberster Redenschreiber Breisingers für besinnliche Tagesausklänge zuständig war.
    Während Gundelach noch halb dem bedrückenden Vorstellungsgespräch beim Ministerialdirektor nachhing, setzte Weis der Runde auseinander, daß in einer politischen Debatte jeder Erfolg auf der Kunst beruhe, die Banalität gegnerischer Anwürfe zu entlarven.
    Leider, sagte er und griff mit leicht zitternder Hand nach einer Flasche Eberfürst, mangelt es der Union entschieden an dieser Fähigkeit. Nicht nur, daß sie der törichten linken Begriffsnomenklatur auf den Leim geht − sie hat ihr auch nichts Gleichwertiges entgegenzusetzen. Es ist das Elend konservativer Politik, daß sie die Banalität ideologischer Auseinandersetzungen um Begrifflichkeiten scheut und sich statt dessen sofort aufs Handeln verlegt. Konservative haben in der Sache meistens Recht, aber sie wissen kaum je zu sagen, warum.
    Dabei gibt es in der Politik, wie schon die alten Chinesen lehrten, nichts Wichtigeres als frühzeitig Begriffe zu besetzen, warf Gundelach zum eigenen Erstaunen ein. Eigentlich wollte er nur Renfts zusammengesunkene Gestalt aus der Erinnerung verscheuchen.
    Dr. Weis hob seine verquollenen Augen, unter denen die Tränensäcke aufgepolstert wie Fensterkissen lagen, wohlgefällig dem Assessor entgegen.
    Sieh an, sagte er anerkennend, mir scheint, die Personalabteilung hat endlich mal wieder einen guten Griff getan. Willkommen, junger Freund, in der kleinen, verlorenen Schar öffentlich bediensteter Philosophen! Prost.
    Und ich fürchtete schon, Sie würden mich mit: Si tacuisses … zum Schweigen bringen, erwiderte Gundelach. Erleichtert trank er sein Glas leer. Der Ältere schenkte ihm nach.
    Wieso denn? fragte er, der reichlich verschütteten Tropfen nicht achtend. Nein, der Intellektuelle muß reden, das sagte ich doch gerade. Etwas anderes kann er im übrigen auch gar nicht. Doch das ist eine Erkenntnis, die Verwaltungsjuristen gemeinhin abgeht. Sie denken nicht, sie planen … Sie argumentieren nicht, sondern erlassen Vorschriften −
    Oha! Jetzt schlägt Dankwart wieder zu! rief Schieborn. Bauer nuschelte, silbenverschluckend, etwas von der Freiheit eines Christenmenschen, die eine christliche Partei halt nun mal auszuhalten hätte. Dabei blickte er unsicher lächelnd unter sich.
    Dr. Weis fühlte sich gefordert.
    Es ist nicht die Freiheit im lutherischen Sinne, die ich mir nehme, replizierte er mit würdevoller Überlegenheit, und die, nebenbei, gerade das Gegenteil dessen wäre, was Sie meinen, lieber Rolf Bauer − es ist die aussterbende Freiheit philosophisch geschulter Hofnarren, die keine Kritik zu fürchten und keine Beförderungen zu hoffen haben. − Schauen Sie sich an, was gegenwärtig bei uns mit der Bildung passiert. Seit Jahren warnen wir in jeder bildungspolitischen Rede vor den Gefahren der Akademisierung, vor dem Wahn, daß diese Gesellschaft Politologen und Lehrer dringender brauche als Ingenieure und Handwerksmeister. Und was, in Wahrheit, tun wir? Wir stellen jedes Jahr Tausende neuer Lehrer ein und lassen Pullendorfs entsetzlich produktive Abteilung einen Schulentwicklungsplan nach dem anderen ausbrüten. Wir reformieren unsere Schulen zu Tode und liefern die ältesten Stätten unabhängigen Denkens − denn seit Philosophie betrieben wird, gibt es auch Schulen − ihren Zerstörern aus. Und warum? Weil sich bis heute niemand im konservativen Lager die Mühe macht, den Begriff Bildungsreform in seiner ganzen Banalität zu entlarven.
    Er unterbrach sich und schlürfte den Wein in langen Zügen zum Magen hinunter, von wo die mitverschluckte Luft unter heftigem Rülpsen wieder nach oben gepreßt wurde. Die Sekretärinnen kicherten und warfen sich verstohlene Blicke zu.
    Gundelach wagte einen Einwand.
    Gerade unser Kultusminister Professor Baltus stemmt sich doch am

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