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Monrepos oder die Kaelte der Macht

Monrepos oder die Kaelte der Macht

Titel: Monrepos oder die Kaelte der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Zach
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selbst spürten, eher den Haustürbesuchen von Handelsreisenden denn strategischer Vorstandsarbeit entsprach, sondern sie flogen und flohen auch wieder in Asiens ungezügelte Wachstumsparadiese, nach Thailand, Siam, Singapur, Vietnam und Shanghai, die würzige Luft fremder Optionen gierig einatmend und den Schmerz über verpaßte Gelegenheiten mit dem Opiat exotischer Fortschrittsgläubigkeit betäubend.
    Kehrten sie dann aber, was ungeachtet aller Zukunftsnostalgie denn doch unvermeidlich war, ins enge Geviert des Landes zurück, erwartete sie dort nicht nur der übliche schale Gegenwartsverdruß, mit dem sie ein pflichtgemäßes Auskommen zu suchen hatten – nein, es schob sich, langsam und unaufhaltbar, der Mahlstrom einer Vergangenheitsmoräne auf sie zu, deren fatales Kennzeichen wie einst bei Breisinger die plötzliche Wiederkehr längst vergessen geglaubter Personen und Ereignisse war.
    Ein Jahr lang zog sich die Hauptverhandlung gegen einen führenden Unternehmer des Landes in Sachen Parteispenden und Steuerverkürzung schon hin, da öffnete der als Zeuge geladene ehemalige CDU-Bezirksvorsitzende und Staatssekretär a.D. Kahlein die Büchse der Pandora und behauptete, selbstredend hätten alle CDU-Präsidialen, die sich da in den siebziger Jahren oft und oft im noblen Gästehaus Schaumberger getroffen hatten, von den Schlichen der Umweg- und Kaskadenfinanzierung, des ersten und des zweiten Weges, der steuersparenden Umwidmung saftiger Unternehmensspenden zu angeblichen Betriebsausgaben für Berufsverbände und Fördergesellschaften gewußt. Schließlich sei über die Frage, wie der Kuchen zwischen dem chronisch klammen CDU-Landesverband und den Bezirksverbänden aufzuteilen wäre, mit schöner Regelmäßigkeit gestritten worden.
    Zum Beweis legte Kahlein ein Schreiben des zigarrenfabrizierenden Schatzmeisters aus dem Jahr 1973 vor, in dem dieser seinen Landesvorsitzenden Breisinger und die übrigen Präsidiumsmitglieder darüber in Kenntnis setzte, wie und über welche Verbände er ›auf dem zweiten Weg‹ die einzelnen Parteigliederungen finanziell auszustatten gedenke. Weiteres, sagte der ins rächende Unternehmerlager konvertierte Ex-Politiker, könne man gewiß zahlreichen Sitzungsprotokollen entnehmen, die noch in den Aktenschränken der CDU-Landesgeschäftsstelle lagern müßten.
    Zwei Monate später fanden sich, von der Verteidigung beantragt, Breisinger, Specht, Innenminister Schwind und andere im Zeugenstand wieder und erklärten mit unterschiedlicher Festigkeit ihr Nichtwissen. Wegen des Verdachts der Teilnahme an der angeklagten Steuerhinterziehung blieben sie unvereidigt. Specht beharrte darauf, nicht gewußt und sich auch nicht dafür interessiert zu haben, was es mit dem ominösen zweiten Weg der Parteienfinanzierung auf sich hatte. Breisinger stritt rundweg ab, daß bei Präsidiumstagungen unter seiner Leitung von Parteifinanzen überhaupt die Rede gewesen sei. Die Staatsanwaltschaft leitete gegen ihn ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der uneidlichen Falschaussage ein.
    Kahlein bezichtigte Specht brieflich und öffentlich der Falschaussage und forderte ihn auf, seine Einlassung vor Gericht zu korrigieren. Das Gericht legte der Staatsanwaltschaft nahe, das Verfahren gegen den Unternehmer wegen geringer Schuld und mangelndem öffentlichen Interesse an der Strafverfolgung einzustellen. Die Strafverfolger lehnten ab. Wundersamerweise tauchten kurz danach die Protokolle, die in der Landesgeschäftsstelle nicht auffindbar gewesen waren, im Archiv der Konrad-Adenauer-Stiftung in Bonn auf. Sie belegten, daß Finanzprobleme in den siebziger Jahren tatsächlich häufig Gegenstand präsidialer Erörterungen gewesen waren, gaben aber keinen Aufschluß darüber, ob die Instrumente der Umwegfinanzierung in den Beratungen ausdrücklich angesprochen worden waren. Specht, der wie Innenminister Schwind als Zeuge ausgesagt hatte, er glaube nicht, daß von den Präsidiumssitzungen Protokolle angefertigt worden seien, erklärte, er sei ›wegen der Geschichte unglaublich verunsichert‹.
    Anfang November 1990 erteilte das Gericht dem Unternehmer wegen tateinheitlicher Körperschafts- und Gewerbesteuerhinterziehung eine Verwarnung und machte ihm zur Auflage, 600000 Mark an gemeinnützige Einrichtungen zu bezahlen. Man war mit einem blauen Auge davongekommen.
    Zwei Wochen später wurde vor einer Wirtschaftskammer desselben Landgerichts die Hauptverhandlung gegen den Vorstandsvorsitzenden Dr. Mohr, mit

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