Monrepos oder die Kaelte der Macht
zulassen sollen –.
Der Wirtschaftsminister korrigiert: Verlustrückträge! Es heißt Verlustrückträge. Auf Breisingers Blick hin beeilt er sich anzufügen: Ist ja egal. Sehr gut, sehr gut!
Kahlein schnaubt verächtlich.
Das Haushaltsdefizit von Bund, Ländern und Gemeinden, sagt Breisinger energisch, wird in diesem Jahr auf sechzig Milliarden Mark anwachsen. Man kann sich ausmalen, was das für die Inflation bedeutet.
Über fünf Prozent, sagt der Finanzminister rollend. Sozis können nicht mit Geld umgehen, das war schon immer so.
Der Innenminister: Die machen doch Schulden wie die Säutreiber, das muß man dem Volk endlich mal sagen!
Breisinger hält inne, läßt das allgemeine Jawohl! und So ist es! verebben, wiederholt den Spruch mit den Säutreibern genießerisch und sagt: Herr Bertsch, das müssen wir uns für den Wahlkampf merken. Das sitzt. Bertsch hat schon mitgeschrieben, nickt: Herr Innenminister, Sie kommen in unser Redaktionsteam, wenn es soweit ist!
Jedenfalls, fährt Breisinger fort, wird sich der Herr Bundeskanzler an den Ländern, und zwar an allen, die Zähne ausbeißen, wenn er versuchen sollte, zu ihren Lasten an der Umsatzsteuerschraube zu drehen. Und überhaupt muß erst das böse Wort vom Bundesrat als außerparlamentarischer Opposition vom Tisch.
Eine Unverschämtheit ist das! ruft der weibliche Sozialminister. Eine Frechheit! Der Mann, sagt Breisinger, hat eben kein Verhältnis zum Föderalismus. Und keine Manieren, ergänzt Frau Minister. So ist das nämlich.
Es fällt nicht schwer, den Übergang zur Landespolitik zu finden. Ein Schattenboxen, bei dem der Sieger von vornherein feststeht, ist stets reizvoll: Man braucht nur Schmidt durch Meppens zu ersetzen und kann gleich weitermachen. Im Vergleich zu Meppens ist Schmidt nämlich noch gold. Der weiß wenigstens ungefähr, wovon er redet. Meppens dagegen: der reine Theoretiker. Für den kommt der Strom aus der Steckdose, deswegen kann er von alternativer Sonnen- und Windenergie faseln und die Agitation gegen das geplante Kernkraftwerk Weihl unterstützen.
Unverantwortlich ist das! ereifert sich Gwähr. Leider gelingt ihm nicht noch einmal solch ein schöner Spruch wie zum Schuldenmachen. Und gefährlich! warnt Breisinger und schlenkert den erhobenen rechten Zeigefinger: Die linke Journaille hofiert Meppens, wo sie kann, und leider hat er auch in der evangelischen Kirche einen starken Rückhalt.
Dr. Rentschler schaut versonnen durch seine starken Brillengläser und schweigt. Dafür meldet sich Müller-Prellwitz zu Wort.
Wir lassen Meppens viel zu viel Spielraum, erklärt er. Sein moralisches Gehabe zielt doch genau auf die Jugend und die Achtundsechziger-Generation, die man jetzt überall als Lehrer auf die Kinder losläßt!
Der Kultusminister schüttelt den Kopf, als wollte er sagen: Ganz so einfach ist das nicht. Doch Müller-Prellwitz redet sich in Fahrt. Die Union, sagt er, muß endlich auch geistig in die Offensive gehen und sich nicht immer nur über die Verteilung von Steuern aufregen, was für den Normalbürger sowieso ein Buch mit sieben Siegeln ist. Viel wichtiger wäre es, einmal die ideologischen Wurzeln von Sozialismus, Kommunismus und Terrorismus aufzuzeigen und zu belegen.
Mehrere Kabinettsmitglieder nicken: sehr richtig!
Wenn sich aber ein Politiker an das Thema heranwage, fährt der ›kleine MP‹ zornig fort, werde er von der Presse zusammenkartätscht. Deswegen bräuchte man konservative Professoren an den Hochschulen, die den Mut hätten, Zusammenhänge beim Namen zu nennen. Und die gäbe es auch, wenn man sie nur politisch unterstützen würde. In Regensburg beispielsweise lehre ein Professor Mohrbrunner, der sich als engagierter Kritiker von Adorno und Habermas einen guten Ruf erworben hätte. Der wäre sofort bereit, ins Land zu kommen, wenn man ihm eine C 4-Professur anböte.
Und warum tun wir das nicht? fragt Breisinger. Das ist doch genau der Mann, den wir brauchen!
Weil, antwortet Müller-Prellwitz mit schneidender Schärfe, das Kultusministerium der Auffassung ist, Mohrbrunners wissenschaftliche Reputation reiche nicht aus, um ihn notfalls auch gegen den Widerstand einer Universität auf Platz eins der Vorschlagsliste zu setzen. Darum!
Aller Augen sind auf Professor Baltus gerichtet. Dessen kantiges Kinn springt noch mehr vor, als er, nach kurzem Zögern, erwidert, er kenne den Vorgang nicht, zum ersten Mal höre er davon. Auch von dem Professor Mohrbrunner höre er allerdings zum ersten Mal.
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