Monsieur Papon oder ein Dorf steht kopf
physische Erscheinungsform des Kribbelns unter seiner Haut – gerade so außer Reichweite – handelte, das er dieser Tage angesichts all der Ärgernisse, mit denen er sich herumschlagen musste, ständig verspürte.
Es kostete ihn große Selbstbeherrschung, mit dem Kratzen aufzuhören und nach dem Papierstapel zu greifen, dervor ihm lag. Er überflog das erste Blatt, ein Gesuch Philippe Galys, der um die Genehmigung für den Umbau eines Nebengebäudes in eine gîte bat, und legte es beiseite. Die nächsten beiden waren Briefe vom Conseil Général in Foix, der Hauptstadt des Départements, in denen um seine Anwesenheit in weiteren nutzlosen Sitzungen ersucht wurde. Aber das letzte Schreiben vermochte seine Aufmerksamkeit lange genug zu fesseln, um seine reizbare Stimmung zu besänftigen.
Es war das offizielle Abnahmeprüfprotokoll von Major Gaillard.
Serge überflog den Text, bis sein Blick bei einem Wort verharrte, das zählte:
DÉFAVORABLE
Er murmelte es wie eine Beschwörung, genoss die Art und Weise, wie die Vokale und Konsonanten seine Zunge umschlangen gleich einem kräftigen Bordeaux. Défavorable . Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück, verschränkte die Arme vor der Brust und holte, von Zufriedenheit erfüllt, tief Luft, während sich seine Sinne an der Macht berauschten, die dem vor ihm liegenden Dokument innewohnte.
Er hatte es geschafft. Die Auberge gehörte so gut wie ihm. Nun ja, seinem Schwager. Was ja im Grunde das Gleiche war. Und nichts davon war in seinem Namen geschehen. Der überaus ehrgeizige Pascal hatte sich darum gerissen, den Antrag zu stellen, die Auberge aufzukaufen, und Christian, der etwas so Skrupelloses nicht zu tolerieren vermochte, hatte, wie von Serge erhofft, einen Gegenvorschlag vorgelegt.
Serge lachte leise. Er war mit Christian ein großes Risiko eingegangen, aber es hatte sich gelohnt. Der Mann hatteseine Erwartungen übertroffen. Da er allein auf die Idee mit der Prüfung gekommen war, hatte sich Serge nicht einmischen müssen, und Christians Überredungskünste hatten Serge sogar den Luxus ermöglicht, sich der Stimme zu enthalten.
Sein Name tauchte nirgendwo auf.
Wenn also Jean-Louis die Auberge in ein paar Monaten für einen weitaus günstigeren Preis kaufen würde, könnte niemand mit dem Finger auf den Bürgermeister zeigen und ihn der Korruption beschuldigen.
Ausgenommen Bernard natürlich.
Das plötzliche Aufheulen eines Motors unten im Hof durchbrach die winterliche Stille, und Serge eilte zum Fenster, um mit anzusehen, wie Bernard den Traktor – nun mit Räumschild zum Schneepflug umfunktioniert – rückwärts aus dem Schuppen manövrierte. Seit zwei Tagen fuhr er nun den Schneepflug der Gemeinde, und in den zwei Tagen waren im Rathaus mehr Versicherungsansprüche gestellt worden als in den letzten zehn Jahren zusammen. Bernard hatte es geschafft, einen Zaun in der engen Kurve in La Rivière niederzuwalzen, die Außenspiegel von vier Autos zu demolieren, beinahe Monique Sentenacs kläffenden Pudel zu überfahren und beim Zurücksetzen mit hohem Tempo in Pascals brandneuen Range Rover zu fahren.
Der Mann war eine Last.
Wenngleich ihm die Leute in der Bar einen ausgegeben hatten, als die Neuigkeit von Pascals Wagen die Runde machte. Geschah dem Kerl ganz recht. Warum kaufte er auch diesen ausländischen Mist?
Nachdem der Traktor endlich aus dem Schuppen heraus war, schoss er mit einem Ruck nach vorn, und der Schneepflug schrammte am Torpfosten vorbei, während Bernard den Weg auf die Straße hinaus und den Berg hinunternahm. Gar nicht mal so schlecht. Er hatte die parkenden Wagen auf der gegenüberliegenden Seite verfehlt und den Torpfosten nur oberflächlich beschädigt. Vielleicht lernte der Mann einfach nur sehr langsam!
Obwohl der Vorfall mit dem Stier äußerst knapp gewesen war. Zu knapp!
Serge ging zum Ofen hinüber, um sich wärmen, da ihm ein Schauer über den Rücken lief. Dieser verdammte Bernard! Serge hatte nichts weiter als eine Ablenkung gewollt, um Christian von der Gemeinderatsversammlung wegzulocken. Er war sich ziemlich sicher gewesen, dass sein Stellvertreter seine Meinung über die Schließung der Auberge geändert hatte, und damit richtiggelegen, wenn man bedachte, wie Josette gestimmt hatte. Nur gut, dass er diese Giftschlange Fatima benutzt hatte, um die beiden an dem Abend der Versammlung voneinander fernzuhalten, sonst wäre Josette womöglich eine überzeugendere Argumentation gelungen.
Bernard hatte er eine einfache
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