Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Monsieur Papon oder ein Dorf steht kopf

Monsieur Papon oder ein Dorf steht kopf

Titel: Monsieur Papon oder ein Dorf steht kopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Stagg
Vom Netzwerk:
Christian nur kleinlaut und ließ den Kopf noch ein wenig mehr hängen. Annie, die Mitleid mit ihm hatte, versuchte das Thema zu wechseln.
    »Alschowaschischdadrin?«, fragte sie, während sie ihr Messer in die Tasche steckte, und deutete auf das große Geschenk, das verwaist auf dem Boden lag.
    »Ach, das.« Christian betrachtete das Paket für einen Moment reumütig. Als er es aufhob, bestätigte ihm ein leises Klirren seine Befürchtung.
    »Das ist ein Geschenk«, sagte er und legte es auf das Bett neben Véronique, wobei er sein Gesicht abwandte, da er immer noch nicht imstande war, sie anzusehen. »Aber ich glaube, ich habe es kaputt gemacht.«
    Véronique, die es bereits bedauerte, dass sie ihn derart angefahren hatte, murmelte ein Dankeschön und begann, dankbar für die Ablenkung, das Band zu öffnen. Sie zog das Geschenkpapier zur Seite und stieß ein Keuchen hervor – ob vor Schreck oder Freude, vermochte Christian nicht zu sagen.
    »Scheiße!«, stöhnte er und betrachtete die zerschmetterte Statue von St. Germaine, die in dem bunten Papier eingebettet lag. »Ich bin so ein Idiot! Ich habe ihren Kopf wieder angeklebt, und es sah eigentlich ganz prima aus, aber jetzt erinnert sie eher an … an …«
    »Frankenschteinschbraut?«, ergänzte Annie mit einem gackernden Lachen.
    Und sie hatte recht. Die arme St. Germaine ähnelte in der Tat eher einem Ungeheuer als einer Heiligen.
    Christian hatte eine Ewigkeit damit verbracht, die Statue zu reparieren, aber trotz all seiner Bemühungen war immer eine deutliche Schramme um ihren Hals sichtbar geblieben, und ihre Haut wurde fleckig, weil es ihm nicht gelungen war, den genauen Farbton zu treffen. Der insgesamt gruselige Eindruck wurde durch ihr jüngstes Malheur nur noch verstärkt. Das kleine Lamm zu ihren Füßen war bei dem Aufprall auf den Krankenhausboden in zwei Hälften zerbrochen, und ihr Hirtenstab und der größte Teil ihres rechten Arms lagen nun in einem merkwürdigen Winkel zum restlichen Körper.
    »Tut mir leid. Ich dachte nur …« Er geriet ins Stocken. »Na ja … also … irgendwie hat es … hat sie … dein Leben gerettet, und der Geistliche wollte sie wegwerfen, da hab ich … hab ich sie geklebt. Aber das eben …«
    Er deutete hilflos auf den Boden, getraute sich nicht, den Grund des Missgeschicks noch einmal zur Sprache zu bringen.
    »Ich kann versuchen, sie noch einmal zu kleben. Das heißt, wenn du es möchtest.«
    Véronique sah ihn an, lächelte und drückte seinen Arm.
    »Danke. Das würde mich freuen«, sagte sie und schluckte, während sie die Tränen zurückzuhalten versuchte, mit denen sie schon den ganzen Morgen kämpfte. »Das ist einesehr nette Geste. Vor allem für jemanden, der nicht an Heilige glaubt. Es tut mir leid, dass du sie wegen mir fallen gelassen hast.«
    Sie wickelte die zerbrochene Heilige liebevoll wieder in das Papier.
    »Und im Augenblick«, fuhr sie in einem unbeschwerten Tonfall fort, der über ihre wahren Gefühle hinwegtäuschte, »ist es das Einzige, was ich besitze. Also vielen Dank dafür, Christian.«
    Sie rappelte sich hoch und gab ihm einen Kuss auf die Wange, was ihn verlegen husten ließ.
    »DuliebeScheit!«, unterbrach Annie sie. »MachdalliunlaschtunschhierrauschkommenbevordieGutenenHerschanfallkriegt!«
    Sie kippte den Kopf zur Seite in Richtung der alten Dame im Nachbarbett, die sie alle drei anglotzte, die Stricknadeln mitten in der Luft verharrend, während sie zu begreifen versuchte, was da vor sich ging.
    Die Frau hatte endlich aufgehört zu stricken.
    Und als wäre eine Last von ihren Schultern gefallen, begann Véronique mit einem Mal zu kichern, versuchte dabei ihre protestierenden Rippen zu ignorieren und hielt sich an Christians Arm fest, als er ihr in den Rollstuhl half. Annie und Christian ließen sich von ihrer augenblicklichen Heiterkeit anstecken und stimmten mit ein, bis ihnen allen ganz schwach zumute war vor Lachen und Christian kaum den Rollstuhl zu schieben vermochte, als sie zu dritt die Station verließen, wobei Annie die verstümmelte Heilige umklammert hielt.
    Es dauerte eine Weile, bis sich die alte Dame wieder ans Stricken machte – und ganze fünf Tage, bis sie merkte, dass sie einige Maschen hatte fallen lassen.

Kapitel 13
    Véronique und Christian kicherten immer noch wie Teenager, als Annie sie am Wagen zurückließ, um den Rollstuhl zurückzuschieben. Es war ihnen gelungen, Véronique auf den Rücksitz zu manövrieren, wo sie nun mit ihrem ausgestreckten,

Weitere Kostenlose Bücher