Monströs (German Edition)
war Konstantin Mattfeld ihr einziger Sohn getreten. Dem BKA war aufgefallen, dass er versuchte, die Organisation nach und nach in legale Bahnen zu lenken. Vermutlich hatte Konstantin keine Lust, in einen Krieg mit den stark gewachsenen und rivalisierenden Gruppen von Albanern, Russen und Motorradgangs zu geraten.
Nachdem Ram sich aus dem Großrechner des BKA ausgeloggt hatte, schrieb er eine E-Mail folgenden Inhalts an Corleone:
»Auftrag: eilt! Ermittlung des Aufenthaltsorts von Rita Mattfeld, geboren am 12. Juni 1945 in Moskau, zuletzt wohnhaft in Frankfurt am Main.«
Eine Minute später kam Corleones Antwort:
»Freundschaftspreis 2.000 Euro, einverstanden?«
Ram überlegte nicht lange. Er hatte für das Leben, das er sich ausgesucht hatte, mehr Geld, als genug.
»Geht klar. Erwarte Antwort in maximal zwei Stunden.«
»Werde sehen, was sich machen lässt, Herr Kollege.«
Corleone war witzig wie immer. Ram hätte gern gewusst, wie der Kerl aussah. Er nahm sich vor, es herauszufinden, wenn er wieder zurück in seinem Distrikt war.
Ram fuhr das Notebook herunter und blickte nach vorne durch die Windschutzscheibe. Die Hälfte der Strecke lag jetzt hinter ihnen. Paul hatte immer noch keinen Ton von sich gegeben. Er lauschte mittlerweile dem dritten Hörspiel. Rams Gehirn war leer wie der Nachthimmel. Er hatte nicht die geringste Ahnung, was hier abging. Dann bat Karl, ihn am Steuer abzulösen.
31
Nachdem Ernst Söder die Tür zum Verlies abgeschlossen hatte, setzte er sich auf das Sofa, über dem die schrecklichen Fotos an der Wand hingen. Er war sich noch nicht sicher, was mit Selma und Bumann geschehen sollte. Vielleicht konnte er sie noch lebend gebrauchen. Das konnte man nie wissen. Töten konnte er sie immer noch, zum Leben erwecken nicht mehr. Zurbriggen war hinüber, das bedeutete das Belastungsmaterial gegen ihn und Marianne Seewald würde der Polizei zugespielt werden. Vorausgesetzt, Zurbriggen hatte nicht geblufft und außerdem, noch wusste ja niemand, dass der Hoteldirektor enthauptet worden war. Er konnte morgen das Hotel verlassen und sich in Ruhe absetzen. Die Folterkammer und das Verlies würde man unter Umständen erst Tage später finden. Dann wäre er über alle Berge. Er dachte an Brasilien. Er hatte das Land schon immer gemocht. Den Strand, das Meer, die Frauen. Allerdings musste er in der Konsequenz sichergehen, dass Selma und Bumann nicht überlebten. Er würde ihren Tod Eddie in die Schuhe schieben. Der Irre war der ideale Kandidat. Er hatte bereits seine Frau und seinen Bruder umgelegt und die Polizei suchte ihn. Söder erschloss sich aber immer noch nicht, wer Marianne Seewald auf dem Gewissen hatte. Selbst umgebracht hatte sie sich nicht, dafür kannte er sie zu gut. Aber sagten das nicht alle, nachdem sich ein nahestehender Mensch das Leben genommen hatte? Als Täter kam am ehesten Martin Waller in Frage. Seine Frau war auf die gleiche Art und Weise gestorben. Aber welches Motiv sollte Waller haben? Eddie Kaltenbach war zu durchgeknallt einen Badewannenmord, der wie Selbstmord aussah, zu inszenieren. Also blieb der Logik nach doch der Suizid am wahrscheinlichsten. Nur warum war sein Name mit Blut an die Badfliesen geschmiert? Er merkte, dass er keine befriedigenden Antworten auf alle Fragen fand, und schloss seine Überlegungen mit der Feststellung, dass es ihm egal sein könne. Hauptsache er konnte fliehen, bevor die Beweise für seine Verbrechen auftauchten. Kurz betrachtete er den Lauf seiner Pistole. Dann blickte er auf zu Zurbriggens im Raum hängendem Körper. Auch dieser Mord passte nicht zu dem Eddie Kaltenbach, den er früher gekannt hatte. Eddie war brutal und gestört. Söder traute ihm zwar zu, dass er dem Direktor den Kopf mit einer Machete abgeschlagen hatte, aber er glaubte nicht, dass Eddie sich noch die Mühe gemacht hätte, Zurbriggen davor an Ketten zu fesseln, und in die Luft zu befördern. Doch Menschen konnten sich ändern. Es war schließlich sieben Jahre her, dass Eddie seinen letzten Auftrag ausgeführt hatte. Vielleicht war er in der Zwischenzeit ein anderer geworden und empfand jetzt Freude daran, seine Morde graziös zu gestalten. Plötzlich entdeckte Söder ein Detail an Zurbriggens Körper. Da war ein Zettel. Er lugte aus dem Bund von Zurbriggens ledernem Slip. Im Stehen war es kaum möglich gewesen, das zu erkennen. Aber auf dem Sofa sitzend, fiel sein Blick unweigerlich darauf, wenn er die Leiche von unten ansah. Er zog den Zettel heraus und
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