Monströs (German Edition)
zwischen der Tür und der Wand steckte, und zog gleichzeitig mit aller Kraft am Türgriff. Mit einem lauten Krachen gab das Blatt schließlich nach und Martin fiel rückwärts in das verkrustete Blut. Schnell richtete er sich wieder auf und blickte auf das nun schwarz in der Wand klaffende Loch, das zuvor von der Tür versperrt gewesen war. Zuerst kam Selma heraus gekrochen und blinzelte ihm entgegen. Er atmete auf. Sie schien unverletzt zu sein. Unmittelbar hinter ihr folgte Eugen Bumann. Ohne Worte fiel Selma Martin um den Hals und drückte ihn fest an sich. Als sie sich wieder von ihm löste, sah er Tränen in ihren Augen.
»Wir dachten zuerst Söder wäre zurückgekommen, um uns zu töten«, sagte sie schließlich.«
Bumann lehnte an der Wand und war noch immer stumm. Er starrte ohne Regung auf den Boden.
»Was ist mit ihm?«, fragte Martin.
»Er steht unter Schock.«
Selma nickte mit dem Kopf in Richtung des Verschlages.
»Da drin hat der Mistkerl seine Opfer verscharrt, neben seinen Großeltern, die hat sein Vater auf dem Gewissen.«
»Zurbriggen?«
»Er hat hier unten Frauen gefoltert, missbraucht und anschließend getötet. Sieh dir die Fotos über dem Sofa an, dann weißt du alles.«
Martin schaute kurz hinüber zu der Wand, verspürte aber nicht die geringste Lust dazu, hinüber zugehen. Der Drang, diesen schrecklichen Raum zu verlassen, war viel größer. Nach einem kurzen Zögern tat er es aber doch. Wieder gab er darauf acht, Zurbriggen nicht ansehen zu müssen.
Die Fotos über dem Sofa waren grauenvoll. Er warf nur einen kurzen Blick darauf. Mehr musste er nicht sehen, um mit Gewissheit sagen zu können, dass Zurbriggen auf Fesselspiele, Folter und tödliche Gewalt abgefahren war. Ein weiterer Irrer, dem man die Gefährlichkeit im täglichen Leben nicht angesehen hatte.
Als Martins Blick den Boden streifte, sah er ein zusammengeknülltes Blatt Papier. Es konnte nur das sein, wonach er insgeheim Ausschau gehalten hatte. Bis jetzt befand sich bei jeder Leiche eine Nachricht in Form eines Reims. Im Falle Udo Kaltenbachs, den Eddie erschossen hatte, hatte er eine E-Mail erhalten. Bei Marianne Seewald, hatte er eine noch nicht abgesendete E-Mail an ihn, in deren Notebook gefunden.
Er bückte sich, hob das Blatt Papier vom Boden auf und las:
Du solltest in meinem Computer nachschauen!
Er las die Nachricht noch einmal. Kein Reim. Das passte nicht, war er damit gemeint? Er hatte keine Zeit darüber nachzudenken. Aber was immer das zu bedeuten hatte, es musste mit den rätselhaften Geschehnissen zu tun haben, die in dieser Nacht stattfanden. Er ließ den Zettel auf dem Sofa liegen und ging zu Selma, die an der Ausgangstür bereits auf ihn wartete. Jetzt war nur wichtig, dass sie am Leben waren und es auch blieben. Hier unten standen ihre Chancen dafür aber schlecht. Es gab keinen Fluchtweg. Sie befanden sich in einer Sackgasse.
Eugen Bumann stand noch immer an der Wand neben dem Kellerverlies aus dem Martin Selma und ihn gerade befreit hatte. Er machte keine Anstalten mit ihnen zu kommen.
»Was ist Bumann, wollen Sie hier unten verrecken?«, sagte Martin.
Bumann starrte ihn plötzlich mit großen Augen an. Martins Worte schienen ihn aus seiner Trance geweckt zu haben. Er schüttelte den Kopf und lief ihnen schnell hinterher.
Sie machten sich nicht die Mühe, das Regal zurückzuschieben und Martin verkniff sich die Frage, ob Selma und Bumann auch den Schuss vor gut zwei Minuten gehört hatten. Es war davon auszugehen. Aber sie konnten es sich einfach nicht leisten, noch mehr Zeit aufs Reden zu verwenden. Sie mussten jetzt so schnell wie möglich aus diesem Keller raus. Denn hier saßen sie definitiv in der Falle. An der Ausgangstür stoppten sie und Martin schaute vorsichtig in den Kellergang. Als niemand zu sehen war, drehte er sich zu den beiden anderen um.
»Bevor wir da raus gehen, sollten wir festlegen, wohin wir eigentlich wollen. Hat jemand eine Idee?«
»Vielleicht«, sagte Selma. Martin und Bumann blickten sie gespannt an. Gerade als Selma weiter sprechen wollte, durchfuhr alle Drei ein Schreck und ihre Blicke wanderten wie auf ein Zeichen zur Decke. Ein weiterer Schuss in der Etage über ihnen war gefallen. Selma erholte sich als Erstes von dem Schock.
»Es ist schon über ein Jahr her, da habe ich in Marianne Seewalds Zimmer geputzt und ich dachte, sie sei nicht da. Doch das war ein Irrtum. Plötzlich öffnete sich die Tür ihres Schlafzimmerschrankes, gerade als ich das Bett
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