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Monströse Welten 2: Hobbs Land

Monströse Welten 2: Hobbs Land

Titel: Monströse Welten 2: Hobbs Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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Dunkelheit verschwinden. Das Spiel wiederholt sich ständig: Die Lichter steigen im scheinbar unbegrenzten Raum nach oben und erlöschen schließlich.
    Bald fallen Sam die Augen zu. Der lange Marsch steckt ihm in den Knochen. Er spielt mit dem Gedanken, sich noch ein paar Minuten auszuruhen, bevor er zum Bruderhaus zurückgeht. Und da hat er sich auch schon wie ein Wurm auf dem Mosaikfußboden zusammengerollt, den Kopf auf den muskulösen Arm gebettet, die Beine angezogen, und er schläft den Schlaf des Erschöpften, während die Lichter des Gottes in stetigem Rhythmus pulsieren und verlöschen.
    Die Luft steigt auf. Die Nacht weicht wie ein Netz, das eingeholt wird, die Dunkelheit zieht sich zurück, bis das Licht der Morgendämmerung am Horizont erscheint. Als Sam erwacht, kitzeln ihn die winzigen Sprossen, die in den Ritzen zwischen den Steinen wachsen. Er steht auf und wundert sich über sich selbst, wundert sich über die Gegenwart, die er spürt, bevor er sie noch sieht oder hört. Etwas, das an geschmolzenes Gold erinnert, erwärmt die Luft im Tempel, wie ein Kohlenbecken mit glühenden Kohlen.
    »Gemütlich hier«, sagt die Gestalt.
    Sam erkennt den Helden auf den ersten Blick. Der Held glüht von innen heraus, ein bronzefarbenes Licht, das durch das kurze Gewand hindurchscheint; Flammen züngeln um die Sandalen und das Schwert. Als ob er ihn beiläufig hätte fallenlassen, liegt auf dem Boden ein goldener Helm mit einem Federbusch, der wie eine kleine Sonne strahlt.
    »Theseus«, sagt Sam atemlos; es hört sich an wie ein Gebet. »Hier!«
    »Weshalb auch nicht?« fragt der Held mit einem freundlichen Lächeln, gütig auf die Seite gelegtem Kopf und strahlenden Augen. »Ich bin gekommen, um dir brüderlich die Hand zu reichen. Das wolltest du doch, oder?«
    Zunächst ist Sam irritiert. Er wüßte nicht, daß er Theseus um Beistand gebeten hätte, auch wenn er es nun nicht für ausgeschlossen hält, daß er… jemanden um Hilfe gebeten hatte. Weshalb nicht Theseus? »Wollte ich?« murmelt er; er hält das alles für einen Traum. Schließlich befindet er, daß es unhöflich wäre, den Helden zu brüskieren, ob er nun eine Traumgestalt oder real ist. »Natürlich wollte ich das.«
    »Wie ich schon sagte«, fährt der Held fort, wobei er auf dem Mosaikboden auf und ab geht, »es ist heimelig hier, aber öde. Das Abenteuerpotential ist begrenzt. Die Landschaft weckt keinerlei erhabenen Gefühle. Bei ihrem Anblick verfällt man nur in Apathie. Es gibt keine Schluchten, keine Berghänge, keine Höhlen. Bei euch gibt es anscheinend weder Banditen noch Despoten, sondern ihr liegt in einem Prokrustesbett…«
    »Durchaus nicht«, widerspricht Sam. Langsam kommt er wieder zu sich und begreift, daß er bloß die Rolle eines Statisten spielt. »Wir haben sehr wohl Gestaltungsmöglichkeiten! Auch wenn sich hier nur bestimmte Gewohnheiten und Einstellungen entwickelt haben. Konstruktivität. Zuverlässigkeit. Ehrlichkeit und Verläßlichkeit. Allerdings ist hier kein Platz für Epen, Sagen und Legenden.« Er redet einfach drauflos, wobei er sich über seine Unbefangenheit wundert. Er sieht den Helden real vor sich. Es handelt sich weder um ein Virtuellbild noch um eine Sinnestäuschung, auch nicht um ein Hologramm. Als Sam die Hand ausstreckt, stößt er auf Fleisch, Leder und Metall. Er saugt die Luft ein und riecht Schweiß. Natürlich wäre es auch möglich, daß er das alles nur träumt… »Wir sind psychisch adaptiert«, sagt er. »Alle unsere Legenden sind abgelegt worden, wie man die Äste eines Baums stutzt.«
    »Was das Leben langweilig macht«, provoziert der Held ihn mit einem Lächeln. Er will ihn ein wenig auf die Schippe nehmen. »Langweilig, Samasnier Girat. Nicht wahr? Du bist von einer gewissen Sehnsucht erfüllt, richtig? Wahrscheinlich suchst du das gleiche, was ich auch gesucht hatte. Wir sind Brüder im Geiste, stimmt’s? Wir sind Kameraden! Ich bin gekommen, um dir zu helfen.«
    »Mir zu helfen?«
    »Den Stein anzuheben. Die Sandalen zu finden und das Schwert zu schwingen. Deinen Vater zu finden…«
    »Aber ich weiß doch, wo er ist…«
    »Ich wußte auch, wo meiner war. Das heißt aber nicht, daß es leicht war, dort hinzugelangen. Ich mußte sehr viele Hindernisse überwinden. Mich vieler Schurken entledigen. Viele heldenhafte Taten vollbringen. Und die ganze Zeit über klebten die Frauen wie Kletten an mir. Du mußt dich vor ihnen in acht nehmen…«
    »Mich vor ihnen in acht nehmen?«
    »Vor

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