Monströse Welten 2: Hobbs Land
Sir. Abendessen muß sein.«
Erneut lächelte Cringh milde. Er hatte die kurzen, in Sütterlinschrift verfaßten Fragen nämlich schon überflogen.
1. Wie definiert man einen Gott?
2. Woher weiß man, ob ein Gott real ist?
3. Muß ein Gott erst eine Rasse intelligenter Wesen erschaffen, um dann von dieser als Gott bestätigt zu werden?
4. Kann ein Gott ein bereits existierendes Volk ›adoptieren‹?
5. Wenn ein Volk aufgrund irgendeines Umstands heilig wird, ist das in jedem Fall auf einen Gott zurückzuführen?
6. Wenn die Antwort auf die letzte Frage ›Nein‹ lautet, welche Erklärung gibt es dann?
Und dann kamen die Fragen, die Cringh sofort als die Krux der ganzen Sache identifizierte, zumindest aus der Perspektive der Baidee:
7. Wäre es möglich, daß der Overmind aus irgendeinem Grund einen niederen oder Pseudo-Gott erschaffen oder seine Entstehung zumindest geduldet hat?
8. Wenn der Overmind nicht dazu in der Lage gewesen ist, sollten wir dann nicht sofort alle kleineren Entitäten vernichten, auf die diese Beschreibung zutrifft?
›Natürlich inoffiziell‹, sagte Cringh sich und stützte sich schwerer auf Lurilile, als es eigentlich nötig gewesen wäre. Manchmal nannte er sie Abishag. Er wußte nicht mehr genau, in welchem Stadium seiner Forschungen er auf diesen Namen gestoßen war; auf jeden Fall hatte er ihn aus einem alten Buch. Irgendwie assoziierte er diesen Namen mit Voorstod, was bedeutete, daß er ihm wahrscheinlich im Zusammenhang mit der Untersuchung der Voorstoder Religionen begegnet war; folglich mußte es sich bei Abishag um eine antike Schönheit handeln, die in den Stammeschroniken erwähnt wurde. Er erinnerte sich, daß sie eine junge Frau gewesen war, die einem alten, grausamen Häuptling als ›Wärmflasche‹ gedient hatte. Ein Häuptling, der ein nicht allzu entfernter Verwandter der alten Häuptlinge von Voorstod gewesen war. Ohne Zweifel genauso alt und grausam.
»Woran denken Sie gerade?« fragte Lurilile.
»Ich glaube, hier wird es bald rund gehen«, entgegnete er. »Wir müssen uns auf Veränderungen einstellen.«
»Oh, fein«, sagte sie.
* * *
In der Siedlung Drei auf Hobbs Land hatte es Tote gegeben. Zwei gewaltbereite und streitsüchtige Bewohner, darunter einer der Soames-Brüder, hatten beschlossen, Hobbs Land den Rücken zu kehren, wobei diese Entscheidung in der Siedlung mit allergrößtem Wohlwollen aufgenommen worden war. Bevor es den beiden jedoch gelang, ihr Vorhaben in die Tat umzusetzen, provozierten sie noch eine Auseinandersetzung, die sie nicht überlebten. Die meisten Bewohner der Siedlung Drei begrüßten diesen Abgang.
Allerdings hatten sie nun zwei Leichen, die entsorgt werden mußten. Aus irgendeinem Grund hielt niemand es für zumutbar, die beiden Toten auf dem Friedhof der Siedlung zu bestatten.
»Wir sollten sie oben auf der Hochebene verscharren«, sagte Topman Harribon Kruss zu Dern Blass, wobei er sich nicht einmal die Mühe machte, ihm eine plausible Begründung zu liefern.
»Auf der Hochebene«, wiederholte Dern mit einem Seitenblick auf Spiggy und Jamice, die ihn begleitet hatten.
»Es ist sehr schön dort oben«, warf Spiggy unvermittelt ein. »Überhaupt schlage ich vor, dort oben einen Zentralfriedhof anzulegen. Die Begräbnisstätten am Rand der Siedlungen könnten nämlich besser genutzt werden.«
»Zentralfriedhof«, wiederholte Dern, ohne weiter auf diesen Vorschlag einzugehen.
»Für alle«, sagte Jamice und nickte. »Einen schönen Friedhof für alle Siedlungen. Mitten im Wald gelegen. Mit dem Gleiter ist es nur eine Tagschicht bis dorthin.«
»Richtig«, sagte Topman Kruss und wandte sich zum Gehen, um die entsprechenden Vorbereitungen zu treffen. »Ich wußte, daß der Vorschlag gut ist.«
Aus Neugier wohnte Dern Blass dem Begräbnis bei. Die beiden Leichen wurden in dem Sektor zwischen zweien der von Volsa entdeckten, seltsamen Wälle in flache Gräber gebettet. Etliche Katzen, die im Gleiter mitgeflogen waren, schwärmten aus und tauchten schließlich mit toten ferfs wieder auf, die sie in den Gräbern deponierten.
»Diese beiden Leute haben immer nur Schwierigkeiten gemacht, nicht wahr?« fragte Dern den Topman und deutete auf die beiden Gräber. »Mir wurden ständig Berichte über ihre Renitenz vorgelegt.«
»Sie haben sich immer gestritten. Entweder untereinander oder mit anderen«, erwiderte Harribon. »Seit einiger Zeit besteht der Trend, daß Leute, die sich nicht in die Gemeinschaft einfügen
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