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Monströse Welten 2: Hobbs Land

Monströse Welten 2: Hobbs Land

Titel: Monströse Welten 2: Hobbs Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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sechzehn Pfählen. Sie waren mit jeweils zwei in unterschiedlicher Höhe angebrachten Eisenbändern umwickelt, an denen wiederum Ketten befestigt waren. »Marterpfähle?« murmelte Sam ungläubig. Solche Vorrichtungen kannte er bislang nur aus den Archiven.
    Phaed riß ihn hoch. »Für Gharm und Abtrünnige, Junge. Gharm werden von ihren Herren oder den Pastoren ausgepeitscht, Abtrünnige von Gläubigen, die für diese Aufgabe abgestellt werden.«
    Hinter den Marterpfählen befand sich eine Schule. Sam stellte sich vor, wie der Unterricht vom rhythmischen Knallen der Peitschen untermalt wurde.
    »Ich vermute, ›Auspeitschen‹ zählt zu den Lieblingsspielen der Kinder«, sagte er, wobei sich vor seinem geistigen Auge eine schockierende Szenerie entfaltete. Der Name Fess schoß ihm durch den Kopf, und er fragte sich, woher er ihn hatte. Fess. Maire hatte ihn einmal erwähnt.
    Phaed gähnte ostentativ. »Mit Tieren oder Gharm-Rotznasen.«
    »Ich vermute auch, daß diese Spiele manchmal aus dem Ruder laufen und daß ein Tier oder ein Gharm-Kind dabei umkommt.« Erneut hatte er diese Vision. Ein Bett. Eine kleine Gestalt. Ein schwarzer Fleck.
    »Das kommt immer wieder vor«, erwiderte Phaed. »Genug davon. Unser Haus befindet sich in dieser Straße.«
    Er zog so heftig am Seil, daß Sam aufstöhnte, und zerrte ihn ein Stück die Straße hinunter, durch eine schwere Tür und eine schmale Treppe hinauf. Sam straffte sich und schaute seinem Vater ins Gesicht.
    »Ich habe dir schon einmal gesagt, daß dieses Seil unnötig ist. Ich bin freiwillig hergekommen, Dad. Laß uns wie Männer reden.«
    Plötzlich hörten sie Schritte auf der Treppe. »Sicher, Junge, sicher«, sagte Phaed mit leerem Blick. »Aber später. Vorher habe ich noch etwas zu erledigen.«
    Er öffnete eine Zimmertür und schubste Sam in den Raum. Dann holte Phaed einen Schlüssel aus der Tasche, nahm Sam die Halskrause ab und band ihm die Hände los.
    »Wir unterhalten uns später, Junge. Aber fürs erste bleibst du hier. An einen Ausbruch brauchst du erst gar nicht zu denken; die Tür ist aus massivem Holz, und die Fenster sind vergittert.« Dann ging er, und Sam hörte, wie der Schlüssel sich im Schloß drehte.
    Sam wußte nicht, wann er sich zuletzt derart hilflos gefühlt hatte. Als Phaed ihn zum erstenmal angesehen hatte, hatte er durch ihn hindurchgeblickt, als ob Sam eine virtuelle Schattengestalt gewesen wäre. Sam schlug die Arme um den Körper, um sich davon zu überzeugen, daß er wirklich noch ein Wesen aus Fleisch und Blut war und sich nicht vielleicht doch in einen Schemen verwandelt hatte. Außer seiner eigenen Stimme war es totenstill. Das ist dein Vater, sagte er sich immer wieder. Das ist der Vater, den zu sehen du zwischen den Welten gewandert bist. Das war der Vater, den er zur Sagengestalt stilisiert hatte. Nur daß er sich an keine Legende erinnerte, in der ein Vater seinen Sohn wie einen Verbrecher abgeführt und dann eingesperrt hätte.
    »Lüge«, sagte er sich. In den Legenden kam so etwas durchaus vor. Nur daß die Väter in den Legenden nicht wußten, daß es sich um ihren Sohn handelte! Vielleicht hatte der Vater ein Orakel mißverstanden, oder der Vater wußte einfach nicht, daß er einen Sohn hatte. In den Legenden verhielt es sich so, daß der Sohn zunächst als Fremder daherkam; sobald seine Identität jedoch bestätigt war, wurde er auch als Sohn akzeptiert.
    War es möglich, daß Phaed ihn nicht als Sohn akzeptierte?
    Sam ging zum Fenster. Phaed hatte die Wahrheit gesagt. Das Fenster war zu schmal, als daß er hätte hindurchschlüpfen können, und obendrein war es noch vergittert. Von ihm aus überblickte Sam die Straße und eine Ecke des Platzes, und er sah und hörte die Passanten: Er fragte sich, ob jemand auf seine Schreie reagieren würde und verwarf diesen Gedanken gleich wieder.
    Bei der Erkundung des Zimmers stellte er fest, daß die Wände aus Stein waren. Es gab nur eine Tür, und die bestand aus massivem Holz. Er legte das Ohr an die Tür und hörte Gläserklirren und Gemurmel. Phaed zechte mit jemandem – er heckte wohl wieder etwas aus, sagte Sam sich, nur um sich sofort zur Ordnung zu rufen.
    Er trat wieder ans Fenster und schaute auf die Straße, wo Männer in Dreier- und Viererreihen entlangmarschierten. Aus dem Augenwinkel erspähte er das Tor der Zitadelle. Er sah Männer hindurchgehen. Die Passanten waren im Mondlicht deutlich zu erkennen. Ninfadel stand direkt über Voorstod und leuchtete alles bis in

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