Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Monströse Welten 3: Toleranz

Monströse Welten 3: Toleranz

Titel: Monströse Welten 3: Toleranz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
Vom Netzwerk:
hatte, als sie ihnen den Weg beschrieben, ohne sie auf die Gefahren aufmerksam zu machen. Und sie hörte richtig, denn die geflügelten Götter begegnen denen, welche die Gabe des Fliegens begehren, mit göttlicher Gleichgültigkeit. Sie locken sie nicht, versprechen nichts und machen es ihnen auch nicht leicht, denn diejenigen, die sich in die Lüfte emporschwingen möchten, müssen dies mit dem Wunsch des Herzens und der Zustimmung des Verstands und aus keinem anderen Grund tun.
    Und die Schildkröte kämpfte mit sich; sie wollte Flügel und wollte wiederum keine, denn wenn sie Flügel hätte, so sagte man ihr, wäre sie nicht mehr daran interessiert, zum Teich zurückzukehren und den Tieren dort von der Reise zu erzählen – weil die Vorfreude ihr nämlich vielleicht noch wichtiger gewesen war als die Flügel selbst. Also haderte die Schildkröte mit sich…«
    Ihre Stimme erstarb.
    »Weiter«, rief Bertran. »Erzähl uns das Ende der Geschichte!«
    »Es gibt kein Ende«, sagte Jory. »Ich weiß nicht, wie die Schildkröte sich entschieden hat.«
    »Sie hätte zu ihren Freunden zurückgehen sollen«, rief Nela. »Dort gehörte sie hin. Sie hätte an den Abenden ihre Geschichte erzählt, und die Schildkrötenkinder hätten mit den Füßen Beifall geklatscht…«
    »Ja«, sagte Danivon. »Sie hätten getanzt und Bier getrunken, und sie hätte die Geschichte immer wieder erzählen müssen…«
    »Das hätte ihnen bestimmt gefallen«, sagte Jory.
    »Wenn die Schildkröte den Panzer aufgegeben hätte, wären ihr vielleicht gar keine Flügel gewachsen«, sagte Bertran. »Dann hätte sie gar nichts mehr gehabt, weder Panzer noch Flügel. Man ist zwar unzufrieden mit seinem Panzer, wenn man die Vögel am Himmel sieht, aber es ist auch schwer, sich für Flügel zu entscheiden, wenn man nicht weiß, ob sie einen überhaupt tragen.«
    »Das stimmt«, sagte Jory. »Und es ist ein beunruhigender Gedanke.«
    Fringe schaute nur auf ihre Füße und schwieg, obwohl sie Jorys Blicke auf sich spürte.
    Jory lehnte sich im Schaukelstuhl zurück und schloß die Augen, wobei sie der Katze den Rücken streichelte. Die Katze schnurrte und der Stuhl schaukelte.
    »Ich wußte gar nicht, daß sie die Geschichte kannte«, flüsterte Bertran.
    »Aber das Ende kennt sie nicht«, sagte Nela.
    »Niemand kennt das Ende«, sagte Fringe und starrte auf den staubigen Boden, wobei die Gedanken sich in ihrem Kopf jagten. »Jeder muß es für sich selbst entscheiden.«
     
    Im Haus lagen Cafferty und Latibor nebeneinander und unterhielten sich über alte Freunde.
    Haifazh, Alouez und die kleine Shira hatten einen Bach gefunden, in dem sie nun wateten. Haifazh hatte so etwas noch nie gemacht. Als sie an diesem Morgen aufgewacht war, hatte ihr Körper sich verändert. Die Beschneidung und die übrigen Verstümmelungen waren rückgängig gemacht worden. Zum erstenmal, seit sie ein Kind gewesen war, hatte sie ein schmerzfreies Körpergefühl. Nun stand sie im strömenden Wasser, ohne Schmerz und voller Empfindungen, die sie noch nie zuvor verspürt hatte. Sie war dankbar für diese Befindlichkeit, auch wenn sie nur für kurze Zeit anhalten würde.
    In dem Wäldchen am Fluß unterhielt Jacent sich mit einem Mädchen, der Tochter eines von Jory rekrutierten Paars. Sie hatte Ähnlichkeit mit Metty, obwohl sie sich als Lidasu vorstellte, und er erzählte ihr von Himmel, das er so sehr vermißte, daß ihm schier die Tränen kamen.
    »Hast du eine Mutter dort?« fragte sie ihn, klopfte ihm auf die Schulter und nahm ihn in den Arm. Er hatte nichts von einer Mutter gesagt.
    »Ja«, murmelte er. »Obwohl ich sie nicht sehr gut kenne. In Himmel wuchsen wir in Familiengruppen auf, wobei man es nicht für wichtig hielt, wer die leiblichen Eltern waren.«
    »Schon gut«, tröstete sie ihn. »Ich werde für eine Weile deine Mutter sein.«
     
    In der Akropolis stiefelte Curvis zornig umher und hielt Ausschau nach den verdammten Drachen, die, wie Jory bereits gesagt hatte, verschwunden waren.
    Asner folgte ihm und fragte: »Was ist los, Curvis?«
    »Mein ganzes Leben ist für die Katz!« schrie er. »Das ist los!«
    »Das Leben aller Menschen ist für die Katz, Curvis. Da bist du nicht der einzige. Wir alle sind davon betroffen.«
    »Die anderen interessieren mich nicht! Weder ihr alten Krücken noch sonst jemand. Danivon hat mir etwas bedeutet! Ich hielt ihn für etwas Besonderes, aber sieh ihn dir jetzt nur an! Es muß nur irgend jemand die Götter von Hobbs Land

Weitere Kostenlose Bücher