Monströse Welten 3: Toleranz
seiner verdammten Arroganz mehr aufgehalst hatte, als er bewältigen konnte. Und obwohl er genauso auf die Tromses herabblickte wie du, hat er mich von ihnen großziehen lassen! Und dann verachtete er mich, weil ich genauso geworden bin wie sie. Wem hätte ich denn sonst ähnlich sein sollen? Hör auf, über mich und meine Mama herzuziehen, Großmutter, denn wir beide sind nur das, was du und Paps aus uns gemacht habt!«
Georgia traten die Augen aus den Höhlen, und sie spie den Fisch aus. Sie sagte Fringe, sie solle verschwinden und ihr nie mehr unter die Augen kommen.
Fringe ging in einer Stimmung kalter Verzweiflung; sie spürte keine Wut, sondern befand sich in einem Schockzustand, als ob sie innere Blutungen hätte. Sie zitterte wie Espenlaub und fror erbärmlich. Der einzige warme Ort, der ihr einfiel, war Blooms Etablissement. Also machte sie sich auf den Weg. Aber sie schaffte es nicht ganz bis dorthin und blieb in einer Gasse stehen. Sie bekam Magenkrämpfe und konnte nicht mehr weitergehen.
»Bist du krank, Fringe?« sagte eine Stimme.
Für einen Moment glaubte sie, es sei Nada. Die Stimme klang so ähnlich, wenn auch der winselnde Unterton fehlte. Die Sprecherin hatte sich in einer Toreinfahrt verborgen und trug den Kapuzenmantel, in den Touristen sich im Swale manchmal hüllten, Touristen, die inkognito bleiben wollten.
»Es geht schon wieder«, sagte Fringe keuchend und bedeutete der neugierigen Fremden, daß sie verschwinden sollte.
»Etwas ist geschehen«, sagte die vermummte Frau. »Etwas Schlimmes.«
»Etwas«, sagte Fringe. Sie holte tief Luft, und plötzlich erinnerte sie sich wieder an die Stimme. Es war Jory – die alte Frau, die ihr immer gefolgt war, als sie noch ein Kind war. »Was tun Sie hier?«
Die alte Frau schob die Kapuze zurück und kam näher, ohne die Frage zu beantworten. »Du bist verletzt worden«, sagte sie. »Von jemandem, der dich nicht hätte verletzen dürfen und der es dennoch getan hat.«
Fringe klappte die Kinnlade herunter, und für einen Moment blieb ihr die Luft weg.
»Wie ist dein Nachname?« fragte die alte Frau. »Ich habe deinen Nachnamen vergessen.«
»Dorwalk. Fringe Dorwalk.«
Nachdem der Krampf vorbei war, drehte Fringe sich um und versuchte einen Blick auf das zu werfen, was sich hinter der Frau befand; etwas Großes und Schemenhaftes bewegte sich am Rand des Blickfelds. Ein Mysterium. Das hatte ihr gerade noch gefehlt, ein weiteres Rätsel, das ihr Leben komplizierte.
Die alte Frau streckte die Hand aus, klappte Fringes Kinn hoch und wischte ihr mit dem Handrücken die Tränen aus dem Gesicht. »Ich werde dir einen neuen Namen geben«, sagte sie. »Meiner Ansicht nach ist es das, was du brauchst. Neue Namen sind oft hilfreich. Mit einem neuen Namen wird man ein neuer Mensch; neue Menschen legen alte Gewohnheiten ab und kommen besser zurecht.«
Fringe schaute nur verständnislos drein. Was glaubte dieses… dieses Ding eigentlich, wer sie war?
»Owldark«, sagte Jory. »Dein neuer Name. Die Buchstaben deines alten Namens ergeben deinen neuen Namen: Fringe Owldark – eine ganz andere Person als Fringe Dorwalk, meinst du nicht auch? Sag es.«
Fringe, die vor lauter Überraschung nicht zum Widerspruch fähig war, gehorchte, wobei sie sah, daß das schemenhafte Etwas sich verschob und bewegte. »Fringe Owldark.«
Die alte Frau nickte. »Fringe Dorwalk hatte eine ungewisse Zukunft. Wege waren ihr versperrt. Sie hatte Angst. Sie kaute an den Nägeln und weinte sich in den Schlaf. Doch Fringe Owldark ist eine aus meinem Volk. Das habe ich dir schon vor langer Zeit gesagt, nicht wahr? Eine aus meinem Volk, die von mir auserwählt wurde, um… wundervolle Dinge zu vollbringen. Um etwas Besonderes zu werden. Ja, Owldark hat eine ganz andere Zukunft vor sich! Sie muß sie nur finden.« Die alte Frau tätschelte ihr die Wange, drehte sich um und löste sich im Schatten auf. Fringe ging einen Schritt vorwärts, doch die Toröffnung war leer.
Vielleicht hatte sie das nur geträumt. Wahrscheinlich hatte sie das nur geträumt. Vor Hunger halluziniert. Visionen. Die hatte sie manchmal.
»Fringe Owldark«, sagte sie laut. Plötzlich versiegten die Tränen, und sie wollte Zasper alles erzählen.
Doch sie hatte keine Gelegenheit, ihm die Geschichte zu erzählen, denn zur Begrüßung schob er ihr einen vollen Teller hin und zitierte die Bemerkung eines Freunds, der sich über Fringes Begabung für die Reparatur von Waffen geäußert hatte. Er betonte erneut,
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