Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Monströse Welten 3: Toleranz

Monströse Welten 3: Toleranz

Titel: Monströse Welten 3: Toleranz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
Vom Netzwerk:
spielen, auch wenn es noch so sinnlos war. Er war schon als kleiner Junge so gewesen und hatte es mit größeren Kindern aufgenommen; die Devise lautete ›Sieg oder Untergang‹. Wahrscheinlich war er zurückgegangen, um sich etwas zu beweisen! Armer, kleiner Dummkopf. So hatte ihre Mutter ihn immer genannt. Ihr kleiner Dummkopf. »Paß auf ihn auf, Metty«, hatte sie gesagt, als Jum nach Toleranz kam. »Paß auf ihn auf.«
    Statt dessen hatte sie ihn nun verloren! Vor ihr befanden sich die roten Flügeltüren, die zu einer der Archiv-Ebenen führten. Dahinter waren die Aufzüge, Leute, Hilfe.
    Die Luft um sie herum flirrte wie in der alten Kaserne. Sie taumelte und spürte einen stechenden Schmerz in der Hüfte. Sie legte die Hand darauf und nahm sie wieder weg. Blutig.
    Verdammt, sie war mit etwas zusammengestoßen.
    Der Schmerz kehrte zurück. Noch schlimmer.
    Sie schaute nach unten. Das Blut floß in Strömen aus ihr und durchtränkte die Kleidung.
    Sie öffnete den Mund zu einem Schrei. Heraus kam nichts außer Schaum, blutigem Schaum.
    Sie schnappte nach Luft. Keine Luft. Die Schmerzen waren überall, in der Hüfte, in den Schultern. Ihr wurde schwarz vor Augen.
    Zuckend und gurgelnd fiel sie zu Boden und kam nicht wieder hoch. Das rechte Bein zuckte, riß sich von der Hüfte los und kroch davon. Sie sah, wie es sich fortbewegte, als ob jemand an einer unsichtbaren Schnur zöge. Sie wollte schreien und brachte keinen Ton heraus. Dann das linke Bein. Sie sah, wie es abgerissen wurde. Dann die Arme, einer nach dem andern. Blut strömte aus den Wunden. Sie atmete noch. Der Mund bewegte sich noch. Sie versuchte, um Hilfe zu rufen…
    Dann wurde es dunkel.
    Ihre Körperteile lagen auf dem staubigen Boden, wie die Teile einer zerstörten Marionette. Ein Bein strebte vom Torso weg. Ein Arm zuckte. Von gelegentlichen frick’schen Streifen abgesehen kam niemand hier entlang. An den Rändern der roten Pfütze gerann das Blut. Die Körperteile bewegten sich weiter in alle Richtungen davon und hinterließen eine blutige Spur, die sich zu Buchstaben und Worten formte.
    Narr. Das war ein Wort. Mit dem Blut, das noch immer aus der linken Schulter tropfte, schrieb jemand dieses Wort ein paarmal auf den Boden und dann ein anderes Wort, immer wieder.
    Schatten bewegten sich an den Wänden entlang, glitten um die Ecken, begleitet von einem interessierten Laut, einem zufriedenen Schlucken. Und fast, aber nicht ganz, von einem glucksenden Lachen.

 
5
    •••••••••••••••••••••••••••••••••••••••
     
     
    Fringe Owldarks Wohnung befand sich im Dachgeschoß eines am Fluß gelegenen Lagerhauses, vier kleine Zimmer und zwei große, durch deren Panoramafenster sie eine Aussicht auf die vorüberziehenden Schiffe hatte. Das Inventar des Schlafzimmers bestand aus einem schlichten Schwebebett und dem hochwertigsten Multimedia-Computer, der in Enarae erhältlich war. Durch die schmalen Fenster sah Fringe Tag und Nacht die Schiffe vorüberziehen. Hinter den drei Türen in der Innenwand verbargen sich das Saniton, der Wandschrank und das Arbeitszimmer.
    Den anderen großen Raum nutzte sie fast nie, ebensowenig wie die Spender für synthetische Nahrung in der winzigen Küche. Es war ein Gästezimmer, und sie hatte nie Gäste. Die Einrichtung bestand aus vier aus Stahlrohren bestehende Stühlen, die an Fischgräten erinnerten, zusammen mit einem avantgardistischen Tisch und ein paar Blöcken aus polierten Edelsteinen mit Dingen darauf, Dingen, die zu Fringe sprachen und deren Bedeutung andere vielleicht gar nicht erkannt hätten.
    Es hatte Jahre gedauert, bis sie diese Wohnung gefunden hatte. Und es hatte lange gedauert, bis sie sich eingelebt hatte. Sie konnte an den Fingern abzählen, wie oft sie jemanden in dieses Zimmer geführt hatte. Sie wollte es für sich allein haben. Sie wollte, daß es leerstand, unberührt blieb und daß niemand seine Luft atmete.
    Wenn sie abends keinen Dienst hatte, blieb sie oft zu Hause, legte sich aufs Bett, ließ die Seele baumeln und betrachtete den träge dahinfließenden Fluß. In diesem Zustand befand sie sich auch ein paar Tage nach dem Gespräch mit dem Manager der Schlußrechnung, als die abendliche Beschaulichkeit plötzlich von Yilland alias Dorwalk gestört wurde. Wenn Fringe nichts dagegen hätte, sagte Yilland, nachdem sie mit übertriebener Freundlichkeit ihren Namen genannt hatte, würde sie gern auf einen Sprung bei ihr

Weitere Kostenlose Bücher