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Montagsmenschen - Moser, M: Montagsmenschen

Montagsmenschen - Moser, M: Montagsmenschen

Titel: Montagsmenschen - Moser, M: Montagsmenschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Milena Moser
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Engagement in der Jugendtheatergruppe. Sie fühlte sich unwohl in ihren aufgeräumten Wohnungen. Sie fürchtete, durch ihre bloße Gegenwart das aufgeräumte Bild zu verschandeln, das Gespräch in gefährliche Bahnen zu lenken, sie konnte sehen, wie sich die glatten Haare ihrer Mitschülerinnen in ihrer Gegenwart unweigerlich zu kräuseln begannen. Poppy brachte die Tablettenflasche ihrer Mutter in die Schule mit und hatte bald eine rege Abnehmer- und Anhängerschaft. Sie setzte sich in der Pause zu denen, die Joints rauchten und Wein aus dem Keller ihrer Eltern tranken. Wenn Poppy benebelt genug war, vergaß sie, dass sie eine gute Schülerin sein wollte. Wenigstens wusste sie dann, warum sie die Aufgaben vergessen hatte. Warum sie die Frage nicht verstanden hatte. Es gab einen Grund für ihr Versagen.
    Als klar war, dass sie die Versetzung auch im zweiten Anlauf nicht schaffen würde, verließ sie die Schule mitten im Quartal, bevor man sie hinauswerfen konnte. Ihre Mutter bat ihre Selbsterfahrungsgruppe um Hilfe und fand eine Au-pair-Stelle für Poppy in Paris. Ihr Vater brachte sie zum Zug. Vom Bahnhof fuhr er direkt zur Arbeit. Als er abends nach Hause kam, lag Poppys Mutter schon im Bett. Sie hatte die restlichen Pillen, die Poppy ihr gelassen hatte, auf einmal geschluckt.
    Ein Techniker kam vorbei, um Audrey ein E-Mail-Konto einzurichten. Eine Woche lang würde sie das Leserforum der Zeitung mitbetreuen helfen. Um das Passwort zu ändern, musste der Techniker nicht extra herunterkommen, aber es hatte sich wohl herumgesprochen, dass die neue Praktikantin ausnehmend gut aussah. Er verbrachte viel Zeit unter ihrem Schreibtisch, wo er, wie Poppy vermutete, dieselben Kabel ein- und wieder ausstöpselte und dabei Audreys Beine anstarrte. Audrey verdrehte die Augen und warf Poppy einen verschwörerischen Blick zu. Machte aber keine Anstalten, ihre Beine aus dem Blickfeld des Technikers zu ziehen.
    «Dass dir diese Gören nicht auf die Nerven gehen», sagte Karin später in der Cafeteria. «Wie die schon rumläuft! Straßenstrich, sag ich da nur!»
    «Ach, sei nicht so! Das trägt man heute eben», erwiderte Poppy, als verstünde sie etwas davon. Karin, die Sekretärin, die man seit einiger Zeit als Redaktionsassistentin bezeichnete, war die Einzige, die Poppy noch gekannt hatte, als sie nach ihrer Scheidung an ihren früheren Arbeitsplatz zurückgekehrt war. Die Einzige, die sich an sie erinnerte. An ihre Träume. Aber sie erwähnte sie nie. Karin war wie Poppy hängengeblieben. Anders als Poppy missgönnte sie den jungen Frauen ihre Pläne, ihre Strategien, ihre Möglichkeiten. Poppy hingegen glaubte immer noch, auch sie könne jeden Tag von vorn beginnen. Das Abenteuer wartete auf Poppy immer noch am Ende der Straße.
     
Nevada
     
    Sie saß mit gekreuzten Beinen unter ihrem Yoga-Altar. Ihre Hände lagen auf den Oberschenkeln, mit rosa Bandagen umwickelt wie die eines Boxers. Darunter pulsierte dumpf der Schmerz. Er wartete. Nevada wartete. Sie hatte die Augen geschlossen. Sie hörte das Schleifen der Matten, das Tappen der nackten Füße, die geflüsterten Bemerkungen. Nach verschiedenen gescheiterten Versuchen, vor Beginn der Stunde Schweigen durchzusetzen, hatte sie aufgegeben. Seither saß sie nun einfach da und wartete. Mit der Zeit hatte sie gelernt, die Stimmung im Raum zu erkennen und aufzunehmen. Heute hing eine außergewöhnliche Unruhe in der Luft, es wurde mehr als sonst getuschelt, gekichert, die Matten wurden mit einem entschiedenen Knall ausgerollt. Nevada öffnete die Augen. Vorne bei der Tür, natürlich, Poppy. Nevada schämte sich für den Widerwillen, den sie bei ihrem Anblick empfand. Woche für Woche hoffte sie, Poppy würde nicht wiederkommen. Dabei war sie ihre tapferste Schülerin, ihre treueste. Trotzdem konnte sie ihre Anwesenheit manchmal kaum ertragen, die grellen Ströme, die von ihr ausgingen, zuckende Neonfarben, Blau, Grün, Violett. Sie konnte die Matte zittern spüren wie unter einem Erdbeben, wenn Poppy ihre Füße schwer auf den Boden stellte. Und doch schwankte sie hin und her wie ein Ballon, der sich jeden Augenblick von seiner Schnur lösen konnte. Ihr Blick bohrte sich in Nevadas Rücken, wenn sie durch den Raum ging.
    «Drishti!» , rief Nevada dann. «Richtet euren Blick nach innen.» Sie sagte es zu der ganzen Klasse, aber sie meinte damit nur Poppy. Poppy war immer in ihrem Blickfeld. Wenn sie nicht aufpasste, richtete sie die ganze Stunde nach ihr aus. Es waren immer

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