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Montagsmenschen - Moser, M: Montagsmenschen

Montagsmenschen - Moser, M: Montagsmenschen

Titel: Montagsmenschen - Moser, M: Montagsmenschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Milena Moser
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    «Go with the flow.» Fiona blickte auf die Moderationskarten in ihrer Hand. «Ich habe gehört, dass du ein Buch mit diesem Titel schreibst, ist das so?»
    Gion lächelte geheimnisvoll. Gion im Fernsehen. Gion auf der Couch wandte den Blick von sich selber ab und grinste Marie triumphierend zu. «Na, Baby? Was sagst du dazu?»
    «Wozu?», fragte Marie gedankenlos.
    «Nun, Promis, die Yogabücher schreiben, gibt es schon genug – wie gehst du mit diesem Einwand um?», zwitscherte Fiona fröhlich falsch in die eisige Stille des Wohnzimmers.
    «Zu deinem Buch?», versuchte sich Marie zu retten. «Davon hast du mir gar nichts gesagt. Du schreibst ein Yogabuch – seit wann?»
    «Natürlich, diese Frage habe ich mir selber auch gestellt», sagte Bildschirmgion ernst. «Aber sowohl meine Yogalehrerin wie auch meine Verlegerin haben mich davon überzeugen können, wie wichtig es ist, dass ich nicht auf meinen Erkenntnissen sitzenbleibe, sondern sie mit anderen Menschen teile. Ich bin ja nicht der Einzige, der seinen Job verliert, der sein Leben neu überdenken muss. Ich nehme das Ende der Serie zum Anlass, mich mit meinem Leben auseinanderzusetzen. Das ist eine sehr persönliche Geschichte. Es geht um mich. Yoga ist genau im richtigen Moment in mein Leben getreten …»
    «Und wie bist du denn überhaupt zum Yoga gekommen?»
    «Kannst du das denn? Schreiben?», fragte Marie.
    «Ich muss mich bei meiner Frau Marie bedanken. Sie macht schon länger Yoga, und eines Tages habe ich mich einfach gefragt, was ist das, was sie jeden Montag nach ihrem harten Alltag als Spitalärztin – und glaub mir, Fiona, da geht es noch mal ganz anders zu als auf dem Set der Vorstadtklinik ! – was bringt sie also dazu, nach der Arbeit noch ins Yogastudio zu fahren? Und warum leuchtet ihr Gesicht immer so von innen heraus, wenn sie nach Hause kommt? Eines schönen Montagabends bin ich einfach mit ihr mitgegangen. Und der Rest ist Geschichte, wie man so schön sagt. Dieser Montagabend hat mein Leben total verändert, von Grund auf!»
    «Kannst du ein konkretes Beispiel nennen?»
    «Nun, zum Beispiel stehe ich jeden Tag um fünf Uhr auf und übe zwei Stunden – zusätzlich zu den Yogastunden, die ich im Studio besuche.»
    Raunen im Publikum.
    «Kannst du uns etwas vormachen?»
    Gion grinste verwegen, die Frauen im Publikum seufzten. Er zog seine Jacke aus, das Seufzen wurde zum Stöhnen. Dann warf er sich aus dem Sofa auf den Boden wie ein jugendlicher Breakdancer und stemmte sich dann, die Schwerkraft verspottend, in den Handstand, unterwegs langsam seine Beine entbrezelnd. Dann ließ er sich, ohne die Beine zu senken, wie eine Sphinx auf die Unterarme sinken. Sein Körper bildete vom Kopf bis zu den Füßen einen perfekten Bogen.
    «Wow, das sieht ja gefährlich aus!» Fiona war aufgestanden, um besser sehen zu können. «Und wie nennt man das nun?»
    «Pincha Mayurasana.» Gions Stimme klang etwas gequetscht. «Die Feder des Pfaus.» Dann streckte er seine Arme durch und ließ sich wie ein Kunstturner nach hinten fallen, landete wieder auf seinen Füßen, verbeugte sich, das Publikum sprang auf die Füße und applaudierte.
    Er setzte sich wieder auf die Couch und nahm Fionas beide Hände. «Aber das ist noch gar nichts», sagte er. «Das ist gar nichts gegen die innere Ruhe und Gelassenheit, mit der ich hinnehmen kann, dass mir von einem Tag auf den anderen der Boden unter den Füßen weggezogen wird, dass mir meine Lebensgrundlage genommen wird. Wo andere einen Schicksalsschlag sehen, sehe ich eine neue Chance.»
    «Faszinierend», hauchte Fiona. «Leider ist uns die Zeit davongelaufen. Gion, wir können es kaum erwarten, dein Buch zu lesen. Eine letzte Frage, die unsere Zuschauer brennend interessiert: Wo kann man mit Gion Camenisch Yoga machen?»
    «Ich danke meiner Frau», wiederholte Gion und stellte den Fernseher aus. «Ich danke meiner Frau. Unglaublich! Alle haben es gesagt, von Anfang an, pass auf, die versteht dich nicht, die hat keine Ahnung vom Künstlerleben, die lässt sich von deinem Ruhm blenden, die nutzt dich aus. Das ist keine Frau für dich, die kann dir nicht geben, was du brauchst. Und ich hab dich verteidigt, gegen alle Angriffe, sogar vor meiner Tochter hab ich dich in Schutz genommen. Und nun das.»
    «Was?» Marie war verzweifelt. «Was hab ich denn gesagt?»
    «Das fragst du noch?»
    Ausgenutzt, dachte Marie. Wie hab ich dich ausgenutzt? Was zum Teufel habe ich denn davon, mit dir verheiratet zu sein? Sie

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