Montana Creeds - Soweit die Sehnsucht trägt (German Edition)
je ein Kind auf dieser oder irgendeiner anderen Welt geliebt worden ist. Und du, Dylan Creed, kannst dich dann endgültig zum Teufel scheren.”
Er rührte sich nicht von der Stelle, stand stocksteif mit dem Rücken zu ihr da. Dabei hielt er sich mit beiden Händen am Türrahmen fest, als fürchte er, von einem heftigen Sturm weggerissen zu werden. Dann lachte er schroff. “Das wird mir nicht besonders schwerfallen”, gab er verbittert zurück. Und fragte nach einem Moment des Schweigens: “Willst du mich wirklich so gehen lassen? Soll ich nicht noch nachsehen, ob sich ein Monster unter deinem Bett oder in deinem Schrank versteckt?”
Verwundert zog sie eine Augenbraue hoch und schürzte nachdenklich die Lippen. Dylan
wollte
gar nicht gehen? Das passte so gar nicht zu ihm. Er war doch der König des lässigen Abschieds, der Großmeister im Adieu-Sagen.
Ohne etwas zu erwidern – was hätte sie denn auch schon erwidern können? – stand sie seufzend auf, zog ihren Morgenmantel an und ging an Dylan vorbei in den Flur. Als sie das Licht einschaltete, musste sie wegen der Helligkeit einen Moment lang blinzeln.
Sie ging in Freidas früheres Zimmer und zeigte ihm, welche Zerstörungen diese im Wandschrank angerichtet hatte.
Dylan stieß einen leisen Pfiff aus. “Erinnere mich daran, dass ich mich nie mit dieser Frau anlege”, sagte er in einem Tonfall, als hätten sie beide sich nicht eben erst geliebt. Als hätten sie nicht über die düsteren Gefühle gesprochen, die danach zutage gekommen waren.
Nur das wohlige Vibrieren ihres eigenen Körpers war ein Beleg dafür, dass es geschehen war.
“Das Stemmeisen”, erklärte sie unnötigerweise und strich ihre Haare aus dem Gesicht.
“Mein Gott, Kristy, hat sie dich bedroht?”
“Nein”, antwortete sie nach einem minimalen Zögern, das Dylan nicht entging. Er drehte sich zu ihr um und sah ihr in die Augen.
“Aber?”, hakte er nach.
Sie zuckte mit den Schultern und schob die geballten Fäuste in die Taschen ihres Morgenmantels. Sie besaß diesen gelben Morgenmantel mit der aufgestickten Ente auf dem Rücken schon seit der Highschool; sie hatte nichts Tiefausgeschnittenes aus schwarzer Seide im Schrank.
“Ich hatte ein wenig Angst”, gestand sie ihm.
“Und deshalb hast du mich angerufen und dann so getan, als hättest du dich verwählt?”
Sie wollte protestieren, doch sie sah ihm an, dass er ihr eine Lüge nicht abnehmen würde. “Ich kam mir lächerlich vor, Dylan. Ich habe dich in Panik angerufen, und dann …”
Er legte einen Finger unter ihr Kinn. “Und dann hast du versucht, einen Rückzieher zu machen. Warum, Kristy?”
Weil ich dich liebe.
Das konnte sie ihm nicht sagen. Sie wäre dann nur in Tränen ausgebrochen.
“Ich bin erwachsen”, erklärte sie. “Ich kann auf mich selbst aufpassen, und genau das tue ich auch schon seit Jahren. Es gibt keinen Grund, warum ich die Kontrolle über mein Leben aus der Hand geben sollte, nur weil du wieder in der Stadt bist.”
Für den Augenblick, zumindest.
Den Zusatz fügte sie nur in Gedanken an, doch das war bedeutungslos. Dylan wusste ganz genau, was sie gedacht hatte.
“Überhaupt keinen Grund”, sagte er langsam.
Kristy ging einen Schritt nach hinten und schluckte, während sie den Blick abwandte. Sie wollte ihm nicht nachsehen, wenn er fortging.
Würde er zurückkehren? Vermutlich. Und gerade das würde alles noch viel schlimmer machen, weil es bei Dylan ein endloser Kreislauf war. Sie kamen sich näher, er verschwand. Er kam nach Hause, und dann war er auch schon auf dem Weg zum nächsten Rodeo.
Die arme Bonnie.
Kristy war wenigstens erwachsen. Sie konnte damit zurechtkommen.
Aber Bonnie konnte sich nicht dagegen wehren, und diese Vorstellung machte ihr so sehr zu schaffen, dass sie sich mit einer Hand am Türrahmen festhielt, als sie Dylan aus dem Gästezimmer folgte.
Er blieb stehen und sah sie an. “Geht es dir gut?”
Oh, einfach prächtig, dachte Kristy wutentbrannt. Du bist hergekommen und hast mit mir geschlafen. Und jetzt ist der Schutzschild wieder eingeschaltet. Und – was für eine Überraschung! – du musst los.
Um Dinge zu tun.
Um Herzen zu brechen.
“Bis dann”, sagte er.
Kristy wollte ihren Ohren nicht trauen.
Bis dann?
Das passte zu Dylan. Kurz und knapp und auf den Punkt gebracht.
Was hätte sie auch anderes von ihm erwarten können?
Sie folgte ihm durch den Flur und die Treppe hinunter, brachte ihn zur Tür und warf sie hinter ihm mit Schwung ins
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