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Montauk: Eine Erzählung (German Edition)

Montauk: Eine Erzählung (German Edition)

Titel: Montauk: Eine Erzählung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Frisch
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man verliert nicht bloß die Bambus-Schoten, sondern auch das Thema des Gesprächs ...
     
    DER GUTE GOTT VON MANHATTAN
     
    Ich hatte zu tun beim Sender in Hamburg und ließ mir das Hörspiel vorführen, dann schrieb ich einen Brief an die junge Dichterin, die ich persönlich nicht kannte: wie gut es sei, wie wichtig, daß die andere Seite, die Frau, sich ausdrückt. Sie hörte Lob genug und großes Lob, das wußte ich, trotzdem drängte es mich zu dem Brief. Ich wollte sagen: Wir brauchen die Darstellung des Mannes durch die Frau, die Selbstdarstellung der Frau. Ihre briefliche Antwort verblüffte mich: sie fahre nach Paris und komme über Zürich, doch habe sie nur vier oder fünf Tage Zeit. Was war damit gemeint? Sie kam dann nicht. Ich hatte weder ihre Adresse in München noch in Paris; ich hatte über den Verlag geschrieben. Als ich später in Paris war, erfuhr sie es durch die Zeitung und fand heraus, wo ich wohnte, HOTEL DU LOUVRE . Sie kam, um sich die Aufführung meinesStückes anzuschauen, THEATRE DES NATIONS , gekleidet für eine Loge. Ich war beglückt, als wir im Café vor dem Theater einen Pernod tranken, und sagte: DAS BRAUCHEN SIE SICH NICHT ANZUSCHAUEN . Sie überhörte es, beschäftigt mit ihrer Tasche und verwirrt, weil sie irgend etwas nicht finden konnte. Ich hatte keine Loge, aber zwei Karten auf dem Balkon. Warum sagte ich das? Ich wurde von den Schauspielern erwartet, eine Premiere in Paris, meine erste, ich fand die Aufführung sehr gut, mein Stück nicht schlecht, aber als es Zeit wurde, sagte ich ein zweites Mal: INGEBORG BACHMANN, DAS BRAUCHEN SIE SICH WIRKLICH NICHT ANZUSCHAUEN . Statt ins Theater gingen wir zu unserem ersten Abendessen. Ich wußte nichts von ihrem Leben, nicht einmal Gerüchte um sie. LEBEN SIE MIT EINEM KIND ? fragte ich als erstes, und sie war erfreut, verwundert, selig, daß jemand so gar nichts von ihr wußte.
     
    MONTAUK
     
    Gestern auf der Fahrt hierher haben sie wenig geredet, Lynn am Steuer, während er sich mit der Landkarte beschäftigt: YOU HAVE TO NAVIGATE , ihr Ausdruck belustigt ihn. Das Wochenende davor wäre sonnig gewesen. Jetzt beginnt es zu regnen. Lynn ist es gelungen, das Office schon um drei Uhr zu verlassen. Draußen am Atlantik, so sagen sie sich gegenseitig, kann das Wetter ganz anders sein. Das Wetter ist wichtig. Wenn es nicht regnet, so könnte man spazieren, und die Übernachtung erscheint nicht als Ziel. SUNRISE HIGHWAY , fortan ist keine Verirrung mehr möglich; also könnte man jetzt reden, etwas erzählen. Oft kommt er zu spät; Lynn hat ihr Feuerzeug schon in der Hand. Einmal ihre Frage: DO YOU SNORE ? Die Fahrbahn jetzt trocken; hier hat es gar nicht geregnet. Das erleichtert beide, aber es bringt sie nicht zum Reden. Rücktritt von Bundeskanzler Brandt: hier kein Thema, das über mehrere Meilen reicht ... Vor einigen Tagen konnte ich es nach Mitternacht nicht lassen, Christa Wolf anzurufen in Oberlin, Ohio: Was denkt sich eure Regierung, nein, ich weiß, Christa, Sie können nichts dafür, Christa, ich weiß, Christa, entschuldigen Sie ... Links und rechts ist Heide, öde, da und dort Gebäude, eine Anthologie scheußlicher Nicht-Architektur. Er ist froh, daß noch etliche Meilen zu fahren sind. Was täte man hier. Er finde Lynn eine gute Fahrerin. Ob er immer als Beifahrer so artig sei? Einmal dreht sie den Kopf (die leere gerade Straße erlaubt es) und schaut ihn an: I DO NOT KNOW YOU AT ALL ,sagt sie und fragt, welche Art von Lastern er habe, der Fremde neben ihr. ARE YOU A SADIST ? Kurz darauf zum ersten Mal ein Schild: MONTAUK . Im Augenblick ist er ziemlich sicher, daß dieser Ausflug nur mißlingen kann, und er wäre lieber in New York. Er hat die Landkarte besorgt, Lynn alles andere: NATIONAL CAR RENTAL, GURNEY’S INN , Reservation mit telegrafischer Anzahlung. Ihre Bitte, nicht daneben stehen zu müssen, während er sie im Hotel einschreibt unter seinem Namen, läßt sich erfüllen. Es erinnert ihn an frühere Zeiten. Lynn kämmt sich unterdessen im Wagen. Sie kennt das offenbar und mag es auch nicht. Als ein Bursche die beiden kleinen Koffer aus dem Wagen nimmt, bleibt sie stumm. Sein Englisch, ihr Englisch, das geht nicht auf denselben Namen. OKAY , sagt er im Zimmer, ohne sich umzusehen, und gibt dem Burschen, der noch das Badezimmer zeigen will, sogleich das Trinkgeld. Lynn bleibt stumm, bis der Bursche weg ist. WELL , sagt sie und legt ihre Zotteljacke nicht ab. Beide sind befangener als in ihrer Wohnung. Er hantiert

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