Montgomery & Stapleton 07 - Die Seuche Gottes
das getan hatte. Doch dann, angeregt durch die nachdenklichen Erinnerungen an ihre medizinische Ausbildung, betrachtete sie das Problem einmal vom ärztlichen Standpunkt aus und erinnerte sich, wie schwierig Suchterkrankungen sein konnten. Dann überlegte sie, ob Angels Healthcare vielleicht die Kosten für einen Aufenthalt in einer Suchtklinik übernehmen sollte, falls er tatsächlich einen ernsthaften Rückfall gehabt haben sollte. Sie machte sich eine entsprechende Notiz. Das war ein Punkt, der nach dem Börsengang diskutiert werden musste.
Als Nächstes notierte Angela Dr. Laurie Montgomerys Namen und hielt kurz inne. Was sie anging, konnte sie eigentlich gar nichts machen. Das lag in Michaels Hand, was immer das bringen konnte. Als sie ihm gestern Abend am Telefon die niederschmetternden Erkenntnisse in Bezug auf Laurie Montgomerys Persönlichkeitsstruktur und die Tatsache, dass die Gerichtsmedizinerin das MRSA-Rätsel um Angels Healthcare um jeden Preis lösen wollte, berichtet hatte, da hatte er gesagt, dass er unverzüglich etwas dagegen unternehmen wolle. Allerdings hatte sie keine Ahnung, ob er ihr die Wahrheit gesagt hatte oder sie einfach nur für den Augenblick beschwichtigen wollte. Intuitiv war sie sich absolut sicher, dass Laurie Montgomery für ihr Vorhaben, die Infektionsserie nicht in den Blickpunkt der Öffentlichkeit dringen zu lassen, die größte Bedrohung darstellte, und daher gab es keine Zeit zu verlieren. Angesichts all der Schwierigkeiten und der Anstrengungen, die im Zusammenhang mit ihren Zahlungsschwierigkeiten noch unternommen werden mussten, wäre es tragisch, wenn der Börsengang an einer übermotivierten Gerichtsmedizinerin scheitern müsste.
Angelas Blick wanderte hinüber zum Telefon und dann zu der Tiffany-Uhr auf ihrem Schreibtisch. Es war 4.35 Uhr morgens, also kaum der richtige Zeitpunkt für einen Anruf. Doch die Angst vor der potenziellen Bedrohung durch Laurie war so greifbar, dass sie ernsthaft erwog, es trotzdem zu tun. Aus bitterer Erfahrung wusste sie, dass Michael damals, als sie noch verheiratet waren, sich oft genug auch noch um fünf Uhr auf irgendwelchen Partys herumgetrieben hatte.
Scheibchenweise näherte Angela sich dem Entschluss, seine Nummer zu wählen, und rechtfertigte diese Überlegungen damit, dass die Einleitung sofortiger Gegenmaßnahmen gegen Laurie von überragender Bedeutung war, außerdem hatte Michael es nicht anders verdient. Jedes Mal, wenn er so spät nach Hause gekommen war, hatte er, betrunken wie er war, sie und manchmal sogar Michelle aufgeweckt.
Mit einer gewissen gehässigen Vorfreude wählte Angela seine Nummer. Als das Klingeln einsetzte, rechnete sie eigentlich mit der Mailbox, zumal er die Anruferkennung eingeschaltet hatte und sie von ihrem Privatanschluss aus telefonierte.
Doch zu ihrer Überraschung meldete er sich persönlich. Er hörte sich angetrunken an.
»Ich hoffe bloß, es ist was Wichtiges«, sagte er undeutlich.
»Michael, hier ist Angela.«
Es entstand eine Pause. Im Hintergrund hörte Angela eine maulige Frauenstimme mit einem starken New-Jersey-Akzent fragen, wer da mitten in der Nacht anrief.
»Hallo, hörst du mich?«, wollte Angela wissen. Jetzt, wo sie ihn aufgeweckt hatte, hatte sie ein winziges schlechtes Gewissen, war aber wild entschlossen, es nicht zu zeigen.
»Verdammt noch mal. Es ist halb fünf Uhr morgens, verfluchte Scheiße.«
»Vier Uhr fünfunddreißig, um genau zu sein. Ich mache mir Sorgen wegen dieser Sache mit dieser Laurie Montgomery, wegen der ich dich gestern Abend angerufen habe.«
»Ich habe doch gesagt, ich kümmere mich darum.«
»Und, hast du?«
»Ich habe dir gesagt, ich kümmere mich darum, und genau das habe ich gemacht. Die Sache ist vorbei, erledigt, und jetzt geh wieder ins Bett!«
»Wie kannst du dir da so sicher sein? Man hat mir gesagt, dass sie als äußerst hartnäckig gilt.«
»Es spielt keine Rolle, wie hartnäckig sie ist. Mein Klient ist persönlich mit ihr bekannt. Er hat gesagt, dass er sich mit dem größten Vergnügen mit ihr unterhalten will und dass er sehr zuversichtlich ist, dass sie sich seiner Meinung anschließen wird. Ich habe den Eindruck, als ob die gute Frau Doktor meinem Klienten noch einen großen Gefallen schuldig ist.«
Michaels Erklärung ergab nicht allzu viel Sinn, ganz im Gegensatz zu seiner Zuversicht. Angela bedankte sich bei ihm und sagte, er solle weiterschlafen.
Kapitel 18
4. April 2007, 4.45 Uhr
Laurie hatte schon eine
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