Montgomery & Stapleton 07 - Die Seuche Gottes
freudigen Bereitschaft. Laurie gab ihm Ramona Torres’ Aktenzeichen durch und sagte, dass sie sie als Erste obduzieren wollte. Dann legte sie auf.
Sie warf einen Blick auf die Uhr. Eines der ersten Dinge, die sie sich für den heutigen Tag vorgenommen hatte, war der Anruf beim Institut für Infektionskrankheiten, aber sie befürchtete, dass dort um diese Zeit noch gar niemand anzutreffen war, und widmete sich stattdessen den Toten, die sie heute zu obduzieren hatte. Dazu musste sie die Fallakte von Ramona Torres lesen. Als sie damit fertig war, war sie sich ziemlich sicher, dass das Obduktionsergebnis sehr ähnlich wie bei David Jeffries ausfallen würde. Dann legte sie die Torres-Akte beiseite, nahm sich eine der beiden Fallakten mit den unvorhergesehenen Todesfällen und zog den Bericht der kriminaltechnischen Assistentin hervor.
Die Tote hieß Alexandra Zuben und war 29 Jahre alt geworden. Sie war wegen einer Wurzelbehandlung beim Zahnarzt gewesen und hatte eine örtliche Betäubung bekommen, ganz, wie Riva gesagt hatte. Zu Beginn des Eingriffs war die Patientin dann plötzlich ohnmächtig geworden. Daraufhin hatte man sie mit dem Kopf nach unten hingelegt, und sie war wieder aufgewacht und hatte auf einer Fortsetzung der Behandlung bestanden. Wenige Minuten später war sie erneut bewusstlos geworden, konnte aber nicht mehr wiederbelebt werden. Man hatte die 911 angerufen, die Patientin war mit dem Notarztwagen ins Krankenhaus gebracht worden, wo man Herzrhythmusstörungen, einen deutlich erhöhten Blutdruck sowie wenig bis gar keine Lungenaktivität mehr festgestellt hatte. Sie war künstlich beatmet worden, doch trotz größter Bemühungen hatte sie einen irreversiblen Herzstillstand erlitten. Die Diagnose der Notaufnahme lautete auf Lungenversagen im Verbund mit Herzversagen infolge einer heftigen allergischen Reaktion und eines anaphylaktischen Schocks als Reaktion auf das vom Zahnarzt verabreichte Novokain. Der Bericht der kriminaltechnischen Assistentin schloss mit der Bemerkung, dass ein Familienangehöriger geäußert habe, dass die Patientin bemerkenswert gesund gewesen sei, dass sie jedoch gelegentlich unter Ohnmachtsanfällen, begleitet von Herzrasen, Hitzewallungen und Atemnot, gelitten habe.
Laurie schob den Bericht der kriminaltechnischen Assistentin in den Umschlag zurück. Ihrem ersten Eindruck nach war die Diagnose der Notaufnahme falsch, und sie hatte eine ziemlich konkrete Vorstellung davon, was sie bei der Obduktion entdecken würde. Vor allem aber war sie sich einigermaßen sicher, dass sie dazu keine speziellen Instrumente benötigen würde.
Als Nächstes nahm sie den Bericht der kriminaltechnischen Assistentin aus der dritten Fallakte zur Hand. Er war sehr kurz. Es stand nur darin, dass Ronald Carpentu wie fast jeden Tag auf einem Halb-Liege-Ergometer sein Pensum abgespult hatte und dabei plötzlich zusammengebrochen war. Die Wiederbelebungsversuche des Personals im Fitnessclub waren erfolglos verlaufen, man hatte einen Notarztwagen herbeigerufen und auf dem Weg in die Notaufnahme weiterhin versucht, Herzschlag und Atmung wieder in Gang zu bringen. Bei der Ankunft im Krankenhaus war der Patient dann für tot erklärt worden, Diagnose: schwerer Herzinfarkt.
Laurie legte den Bericht in die Akte zurück. In diesem Fall war sie sich ziemlich sicher, dass die Diagnose der Notaufnahme zutraf, doch es blieb immer noch die Frage nach dem Warum. Vermutlich eine arteriosklerotische Herzerkrankung. Auch dafür benötigte sie keine speziellen Instrumente.
Sie griff nach dem Telefon und rief im Obduktionssaal an. Es klingelte sechs Mal, Laurie fing schon an, mit den Fingerspitzen auf der Tischplatte zu trommeln. Während sie warten musste, dachte sie daran, dass sie Chet mit Tipps für eine Verabredung ausgerechnet mit Angela Dawson versorgt hatte. Was für ein seltsamer Zufall.
»Hallo«, sagte eine Stimme, aber es klang eher wie »k.o.«.
Laurie fragte nach Marvin, und nur wenige Sekunden später war er am Apparat. »Sind wir so weit?«, wollte Laurie wissen.
»Schon seit Stunden«, witzelte Marvin.
Keine fünf Minuten später steckte Laurie in ihrer Schutzkleidung und starrte auf Ramona Torres’ Leichnam hinab. Wie bei David Jeffries waren auch bei ihr eine Endotrachealsonde und eine ganze Anzahl Infusionsschläuche noch an Ort und Stelle. Doch das Auffallendste waren die vielen blauen Flecken, die sich infolge der Fettabsaugung auf großen Teilen ihres Körpers ausgebreitet hatten.
»Du
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