Montgomery & Stapleton 07 - Die Seuche Gottes
gegenüber von Laurie Montgomeys Haus. Er war sogar etwas früher als geplant hier gewesen, um sich ein zusätzliches Zeitpolster zu verschaffen, aber offensichtlich war irgendetwas schiefgelaufen. Zwar hatte er einige wenige Menschen aus dem Haus kommen sehen, doch waren weder Laurie noch ihr Freund darunter gewesen.
Adam wollte sich gerade damit abfinden, dass er wohl am Abend wiederkommen musste, als das Handy in seiner Hosentasche vibrierte. Einer seiner Auftraggeber aus Washington war am Apparat.
»Wo sind Sie jetzt?«, wollte der Mann wissen.
»In der 106 th Street auf der Upper West Side.«
»Fahren Sie ins Angels Orthopedic Hospital. Die Zielperson befindet sich in einem Technikraum im dritten Stock. Sie ist in einem Wandschrank eingesperrt. Einer unserer Mitarbeiter ist auch da. Er heißt Walter Osgood. Miss Montgomery muss unverzüglich von dort weggeschafft und unauffällig beseitigt werden. Sicherlich eine anspruchsvolle Aufgabe, aber wir glauben, dass Sie dieser Herausforderung gewachsen sind.«
Adam legte schleunigst auf und startete den Motor. Dann stellte er Beethoven laut.
Es war dunkel, und Laurie wurde immer verzweifelter. Sie hatte schon immer ein wenig unter Platzangst gelitten und sich bereits als Kind davor gefürchtet, so eingesperrt zu sein, wie sie es jetzt war. Einzig unterhalb der robusten Tür war ein schmaler Lichtstreifen zu entdecken. Einen Lichtschalter konnte sie bis jetzt noch nicht finden. Nachdem sie in den ersten paar Minuten – in der Hoffnung, dass es außer Walter Osgood vielleicht noch jemand hören konnte – gegen die Tür gehämmert und aus Leibeskräften geschrien hatte, hatte sie angefangen, sich durch die Finsternis zu tasten. Der Lagerraum maß etwa drei mal sechs Meter, an beiden Längsseiten zogen sich Regale entlang. Ganz hinten war sie auf ein paar ziemlich große Metallkanister gestoßen, deren Deckel sich anfühlten, als könnten sie Farbe oder Lack enthalten. Sie hatte einen der Behälter hervorgeholt und ihn immer wieder mit Schwung gegen die Tür gerammt. Doch trotz des erheblichen Gewichts hatte sie keinen erkennbaren Erfolg damit gehabt, musste aber ständig aufpassen, dass der Kanister nicht unglücklich von der Tür abprallte und sie in der Dunkelheit verletzte.
Einen Augenblick lang hielt sie inne und lauschte nur. Es war schon eine ganze Zeit her, dass sie Walter draußen hatte rumoren hören. So stand sie nun, ohne irgendein Geräusch zu hören, in der Dunkelheit, und das war noch gruseliger, als ständig einem zig-Liter-Kanister auszuweichen, also fing sie wieder an, den Behälter gegen die Tür zu wuchten. Beim zweiten Mal prallte der Kanister mit deutlich dumpferem Klang gegen die Tür und fiel weicher als zuvor auf den Boden. Vermutlich war der Deckel abgesprungen und der Inhalt ausgekippt.
Sie bückte sich und tastete unsicher mit Hand über den Boden. Es roch nicht nach Farbe, also musste es wohl etwas anderes sein. Da spürte sie plötzlich ein feines Pulver zwischen den Fingern. Langsam führte sie die Hand vors Gesicht und schnüffelte misstrauisch. Erst als sie die Finger dicht vor die Nase hielt, konnte sie überhaupt etwas riechen, und selbst dann war sie sich nicht ganz sicher, was es war. Wahrscheinlich irgendein Reinigungsmittel.
Laurie stellte den Behälter wieder hin. Er war immer noch ungefähr halb voll. Sie schob ihn beiseite, damit sie nicht darüber stolperte. Als sie sich dann einen anderen holen wollte, hörte sie draußen ein Geräusch. Es hörte sich an, als würde eine Tür ins Schloss gezogen.
Laurie hoffte inständig, dass es nicht Walter Osgood war, und rüttelte mit einer Hand am Türgriff, wummerte mit der anderen gegen die Tür und schrie ununterbrochen »Hilfe!«. In der Enge des Lagerraums klangen ihre Schreie fast schmerzhaft laut, ganz im Gegensatz zu draußen vermutlich. Hier war alles sehr gut isoliert.
Laurie stellte ihre Hilferufe wieder ein. Das war kein Rettungskommando. Sie hörte gedämpfte Stimmen. Offensichtlich hatte Walter Besuch bekommen, der keineswegs ihr helfen wollte. Sie konnte sich unschwer ausmalen, dass der Unbekannte aller Wahrscheinlichkeit nach mit Walter unter einer Decke steckte und hergekommen war, um sie aus der Klinik zu schaffen. Voller Panik suchte sie nach einem Ausweg. Sie konnte sich ja nicht einmal gegen einen Mann zur Wehr setzen, wie sollte das erst gegen zwei möglich sein? Da fiel ihr das feine Pulver ein. Es würde die beiden sicherlich nicht lange aufhalten,
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