Montgomery & Stapleton 07 - Die Seuche Gottes
endlich einen zweiten Stuhl neben Carls geschoben hatte, Angela war schon versucht, aufzuspringen und es selbst zu erledigen. Doch sie blieb sitzen und wurde sich dabei ihres eigenen, völlig aufgedrehten Zustandes bewusst. Ob sie wohl auch so hypernervös wirkte wie Carl?
»Ist heute Morgen irgendetwas passiert, was ich wissen müsste, abgesehen von den E-Mails, die Sie mir geschickt haben?«, fing Angela an.
Carl blickte Bob an. Beide schüttelten den Kopf.
»Ich habe mich mit den Leitungskräften der Einkaufsabteilung, der Pflegedienste, der Wäscherei, der Anlagenwartung, der Hausmeisterei und des Labors zusammengesetzt, um noch einmal einschneidendere Sparmaßnahmen für die kommenden Wochen zu beschließen«, sagte Carl, »und ich habe ein paar originelle Ideen mitgebracht.«
»Das ist natürlich eine begrüßenswerte Initiative«, erwiderte Bob, »aber wir befinden uns an einem Punkt, an dem solche Versuche in Bezug auf den Börsengang zu wenig bewirken und zu spät kommen.«
»Ich fürchte, Bob hat recht«, meinte Angela.
»Irgendetwas musste ich unternehmen«, sagte Carl erklärend. »Ich konnte nicht einfach nur in meinem Büro sitzen und Däumchen drehen. Und komme, was wolle, ein gesteigertes Kostenbewusstsein bei den Abteilungsleitern kann auch in Zukunft auf keinen Fall schaden. Ich meine, es war jedenfalls keine Zeitverschwendung.«
Angela nickte. Ein besonders entscheidender Faktor für einen profitablen Klinikbetrieb war ein strenges Kostenregime. Das hatten die Betreiber von Klinikketten im Verlauf der letzten Jahrzehnte zu ihrem großen Vorteil gelernt. Die Erträge, die Angels Healthcare zumindest bis vor dem Auftreten des MRSA-Problems erwirtschaftet hatte, waren größtenteils in Angelas Geschäftsidee begründet, gleich drei Spezialkliniken auf einmal zu bauen und Dinge wie Wäscherei, Einkauf, Hausmeisterei, Anlagenwartung, Laborplätze und sogar die Anästhesie zu zentralisieren. Zwar gab es für jede dieser Abteilungen in jeder Klinik einen eigenen Abteilungsleiter, die jedoch alle ihrem Abteilungsleiter in der Zentrale unterstellt waren.
»Wie ist denn Ihr Vormittag gelaufen?«, wollte Bob von Angela wissen. »Glück gehabt?«
»Kaum«, musste Angela gestehen. »Wie Sie bereits gestern Abend gesagt haben, haben wir durch den Verkauf dieser Wertpapiere unseren Kreditspielraum bei der Bank ausgereizt. Die gute Nachricht lautet, dass Roger Naughton mir versichert hat, er würde keinen unserer Kredite kündigen. Die schlechte ist, dass er wie erwartet ohne zusätzliche Sicherheiten keinen weiteren Kredit genehmigen kann. Zwar hat er unseren Kreditantrag immerhin an seine Vorgesetzten weitergeleitet, aber nach meiner Einschätzung brauchen wir uns da keinerlei Hoffnungen zu machen.«
»Was ist mit Ihrem Exmann?«, erkundigte sich Bob. Alle Führungskräfte wussten, dass ihr Kapitalmakler einst mit Angela verheiratet gewesen war, dass die Ehe aber ein Jahr vor Gründung von Angels Healthcare geschieden worden war. Bob hatte diese geschäftliche Verbindung zwar am Anfang skeptisch gesehen, sie mittlerweile aber akzeptiert. Ihm wäre eine etwas direktere Verbindung mit einer angesehenen Investmentbank lieber gewesen, aber auch er hatte sich überzeugen lassen, als Michael Calabrese in der abschließenden Phase der Kapitalbeschaffung einen außerordentlich potenten Großinvestor an Land gezogen hatte.
»Ich konnte ihn überreden, noch einmal fünfzigtausend aus seinem Privatvermögen zuzuschießen«, sagte Angela. Sie erwähnte nicht, wie demütigend das Ganze gewesen war.
»Bravo!«, meinte Carl.
»Das ist nicht ganz so viel, wie ich mir eigentlich wünschen würde«, sagte Bob.
»Ich habe mein Bestes gegeben. Es ist mir vorgekommen, als müsste ich Wasser aus einem Stein pressen.«
»Haben Sie auch die Bedingungen geklärt?«, wollte Bob wissen.
»Aber natürlich! Sie glauben doch nicht, dass Michael Calabrese bereit ist, viel Geld zur Verfügung zu stellen, ohne sich ordentlich dafür zu belohnen.«
»Was haben Sie ihm angeboten?«
»Ich habe gar nichts angeboten, er hat bestimmt«, erwiderte Angela und legte ihnen die Bedingungen dar.
»Oha!«, meinte Bob im Anschluss. »Da ist er aber ziemlich großzügig zu sich selbst gewesen.«
»Das lässt sich unter den gegebenen Umständen nicht vermeiden«, meinte Angela. »Rufen Sie ihn an, und machen Sie die Unterlagen fertig. Ich will, dass dieses Geld auf unserem Konto landet, bevor er es sich wieder anders überlegen kann.
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