Montgomery & Stapleton 07 - Die Seuche Gottes
beschäftigen, deshalb musste Loren ihn abwimmeln.
Loren legte die Hand über die Sprechmuschel. »Tut mir leid. Da war eine Karte dabei. Sie liegt da auf der Ecke.« Sie deutete mit einer Kopfbewegung in Richtung des Umschlags.
Angela nahm ihn in die Hand, riss mit dem Finger die Lasche auf und holte die Karte heraus. Darauf stand nur: Grüße von dem Ausgenutzten.
»Was, zum Teufel …?«, murmelte Angela. Sie drehte die Karte um, aber die Rückseite war leer. Sie war zwar neugierig, aber mit all den anstehenden Dingen überlastet, deshalb steckte sie die Karte einfach in den Umschlag zurück. Sie würde später darüber nachdenken.
Angela tippte Loren auf die Schulter und bedeutete ihr, noch einmal die Sprechmuschel abzudecken. Dann sagte sie: »Machen Sie einen Termin mit ihm, in drei Wochen. Damit dürfte er zufrieden sein. Dann rufen Sie Bob Frampton und Carl Palanco an. Sie sollen so schnell wie möglich zu mir ins Büro kommen. Wo sind meine Termine für den Nachmittag?«
Loren holte den Terminplan hervor und reichte ihn ihr.
Angela zog sich in ihr Büro zurück und machte die Tür hinter sich zu, setzte sich an ihren Schreibtisch und sah sich den Terminplan durch. Die alltäglichen Routineaufgaben des Klinikbetriebes lagen in der Verantwortung der jeweiligen Abteilungsleiter, die sich jedoch gegenüber den Direktoren der betreffenden Klinik ebenso verantworten mussten wie gegenüber ihren Vorgesetzten in der Angels-Healthcare-Zentrale, die wiederum Carl Palanco als dem Exekutivdirektor und letztendlich Angela als Vorstandsvorsitzender des Unternehmens Bericht erstatten mussten. Mithilfe dieses Terminplans konnte Angela zumindest ungefähr abschätzen, wie der Rest des Nachmittags verlaufen würde. Zuerst hatte sie ein Gespräch mit der Rechtsabteilung, wo es höchstwahrscheinlich um den MRSA-Todesfall vom gestrigen Tag und darum gehen würde, wie man einen Prozess verhindern wollte, anschließend mit dem Leiter der Risiko-Management-Kommission zum selben Thema, gefolgt vom Leiter der Kommission für Patientenschutz. Danach musste sie ins Angels Orthopedic Hospital zu einer Versammlung des medizinischen Personals. Zu guter Letzt war ein Treffen mit der Spezialistin für Krankenhaushygiene, Cynthia Sarpoulus, in ihrem Büro angesetzt, damit diese Angela darlegen konnte, was sie über den MRSA-Todesfall von gestern in Erfahrung gebracht hatte und was sie nun unternehmen wollte.
Der wichtigste Termin war sicherlich das Treffen mit den Ärzten. Dort würde Angela eine Chance bekommen, wenigstens die Ärzteschaft der orthopädischen Klinik davon zu überzeugen, dass eine Steigerung der Patientenzahlen – trotz des kleinen Rückschlags in Gestalt von David Jeffries’ Tod – von existenzieller Bedeutung war. Es gab nur eine Möglichkeit, den negativen Kapitalfluss in einen positiven zu verwandeln: Die Operateure mussten operieren. Angela war sich mehr als alle anderen darüber im Klaren, dass der Erfolg einer Spezialklinik ausschließlich darauf beruhte, dass die Ärzte, die gleichzeitig Mitinhaber waren, dort ihre zahlenden Patienten behandelten, also diejenigen, die Mitglied einer privaten oder der staatlichen Krankenversicherung waren oder über das notwendige Kleingeld verfügten. Im Spezialklinikgeschäft war laut Angelas Geschäftsidee kein Platz für Sozial- oder andere Fälle, bei denen die Kosten möglicherweise die Einnahmen überstiegen.
Angelas Telefon klingelte. Das war Loren, die ihr mitteilte, dass der Finanzdirektor und der Operativdirektor eingetroffen waren.
»Schicken Sie sie rein«, sagte Angela und legte ihren Nachmittagsplan beiseite.
Zwei in Erscheinung und Auftreten vollkommen unterschiedliche Männer betraten den Raum. Carl Palanco federte herein, schnappte sich einen der vier modernen Stühle mit senkrechter Lehne von der hinteren Wand, stellte ihn vor Angelas Schreibtisch und setzte sich darauf. Seine Mimik und die Tatsache, dass er ununterbrochen in Bewegung war, ließen vermuten, dass er ungefähr acht Tassen Kaffee getrunken hatte. Im Gegensatz dazu bewegte sich Bob Frampton wie in Öl, und sein Gesichtsausdruck ließ nur eine Vermutung zu: dass er dringend Schlaf benötigte. Doch trotz ihres so gegensätzlichen Äußeren wusste Angela, dass beide Männer gleichermaßen klug und erfinderisch waren, und genau deshalb hatte sie von Anfang an alles darangesetzt, die beiden für sich zu gewinnen und zu ihren engsten Mitarbeitern zu machen.
Es dauerte eine Ewigkeit, bis Bob
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