Montgomery & Stapleton 08 - Die Hand des Bösen
ihr eine Märtyrerin zu machen. Tja, und da es genau dazu gekommen wäre, habe ich den Beinahe-Mörder erschossen.«
Rameshs Unterkiefer klappte langsam nach unten. Dann schlug er sich mit der flachen Hand gegen die Stirn und stützte sich auf den Ellbogen, wobei er immer wieder den Kopf schüttelte. »Nein!«, rief er.
Naresh zuckte mit den Schultern. »Es ist alles so schnell gegangen.« Naresh griff in seine Tasche und holte ein Stück Papier hervor. Darauf stand Dhaval Narang. Er legte den Zettel vor Ramesh auf den Schreibtisch.
Dieser nahm den Zettel, ohne seinen Kopf loszulassen. »Wissen Sie, wer dieser Kerl ist?«, platzte Ramesh heraus. Er hob den Blick und schaute Naresh aufgebracht an.
»Mittlerweile schon. Es ist Dhaval Narang.«
»Ganz recht. Es ist Dhaval Narang, und wissen Sie, für wen er arbeitet?«
Naresh schüttelte den Kopf.
»Er arbeitet für Shashank Malhotra, Sie dämlicher Vollidiot. Malhotra wollte sich das Mädchen vom Leib schaffen. Man hätte die Tat irgendwelchen Strolchen in die Schuhe geschoben. Eine Märtyrerin wäre sie nur dann geworden, wenn wir, die indischen Behörden, sie umgebracht hätten.«
»Was hätte ich denn machen sollen? Ich habe versucht, Ihre Anordnungen zu befolgen. Warum haben Sie mir nicht gesagt, dass Malhotra sich darum kümmern will?«
»Weil ich es nicht gewusst habe. Zumindest war ich mir nicht sicher.« Ramesh rieb sich das Gesicht. »Aber jetzt ist die Situation eindeutig noch komplizierter geworden. Jetzt ist sie gewarnt. Wo steckt sie?«
»Sie ist ins Hotel zurückgegangen.«
»Was ist denn am Tatort geschehen?«
»Der Schuss hat eine allgemeine Panik ausgelöst. Sie ist geflüchtet, wie alle anderen auch. Ich bin dort geblieben und war den Streifenpolizisten vor Ort behilflich, die Ordnung wiederherzustellen und die Identität des Opfers festzustellen.«
»Ist sie zurückgekommen, um mit der Polizei und mit Ihnen zu sprechen?«
»Sie ist zurückgekommen, in Begleitung eines Amerikaners. Ich weiß nicht, wo und wie sich die beiden zusammengefunden haben. Aber sie hat kein Wort mit der Polizei gesprochen, und das ist irgendwie seltsam. Ich habe schon überlegt, ob ich sie festnehmen soll, aber ich wollte zuerst mit Ihnen sprechen.«
»Das zeigt nur, wie misstrauisch sie geworden ist.«
»Vielleicht reist sie nach einer solchen Erfahrung ja auch ab?«
»Das wäre wirklich nett, nicht wahr? Aber nach allem, was die Patientenbetreuerin ihrer Großmutter oder der Klinikdirektor dazu zu sagen haben, sollten wir davon lieber nicht ausgehen. Aus irgendeinem Grund ist diese junge Dame ungeheuer zielstrebig, ganz egal, was geschieht.«
»Nun, was soll ich denn jetzt machen?«
»Haben Sie denn bei Ihrer Suche nach der Quelle, die CNN mit Material versorgt, etwas herausgefunden?«
»Ich habe heute Morgen zwei Leute darauf angesetzt, aber seither noch nicht mit ihnen gesprochen.«
»Rufen Sie sie an, während ich mit Shashank Malhotra telefoniere. Außerdem hat es wieder einen Toten gegeben, diesmal aber im Aesculapian Medical Center. Und wieder hat CNN extrem früh darüber berichtet.«
Ramesh griff nach dem Telefonhörer. Er freute sich nicht auf das Gespräch mit Shashank Malhotra. Auch wenn er Naresh gegenüber etwas anderes behauptet hatte … er wusste, dass er letztendlich die Schuld für Dhaval Narangs Ableben trug. Wie Naresh gesagt hatte: Er hätte es wissen müssen.
»Ich hoffe, Sie rufen mich an, um mir für die Lösung Ihres Problems zu danken«, sagte Shashank, als er sich gemeldet hatte. Sein Tonfall war neutral, nicht so fröhlich wie gestern, aber auch nicht so giftig.
»Ich fürchte, nein. Ich fürchte, es hat sich ein zusätzliches Problem ergeben und außerdem eine Erweiterung des alten.«
»Was?«, ließ Shashank sich vernehmen.
»Erstens hat Miss Hernandez die Ehefrau des dritten Patienten dazu überredet, ebenfalls eine Obduktion zu verlangen. Und zweitens: Dhaval Narang wurde heute Morgen auf dem Basar in Delhi erschossen.«
»Das ist nicht Ihr Ernst.«
»Haben Sie ihm den Auftrag gegeben, diese Hernandez davon zu überzeugen, dass sie Indien verlassen soll?«, wollte Ramesh wissen.
»Ist er wirklich tot?«, fragte Shashank wütend und ungläubig nach.
»Ich erfuhr es aus vertrauenswürdiger Quelle.«
»Wie konnte das geschehen? Er war ein Profi. Er war kein Amateur.«
»Menschen machen Fehler.«
»Dhaval nicht«, grollte Shashank. »Er war der Beste. Hören Sie zu, ich will, dass man sich um diese Frau
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