Montgomery & Stapleton 08 - Die Hand des Bösen
Zeitlang beatmen, und alles ist gut.«
»Aber Sie wollen trotzdem Proben nehmen«, hakte Arun nach, »obwohl der Körper das Succinylcholin so schnell abbaut?«
»Auf jeden Fall«, erwiderte Laurie, während sie Gallenflüssigkeit auf eine Spritze aufzog. »Wenn Succinylcholin aus heimtückischen Motiven eingesetzt wird, dann auf jeden Fall in großen Mengen, aus Angst, dass es sonst zu wenig sein könnte. Und bei einer großen Dosis ist der Körper damit unter Umständen überfordert. In diesem Fall findet man nicht nur die Abbauprodukte, sondern auch noch das Succinylcholin selbst.«
»In den Vereinigten Staaten gibt es etliche berühmte Kriminalfälle, bei denen Succinylcholin verwendet worden ist«, sagte Jack. »Ein Krankenpfleger aus Nevada, ein gewisser Chaz Higgs, hat damit seine Frau ermordet, und Carl Coppolino, ein Anästhesist aus Florida, ebenfalls. Bei Higgs’ Frau hat man das Mittel im Urin gefunden, bei Coppolinos Frau in einem Muskel.«
»Tja, dann dürfte es interessant sein, was unsere Toxikologen am All India Institute of Medical Sciences herausfinden. Der Leiter des Instituts besitzt weltweit einen ausgezeichneten Ruf.«
»Können wir diese Proben irgendwie dorthin schaffen?«, wollte Laurie wissen, nachdem sie die letzte Spritze gefüllt hatte.
»Bestimmt«, meinte Arun. »Ich sage Jeet, dass er sich darum kümmern soll. Ich könnte mir vorstellen, dass das Kliniklabor des Gangamurthy Hospital über einen Kurierdienst verfügt.«
Die Obduktion machte unter den Händen zweier erfahrener Pathologen rasante Fortschritte, bis Laurie sich den Nieren zuwandte und diese eingehend betrachtete. Dem ersten Augenschein nach war alles normal. Dann nahm sie alle beide mithilfe des großen Messers heraus und trennte eine davon so auf, dass das Grundgewebe, das sogenannte Parenchym, sowie die Nierenkelche freigelegt wurden.
»Jack, sieh dir das mal an!«, rief sie aufgeregt.
Jack warf einen Blick über ihre Schulter. »Komisch«, meinte er. »Das Parenchym sieht irgendwie wachsig aus.«
»Ganz genau«, bestätigte Laurie noch aufgeregter als zuvor. »So was habe ich schon mal gesehen. Und weißt du, als was es sich dann herausgestellt hat?«
»Amyloidose?«, riet Jack.
»Nein, nicht doch. Dieses pinkfarbene Zeug in den Tubuli. Das sitzt im Gefäßlumen und nicht in den Zellen. Maria ist an einer akuten Rhabdomyolyse gestorben! Die Muskelfasern in ihrem Herz haben sich aufgelöst.«
»Arun!«, rief Jack aufgeregt. »Rufen Sie Jeet an. Wir brauchen eine Cryosektion. Falls es sich um Myosin handelt und wir es tatsächlich mit einer Vergiftung zu tun haben, dann haben wir hier den praktischen Nachweis für Succinylcholin gefunden.«
Eine halbe Stunde später durfte Laurie sich als Erste das sezierte Nierengewebe unter dem Mikroskop betrachten. Die Obduktion war abgeschlossen und der Bericht bereits diktiert. Gewebeproben vor allem von Herz und Nieren waren präpariert. Und schließlich war die Leiche in einem geeigneten Kühlfach untergebracht worden.
»Und?«, drängte Jack ungeduldig. Er hatte das Gefühl als würde Laurie länger als sonst ins Mikroskop starren.
»Da sind eindeutig pinkfarbene Ablagerungen in den Tubuli«, sagte sie. Dann lehnte sie sich zurück, damit auch Jack nachsehen konnte.
»Rhabdomyolyse, ganz eindeutig!«, sagte Jack dann. Er richtete sich auf. »Angesichts des Verlaufs würde ich das als Beweis akzeptieren, sogar ohne toxikologischen Befund.«
Laurie stand auf, damit Arun und Neil auch einen Blick ins Okular werfen und sehen konnten, wie das Myosin die Tubuli der Nieren verstopft hatte.
»Also, was haben Sie jetzt vor?«, fragte Arun. Er war ganz aufgekratzt, weil er bei der pathologischen Aufklärung eines Verbrechens mithelfen konnte. Genau davon hatte er auf der Highschool immer geträumt, bevor er gewusst hatte, wie die berufliche Realität der Pathologen in Indien aussah.
»Diese Frage müssten wir eigentlich Ihnen stellen«, sagte Jack. »In den Vereinigten Staaten würde ein unabhängiger Gerichtsmediziner jetzt entweder die Polizei oder die Staatsanwaltschaft oder alle beide einschalten. Wir haben es hier eindeutig mit einem Verbrechen zu tun.«
»Ich weiß nicht, was zu tun ist«, gestand Arun. »Vielleicht sollte ich einen der Rechtsanwälte aus meinem Bekanntenkreis fragen.«
»Und in der Zwischenzeit«, sagte Laurie, »müssen wir die Beweislage untermauern. Ich hoffe, dass die Urinprobe, die wir an die Toxikologie im All India Institute of Medical
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