Montgomery & Stapleton 08 - Die Hand des Bösen
Vorschriften, was vertrauliche Informationen angeht.«
»Ach was, Schwachsinn«, sagte Jennifer, beruhigte sich aber gleich wieder. »Bitte entschuldigen Sie meine Ausdrucksweise. Aber so langsam rege ich mich wirklich auf.«
»Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen. Ich habe zwei Jungen großgezogen.«
»Trotzdem. Aber jetzt wieder zu CNN. Mir ist da was ganz Ähnliches passiert.« Jennifer erzählte jetzt, dass sie ebenfalls durch CNN vom Tod ihrer Großmutter erfahren hatte und daraufhin sowohl bei dem Unternehmen, das die Reise samt Operation organisiert hatte, als auch in der Klinik selbst angerufen hatte. Bei beiden Anrufen hatte man ihr versichert, dass ihre Großmutter wohlauf sei. Erst später hatte Mrs Varini sie aus der Klinik angerufen und ihr die Wahrheit gesagt.
»Wie sonderbar. Das klingt ja fast so, als wüsste im Queen Victoria die rechte Hand nicht, was die linke tut.«
»Ich frage mich, ob es nicht vielleicht sogar noch schlimmer ist«, erwiderte Jennifer.
»Wie denn?«
Jennifer lächelte, schüttelte den Kopf und zuckte mit den Schultern, alles gleichzeitig. »Ich habe nicht die leiseste Ahnung. Natürlich ist es denkbar, dass die Trauer bei mir so eine Art Verfolgungswahn ausgelöst hat. Ich stehe sicherlich unter Schock und kann nicht richtig klar denken. Immerhin habe ich gleichzeitig meine beste Freundin, meine Mutter und meine Großmutter verloren. Außerdem setzt mir der Jetlag ziemlich zu. Ich bin total erschöpft, kann aber nicht schlafen. Kann schon sein, dass ich auch nicht besonders gut denken kann. Ich meine, es könnte doch sein, dass Sterbefälle nach solchen elektiven Operationen für das Queen Victoria so ungewöhnlich sind, dass sie einfach nicht genau wissen, wie sie damit umgehen sollen. Es gibt hier ja nicht einmal eine Leichenkammer.«
»Was haben Sie jetzt vor?«
»Beten, dass meine Freundin Laurie Montgomery tatsächlich herkommt. Falls nicht, dann weiß ich wirklich nicht, was ich machen soll. Und heute Nachmittag gehe ich noch mal in die Klinik. Ich will wirklich wissen, wieso Mrs Varini mich angelogen hat, und dann werde ich noch einmal in aller Deutlichkeit klarstellen – falls ich das nicht schon längst gemacht habe –, dass sie Granny auf keinen Fall anrühren dürfen. Und Sie? Wollen wir heute Abend zusammen essen?«
»Das ist aber nett von Ihnen, mich darum zu bitten! Kann ich Ihnen später noch Bescheid sagen? Ich weiß beim besten Willen noch nicht, wie es mir bis dahin geht.«
»Sie können mir jederzeit Bescheid sagen. Vermutlich müssten wir relativ früh essen. Ich schätze mal, irgendwann wird mir die Kraft ausgehen, und dann falle ich ins Bett und schlafe zwölf Stunden am Stück. Aber was werden Sie unternehmen? Wollen Sie einfach abwarten, bis Ihre Söhne da sind, und es dann entscheiden?«
»Genau das.«
»Vielleicht sollten Sie unserer Freundin Mrs Varini noch einmal deutlich machen, dass sie ohne Ihre ausdrückliche Erlaubnis wirklich nichts unternehmen darf. Trauernde Angehörige kann man leicht hin und her schubsen. Nur, dass es normalerweise eher darum geht, die Zustimmung zu einer Obduktion zu bekommen.«
»Ich glaube, ich werde Ihren Rat befolgen. Gestern Abend war ich einfach nicht ich selbst.«
»Sind Sie fertig mit essen?«, wollte Jennifer jetzt wissen. »Ich gehe jetzt nämlich wieder in die Klinik. Eigentlich wollte ich zuerst noch in die Botschaft, aber ich glaube, das hebe ich mir für später auf. Ich möchte der Patientenbetreuerin ein paar Fragen stellen, zum Beispiel, warum sie mich angelogen hat. Wenn ich irgendetwas Entscheidendes erfahre, melde ich mich.«
Da sie die Belege bereits unterzeichnet hatten, standen sie auf. Sofort kamen etliche Pagen herbeigestürzt und zogen ihnen die Stühle weg. Das Restaurant war jetzt bis auf den letzten Platz besetzt, sodass sie sich durch die Menge der Wartenden schieben mussten. Im Foyer verabschiedeten sie sich voneinander und beteuerten, später noch einmal miteinander sprechen zu wollen. Als sie gerade auseinandergehen wollten, fiel Jennifer noch etwas ein. »Ich glaube, ich werde mich auch mal etwas näher mit dieser CNN-Geschichte befassen, wenn möglich. Würde es Ihnen sehr viel ausmachen, Ihren New Yorker Freund zu fragen, wann genau er den Bericht über Ihren Mann gesehen hat?«
»Überhaupt nicht. Ich wollte ihn sowieso noch mal anrufen. Es ist ihm sehr nahegegangen, dass ausgerechnet er mir die schlechte Nachricht überbracht hat.«
Erneut wollten sie sich
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