Montgomery u Stapleton 01 - Blind
Händen und stellte sehr bald fest, daß sie in einer Kiste lag! Eine Welle schrecklicher Klaustrophobie durchfuhr sie wie ein eisiger Hauch, als ihr bewußt wurde, daß sie in einem der Armensärge eingeschlossen war! Gleichzeitig kam die Erinnerung an das, was im Leichenschauhaus passiert war, mit verheerender Klarheit zurück: die Jagd; die beiden gräßlichen Männer; der tote Wachmann, der kaltblütig ermordete Hausmeister. Und dann schoß ihr ein anderer entsetzlicher Gedanke durch den Kopf: Was, wenn sie lebendig begraben werden sollte!
Von Panik geschüttelt, versuchte Laurie, ihre Knie anzuziehen und gegen den Sargdeckel zu stemmen. Dann versuchte sie, mit dem Fuß dagegenzutreten, aber es war alles vergebens. Entweder lag etwas sehr Schweres auf dem Deckel, oder er war fest zugenagelt worden.
"O Gott!" flüsterte sie, als der Sarg heftig knarrte. Jetzt erst wurde ihr richtig bewußt, daß sie sich in einem Fahrzeug befand.
Sie versuchte zu schreien, erreichte aber nur, daß ihr die Ohren weh taten. Als nächstes versuchte sie, mit den Fäusten gegen den Deckel zu trommeln, aber das war bei der Enge kaum möglich.
Abrupt hörte das Knarren auf. Auch das Vibrieren des Motors stoppte. Dann war ein entferntes Geräusch zu hören, als ob die Türen eines Wagens geöffnet würden. Laurie spürte, daß der Sarg bewegt wurde.
"Hilfe!" schrie sie. "Ich krieg keine Luft!"
Sie hörte Stimmen, die aber nicht mit ihr sprachen. In Verzweiflung und Panik trommelte sie erneut gegen den Deckel; ihre Augen füllten sich mit Tränen. Sie konnte nichts dagegen tun. Noch nie in ihrem Leben hatte sie solche Angst gehabt.
Sie merkte, daß der Sarg getragen wurde. Sie mochte nicht daran denken, wohin sie gebracht würde. Würde man sie wirklich lebendig begraben? Würde sie hören, wie die Erde auf den Sargdeckel prasselte?
Mit einem dumpfen Stoß wurde der Sarg abgesetzt. Nicht auf die Erde. Es hatte sich wie Holz angehört.
Von Schluchzen unterbrochen, rang Laurie nach Luft; kalter Schweiß bildete sich auf ihrer Stirn.
Lou wußte nicht genau, wo die American Fresh Fruit Company lag, aber er wußte, daß es in der Gegend vom Green-Point-Pier war. Vor Jahren war er einmal dort gewesen, und er hoffte, er würde sich erinnern.
Als er sich der Gegend am East River näherte, nahm er das Blaulicht vom Dach und schaltete es aus. Er fuhr die Greenpoint Avenue hinunter, bis es nicht mehr weiterging, bog dann nach Norden in die West Street und suchte die verlassenen Lagerschuppen nach irgendeinem Lebenszeichen ab.
Er fühlte sich zunehmend entmutigt und wurde immer verzweifelter, bis er ein Straßenschild Java Street sah. Der Name kam ihm bekannt vor. Er bog links in die Straße ein und fuhr langsam näher an den Fluß heran. Einen Block weiter unten ragte ein hoher Maschendrahtzaun empor. Über dem offenen Tor befand sich ein Schild mit dem Namen der Firma Cerinos. Jenseits vom Tor parkten mehrere Wagen. Lou erkannte Cerinos Lincoln Continental. Hinter den Wagen erstreckte sich ein riesiges Lagerhaus über den Pier hinweg. Hinter dem Lagerhaus bemerkte Lou den oberen Teil der Aufbauten eines Schiffs.
Er fuhr durch das Tor und parkte neben Cerinos Wagen. Ein großes, hohes Tor des Lagerhauses stand offen. Lou konnte soeben noch das Heck eines Kombis ausmachen, der in dem dunklen Schuppen stand. Er stellte den Motor ab und stieg aus. Er hörte nichts als das ferne Schreien einiger Möwen.
Lou prüfte seine Waffe, steckte sie jedoch zurück in das Halfter. Er schlich vorsichtig zu dem Tor hinüber und spähte hinein, um einen Blick auf den Kombi zu werfen. Als er die Aufschrift HEALTH AND HOSPITAL CORP. las, faßte er neuen Mut. Er blickte sich in dem dunklen Lagerhaus um, erkannte aber nichts als die undeutlichen Umrisse von Bananenstapeln. Kein Mensch war zu sehen, doch am Ende des Piers, in Richtung des Flusses, vielleicht hundert Meter entfernt, bemerkte er einen Lichtschimmer.
Lou überlegte, ob er Verstärkung rufen sollte. Ein vernünftiges polizeiliches Vorgehen hätte eine solche Maßnahme erfordert, aber er fürchtete, keine Zeit zu haben. Er mußte sich vergewissern, daß Laurie keine unmittelbare Gefahr drohte. Sobald das feststand, konnte er sich die Zeit nehmen und Verstärkung rufen.
Er vermied den Hauptgang zwischen den Bananenstapeln und arbeitete sich seitlich vor, bis er auf einen zweiten Gang stieß, der zum Pier führte. Tastend bewegte er sich auf das Licht zu.
Er brauchte etwa fünf Minuten, um
Weitere Kostenlose Bücher