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Montgomery u Stapleton 01 - Blind

Montgomery u Stapleton 01 - Blind

Titel: Montgomery u Stapleton 01 - Blind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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Jimmy aber nur die Umrisse erkennen konnte. An der Wand ihm gegenüber stand ein großer Schrank mit Glastüren, der schemenhaft aus dem Schatten ragte. An der Wand unter den Fenstern befanden sich mehrere Keramikspülbecken.
    Mit zitternden Fingern tastete Jimmy nach dem Schalter und knipste das Licht an. Im selben Augenblick sah er den Verursacher des Geräuschs. Eine fette Ratte hockte auf dem Einbalsamierungstisch. Gestört in ihrer Nahrungssuche, blickte sie Jimmy mit bösen, glühenden Augen an. Dann sprang sie vom Tisch, lief zu einem Riß im Boden und verschwand in einem Gulli.
    Jimmy empfand zugleich Ekel und Erleichterung. Ihm graute vor Ratten, er haßte es aber auch, sich in einem Bestattungsinstitut zu verstecken. Der Ort war ihm unheimlich und erinnerte ihn an all die Horrorgeschichten, die er als kleiner Junge gelesen hatte. Seine Phantasie hatte ihm alle denkbaren Erklärungen für die Geräusche vorgegaukelt, die er gehört hatte. Es war viel besser, daß eine Ratte herumlief als eine der einbalsamierten Leichen wie in "Geschichten aus der Gruft".
    Jimmy lief zu einer kleinen Metallkiste und schob sie über den Boden auf den Riß, in dem die Ratte verschwunden war. Dann ging er zurück in sein Zimmer. Aber er kam nicht weit. Durch die Tür zum Abstellraum hörte er einen weiteren dumpfen Schlag. In dem Glauben, die Ratte sei im Abstellraum wieder herausgekommen, packte Jimmy einen Besen, mit dem er täglich saubergemacht hatte. Wild entschlossen, die Ratte kurz und klein zu schlagen, stieß er die Tür zum Abstellraum auf. Er tat sogar einen Schritt nach vorn, bevor er erstarrte. Das Blut wich ihm aus dem Gesicht. Vor ihm stand eine Gestalt, deren Züge sich im Halbdunkel verloren.
    Ein erstickter Schrei entrang sich Jimmys Lippen, und er stolperte zurück. Der Besen entglitt seinen Händen und fiel polternd auf den gekachelten Boden. Jimmys schrecklichste Befürchtungen waren Wirklichkeit geworden. Eine der Leichen war lebendig geworden.
    "Hallo, Jimmy", sagte die Gestalt.
    Panisches Entsetzen konnte die Lähmung in Jimmys Gehirn nicht überwinden. Er stand wie angewurzelt da, als die Gestalt aus dem Halbdunkel des Abstellraums auf ihn zutrat, umhüllt vom kalten Hauch aus einem offenen Fenster.
    "Du siehst etwas blaß aus", sagte Tony. Er hatte die Pistole in der Hand, aber sie war nach unten gerichtet. "Vielleicht legst du dich am besten auf den alten Tisch da." Tony zeigte mit der freien Hand auf den Einbalsamierungstisch.
    "Sie haben mich gezwungen", stammelte Jimmy sabbernd, als er begriff, daß er es nicht mit einem übernatürlichen Wesen zu tun hatte, sondern mit einem lebendigen Menschen, offensichtlich einem von Cerinos Leuten.
    "Ja, natürlich", sagte Tony mit gespielt tröstender Stimme.
    "Aber leg dich trotzdem auf den Tisch."
    Während Jimmy mit schlotternden Knien zum Einbalsamierungstisch hinüberging, trat Tony zum Wandschalter und knipste mehrere Male das Licht an und aus.
    "Auf den Tisch!" befahl Tony, als er merkte, daß Jimmy zögerte.
    Mit einiger Mühe kam Jimmy auf den Tisch und setzte sich auf den Rand.
    "Hinlegen!" schnauzte Tony. Als Jimmy sich hingelegt hatte, trat Tony zu ihm und blickte auf ihn hinunter. "Toller Ort, sich zu verstecken", sagte er.
    "Es war alles Mansos Idee", stieß Jimmy hervor. Sein Kopf lag auf einem schwarzen Gummiklotz. "Ich hab nur das Licht ausgemacht. Ich wußte nicht mal, worum es ging."
    "Alle sagen, es war Mansos Idee", beklagte sich Tony. "Natürlich ist er der einzige, der es nicht geschafft hat, abzuhauen. Zu dumm, daß er nicht da ist, um sich zu verteidigen."
    Ein dumpfes Geräusch im Abstellraum kündigte Angelo an. Vorsichtig betrat er den Raum, sich wie ein gefangenes Tier umblickend. Ihm gefiel es in der Leichenhalle nicht. "Hier stinkt’s", sagte er.
    "Das ist Formaldehyd", erklärte Tony. "Da gewöhnst du dich dran. Nach einiger Zeit riechst du’s gar nicht mehr. Komm her und begrüß Jimmy Lanso."
    Angelo kam zum Einbalsamierungstisch und betrachtete Jimmy voller Verachtung. "Mieser kleiner Pisser", sagte er.
    "Es war Mansos Idee", wiederholte Jimmy. "Ich hab überhaupt nichts gemacht."
    "Wer war sonst noch dabei?" fragte Angelo. Er wollte sichergehen.
    "Manso, DePasquale und Marchese. Sie haben mich gezwungen."
    "Keiner will es gewesen sein", sagte Angelo angewidert.
    "Jimmy, ich fürchte, du wirst eine kleine Reise machen müssen."
    "Bitte nicht", bettelte Jimmy.
    Tony beugte sich vor und flüsterte Angelo etwas ins Ohr. Angelo

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