Montgomery u Stapleton 02 - Das Labor
Minuten wartete. Als er sicher war, daß ihm keine auch nur andeutungsweise verdächtig aussehende Gestalt gefolgt war, machte er sich auf den Weg in die Notaufnahme.
Da er schon oft in dem Krankenhaus gewesen war, fand er sich problemlos zurecht. Er durchquerte die Notaufnahme, ging an der Patientenaufnahme vorbei und trat wieder hinaus auf die Straße. Dort wartete er ein paar Sekunden, bis ein Taxi mit einem Patienten vorfuhr. Als der Wagen frei war, bat er den Fahrer, ihn zum Eingang von Bloomingdale’s an der Third Avenue zu bringen. Bei Bloomingdale’s herrschte Hochbetrieb, genau wie Jack es erwartet hatte. Er durchquerte das Erdgeschoß und verließ das Kaufhaus durch den Ausgang Lexington Avenue. Dort nahm er sich wieder ein Taxi und ließ sich einen Häuserblock vor dem Restaurant Positano absetzen.
Um hundertprozentig sicher zu sein, daß ihm niemand gefolgt war, drückte er sich noch einmal fünf Minuten im Eingangsbereich eines Schuhgeschäftes herum. Auf der Madison Avenue hielt sich der Verkehr in Grenzen. Nur vereinzelt schlenderten Fußgänger vorbei. Anders als in der Umgebung des Gerichtsmedizinischen Instituts waren die Menschen hier elegant gekleidet. Jack sah niemanden, der als Mitglied einer Straßengang in Frage gekommen wäre.
Zuversichtlich steuerte er auf das Restaurant zu, nicht ohne sich selbst für seine Raffinesse auf die Schulter zu klopfen. Was er nicht wußte, war, daß in dem glänzend polierten schwarzen Cadillac, der ein paar Minuten zuvor zwischen dem Schuhgeschäft und dem Positano am Straßenrand angehalten hatte, zwei Männer saßen und warteten. Er hatte sie im Vorbeigehen nicht sehen können, denn die Fenster waren dunkel getönt und wirkten von außen wie Spiegel.
Er betrat zunächst einen von einem Segeltuch abgetrennten Vorraum des Restaurants. Das Tuch hatte man offensichtlich speziell für den Winter hier aufgehängt, um die Gäste, die in der Nähe der Tür saßen, vor kalter Zugluft zu schützen.
Er schob eine der Stoffbahnen zur Seite und stand plötzlich in einem warmen, sehr gemütlichen Raum. Zu seiner Linken war eine kleine Bar aus Mahagoni. Rechts befanden sich die Eßtische, die bis weit in den hinteren Teil des Restaurants reichten. An den Wänden und an der Decke waren weiße Gitter angebracht, an denen erstaunlich echt aussehender Seidenefeu rankte. Jack fühlte sich wie in einem Gartenrestaurant mitten in Italien. Der köstlich Geruch, der im Raum hing, ließ Jacks Herz sofort höher schlagen; der Koch schien die gleiche Vorliebe für Knoblauch zu haben wie er. Noch vor ein paar Sekunden hatte er nicht das geringste Hungergefühl verspürt; jetzt lechzte er regelrecht nach einem guten Essen.
Das Restaurant war zwar voll besetzt, doch es herrschte eine ruhige und gelassene Atmosphäre. Das Gitterwerk an der Decke sorgte dafür, daß das Stimmengewirr und das Tellerklappern gedämpft wurden.
Der Empfangskellner begrüßte ihn und fragte ihn, ob er ihm behilflich sein könne. Jack erwiderte, daß er mit einer Mrs. Hagen verabredet sei, woraufhin der Kellner sich verbeugte und ihn bat, ihm zu folgen. Er geleitete ihn an einen Tisch direkt gegenüber der Bar.
Terese erhob sich sofort und umarmte Jack. Als sie sein Gesicht sah, hielt sie inne.
»O mein Gott« rief sie. »Dein Gesicht sieht ja schlimm aus.«
»Das Kompliment habe ich heute schon öfter gehört«, witzelte er.
»Laß bitte die Sprüche, Jack«, sagte sie. »Ich meine es ernst. Bist du wirklich okay?«
»An mein Gesicht habe ich den ganzen Tag keinen Gedanken verschwendet«, erwiderte Jack. »Ehrlich.«
»Es sieht aus, als müßte es dir furchtbar weh tun«, sagte Terese. »Ich würde dir gern einen Kuß geben, aber das lasse ich wohl lieber.«
»Meine Lippen sind vollkommen unversehrt«, entgegnete Jack. Grinsend schüttelte Terese den Kopf. »Du bist einfach eine Nummer zu groß für mich«, sagte sie. »Bevor ich dich kennengelernt habe, habe ich mich für ziemlich schlagfertig gehalten, aber bei dir muß ich kapitulieren.«
Sie nahmen Platz.
»Wie gefällt dir das Restaurant?« fragte Terese, während sie ihre Serviette zurechtrückte.
»Es ist wirklich gemütlich - und das kann man in der City nicht gerade von vielen Restaurants behaupten.«
»Es ist einer meiner Lieblingsläden«, sagte Terese. »Danke, daß du mich hergelotst hast«, entgegnete Jack. »Du hast genau das Richtige getan - auch wenn ich das nicht gern zugebe. Ich sterbe fast vor Hunger.«
Die nächste
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