Montgomery u Stapleton 02 - Das Labor
Probe angekommen war. Und zum anderen wünschte er sich, daß die Viruskonzentration in der Lösung für den von ihm gewünschten Test hoch genug gewesen war und er somit nicht auf die Anzüchtung einer Kultur warten mußte. Es war bereits kurz vor sieben. Er verfluchte sich dafür, daß er nicht schon früher angerufen hatte. Wahrscheinlich würde er nun bis zum nächsten Morgen warten müssen. Doch als er darum bat, mit der Influenza-Abteilung verbunden zu werden, hatte er gleich darauf Nicole am Apparat.
»Die Probe ist unversehrt hier angekommen«, sagte sie, »dank des Kühlbehälters und der Styroporumhüllung in sehr gutem Zustand.«
»Und wie hoch ist die Viruskonzentration?« fragte Jack besorgt. »Ich bin absolut beeindruckt«, erwiderte Nicole. »Woher haben Sie die Probe?«
»Ich habe sie beim Auswaschen von Bronchiolen eines verstorbenen Patienten gewonnen«, erklärte Jack. Nicole stieß einen überraschten Pfiff aus. »Bei der hohen Viruskonzentration, die wir in der Lösung gefunden haben, muß es sich um einen verdammt aggressiven Stamm handeln. Oder es liegt am Wirt.«
»Nein, es ist das Virus selbst«, entgegnete Jack. »Es muß wirklich verdammt gefährlich sein. Das Opfer war ein gesunder junger Mann. Inzwischen ist auch schon die Krankenschwester, die sich um ihn gekümmert hat, mit akuter Atemnot auf der Intensivstation gelandet. Dabei kann sie sich vor höchstens vierundzwanzig Stunden infiziert haben!«
»Ist ja wahnsinnig! Dann beginne ich am besten sofort mit der Virusklassifikation und arbeite heute nacht durch. Haben sich noch mehr Leute angesteckt?«
»Mir sind bisher drei weitere Fälle bekannt«, erwiderte Jack. »Ich rufe Sie morgen früh wieder an«, versprach Nicole und legte auf.
Als Jack den Hörer auflegte, fiel ihm auf, daß seine Hand zitterte. Er atmete ein paarmal flach tief durch und überlegte, was er als nächstes tun sollte. Nach Hause wollte er lieber nicht gehen; er hatte keine Ahnung, wie Warren den Tod von Slam aufgenommen hatte, und wollte ihm vorerst lieber aus dem Weg gehen. Außerdem befürchtete er, daß womöglich wieder ein Killer auf ihn angesetzt war.
Das unverhoffte Klingeln des Telefons riß ihn jäh aus seinen Gedanken. Er griff zum Hörer, nahm ihn aber nicht gleich ab. Erschrocken überlegte er, wer wohl jetzt noch etwas von ihm wollte. Da es schon ziemlich spät war, kamen ihm die verrücktesten Ideen. Konnte das der Mann sein, der ihn am Nachmittag hatte umbringen wollen? Schließlich faßte er sich ein Herz und nahm ab.
»Du hattest versprochen, mich anzurufen«, sagte Terese vorwurfsvoll. »Du hast mich doch nicht etwa vergessen, oder?«
»Ich habe die ganze Zeit telefoniert«, entschuldigte sich Jack. »Gerade in dieser Sekunde habe ich den Hörer aufgelegt.«
»Ist schon okay. Aber ich warte schon seit einer Stunde darauf, daß wir essen gehen. Wie wär’s, wenn du dich jetzt aufmachst und wir uns gleich im Restaurant treffen?«
»O Gott, Terese«, stammelte er. Inzwischen war so viel passiert, daß er die Verabredung vollkommen vergessen hatte. »Erzähl’ mir bitte nicht, daß du nicht kommen willst.«
»Ich habe einen furchtbaren Tag hinter mir.«
»Da geht es mir nicht anders«, konterte Terese. »Heute morgen hast du mir versprochen, daß wir zusammen essen gehen. Außerdem mußt du sowieso etwas zu dir nehmen. Warst du heute mittag in der Kantine?«
»Nein.«
»Siehst du. Du kannst doch nicht erst dein Mittag- und dann auch noch dein Abendessen ausfallen lassen. Nun komm schon! Du kannst ja danach noch ein bißchen weiterarbeiten. Vielleicht muß ich nachher noch einmal in die Agentur.« Eigentlich hatte Terese recht. Irgend etwas mußte er essen, auch wenn er nicht den geringsten Hunger verspürte. Und ein wenig abzuschalten würde ihm sicher auch guttun. Außerdem wußte er inzwischen, wie hartnäckig Terese sein konnte; sie würde sich niemals mit einem Nein zufrieden geben, und er hatte einfach nicht mehr die Kraft, mit ihr zu streiten.
»Überlegst du noch?« sagte sie ungeduldig. »Jack, bitte! Ich habe mich den ganzen Tag darauf gefreut, dich zu sehen. Wäre es nicht nett, wenn wir uns gegenseitig unsere Horrorgeschichten erzählen und dann entscheiden, wer von uns beiden den schlimmeren Tag hatte?«
Jack wurde schwach. Er konnte die Sorge, daß er sie womöglich allein durch seine Nähe in Gefahr brachte, nicht ganz unterdrücken, doch wer sollte ihn schon um diese Uhrzeit noch verfolgen? Und falls doch wieder
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