Montgomery u Stapleton 02 - Das Labor
ergründen«, sagte er. »Das ist meine Aufgabe. Sie hingegen sind lediglich Leichenbeschauer…«
»Moment mal«, fuhr Jack dazwischen. »Ich bin Gerichtsmediziner und habe eine Facharztausbildung zum Pathologen absolviert. Als Mediziner sollten Sie das eigentlich wissen.«
»Der springende Punkt ist doch, daß Sie sich sowohl während Ihrer Ausbildung als auch im Rahmen Ihrer täglichen Arbeit mit Toten befassen, und nicht mit dem Ursprung von Krankheiten.«
»Jetzt liegen Sie schon wieder falsch«, sagte Jack. »Wir beschäftigen uns zwar mit den Toten, aber doch nur, weil diese uns Lebenden etwas mitteilen können. Unser Ziel ist es, dem Tod vorzubeugen.«
»Ich weiß wirklich nicht, wie ich mich noch klarer ausdrücken soll«, schnaubte Clint aufgebracht. »Sie haben uns mitgeteilt, daß ein Mann an Pest gestorben ist. Wir wissen das zu schätzen und haben uns nicht in Ihre Arbeit eingemischt. Jetzt ist es aber einzig und allein meine Aufgabe herauszufinden, wie er sich angesteckt hat.«
»Ich will Ihnen doch nur helfen«, versuchte Jack ihn zu beruhigen.
»Wenn ich Ihre Hilfe benötige, dann melde ich mich bei Ihnen, vielen Dank«, erwiderte Clint und marschierte entschlossenen Schrittes in Richtung Zimmer 707 davon. Jack sah ihm nach, bis sich hinter ihm lautes Stimmengewirr erhob. Kelley hatte den Mehrzweckraum verlassen und war sofort von den Leuten umringt worden, die er vorhin zu beruhigen versucht hatte. Jack fand es beeindruckend, wie schnell Kelley sein Plastikgrinsen wieder aufgesetzt hatte und mit welchem Geschick er all den drängenden Fragen auswich. Innerhalb weniger Sekunden war er über den Flur in Richtung Fahrstuhl entschwunden und eilte zurück in die Geborgenheit seines Büros. Dr. Zimmerman und Dr. Wainwright traten nun ebenfalls in den Flur; sie waren in ein angeregtes Gespräch vertieft. Kathy McBane kam allein heraus. Jack fing sie ab. »Tut mir leid, daß ich so schlechte Nachrichten überbringen mußte«, begann er.
»Sie müssen sich nicht entschuldigen«, erwiderte Kathy. »Meiner Meinung nach sind wir Ihnen zu größtem Dank verpflichtet.«
»Die Angelegenheit ist wirklich bedauerlich«, sagte Jack. »Es ist das Schlimmste, was ich bisher als Mitglied des Ausschusses für die Überwachung von Infektionskrankheiten erlebt habe«, sagte sie. »Im vergangenen Jahr hatten wir einen Ausbruch von Hepatitis B; das war schon schlimm genug. Daß ich jemals etwas mit der Pest zu tun haben würde, hätte ich nicht im Traum für möglich gehalten.«
»Welche Erfahrungen hat denn das Manhattan General bisher mit Nosokomialinfektionen gemacht?« fragte Jack. Kathy zuckte mit den Schultern. »Bei uns ist es wohl in etwa so wie in jeder anderen größeren Klinik«, gestand sie. »Wir hatten mehrfach Probleme mit Penizillin-resistenten Staphylokokken. Vor einem Jahr hatten wir sogar mit Klebsiella-Bakterien zu tun, die sich in einem Kanister mit Operationsseife breitgemacht hatten. Etliche Patienten haben an postoperativen Wundinfektionen gelitten, bis wir die Bakterien schließlich entdeckt haben.«
»Wie sieht es mit Lungenentzündung aus?« wollte Jack wissen. »Der Pesttote litt unter Pneumonie.«
»Oh ja, davon können wir ebenfalls ein Lied singen«, seufzte Kathy. »In den meisten Fällen durch Pseudomonas verursacht, aber vor zwei Jahren hatten wir auch einen Ausbruch von Legionella pneumophila.«
»Davon habe ich gar nichts gehört«, rief Jack erstaunt. »Wir haben die Sache für uns behalten«, erklärte Kathy. »Zum Glück ist niemand gestorben. Aber auf unserer chirurgischen Intensivstation hat es vor fünf Monaten einen viel dramatischeren Zwischenfall gegeben. Aufgrund von Enterobakterien haben wir drei Patienten verloren. Wir mußten damals die ganze Abteilung schließen, bis sich schließlich herausstellte, daß ein paar von den Zerstäubern kontaminiert waren.«
»Kathy!« rief eine scharfe Stimme aus dem Hintergrund. Jack und Kathy drehten sich abrupt um und erblickten Dr. Zimmerman.
»Diese Informationen sind streng vertraulich«, wies sie Kathy zurecht.
Kathy wollte etwas erwidern, überlegte es sich dann aber anders. »Wir haben jede Menge Arbeit vor uns, Kathy«, sagte Dr. Zimmerman. »Kommen Sie bitte mit in mein Büro.« Plötzlich allein gelassen, überlegte Jack, was er als nächstes tun sollte. Für einen Augenblick erwog er, noch einmal in Zimmer 707 zu gehen, doch nach der Tirade, mit der Clint ihn überzogen hatte, hielt er es für ratsam, den Mann in
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