Montgomery u Stapleton 02 - Das Labor
Manhattan General gearbeitet?« fragte Jack. »Seit einundzwanzig Jahren.«
»Hat sie jemals unter Krankheiten gelitten, die sie sich ihrer Meinung nach im Krankenhaus eingefangen hatte?«
»Höchstens wenn eine von ihren unmittelbaren Kolleginnen eine Erkältung hatte«, antwortete Harry. »Ansonsten war sie eigentlich nie ernsthaft krank.«
»Vielen Dank, Mr. Mueller«, beendete Jack das Gespräch. »Es war sehr freundlich von Ihnen, daß Sie mit mir geredet haben.«
»Es wäre bestimmt in Katherines Sinn gewesen, Ihnen bei der Klärung des Pestausbruchs zu helfen«, entgegnete Harry. »Sie war ein guter Mensch.«
Jack legte auf, ließ seine Hand aber auf dem Hörer liegen und trommelte mit den Fingern. Er war ziemlich aufgewühlt. »Niemand, mich eingeschlossen, hat auch nur den geringsten Schimmer, was hier eigentlich vor sich geht«, sagte er.
»Stimmt«, pflichtete Chet ihm bei. »Aber du solltest dir nicht den Kopf darüber zerbrechen. Immerhin ist ja inzwischen die Kavallerie zur Unterstützung angerückt. Wie ich gehört habe, war der Epidemiologe der Stadt heute morgen hier, um den Obduktionen höchstpersönlich beizuwohnen.«
»Er war hier, das stimmt«, entgegnete Jack. »Aber aus reiner Verzweiflung. Dieser kleine Blödmann hat nicht die geringste Ahnung, worum es geht. Gott sei Dank hat das Center for Disease Control einen Experten aus Atlanta hergeschickt - sonst würde überhaupt nichts passieren.«
Plötzlich sprang er auf und zog sich seine Bomberjacke an. »Oje!« rief Chet. »Sieht ja ganz so aus, als wolltest du dich wieder in Schwierigkeiten bringen. Wo gehst du hin?«
»Ich muß noch mal ins Manhattan General«, erwiderte Jack. »Mein sechster Sinn sagt mir, daß wir in der Klinik nach dem entscheidenden, noch fehlenden Hinweis suchen müssen. Ich schwöre dir, ich werde der Sache auf die Spur kommen.«
»Und was ist, wenn Bingham etwas von dir will?«
»Erzähl ihm irgendeine Geschichte. Und wenn ich zu spät zur Donnerstagskonferenz komme, sag einfach…« Jack stockte, weil ihm ad hoc keine passende Ausrede einfiel. »Ach, vergiß es«, sagte er dann. »Ich werde nicht lange weg sein. Bis zur Konferenz bin ich längst zurück. Wenn jemand für mich anruft, sag einfach, daß ich auf dem Klo bin.«
Er ignorierte Chets Versuche, ihn umzustimmen, und radelte zum Manhattan General. In weniger als fünfzehn Minuten hatte er die Klinik erreicht und kettete sein Fahrrad an demselben Straßenschild fest wie am Tag zuvor.
Er fuhr in die siebte Etage und erkundete die Lage. Wie er feststellte, waren die Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe und die Innere Abteilung vollkommen voneinander getrennt; es gab weder gemeinsame Aufenthaltsräume noch gemeinsame Waschräume oder Toiletten. Er untersuchte auch das Belüftungssystem und fand heraus, daß ein Luftaustausch zwischen den beiden Abteilungen ausgeschlossen war. Schließlich stieß er die Pendeltür zur Gynäkologischen Abteilung auf und steuerte auf den Empfang zu. »Entschuldigen Sie bitte«, wandte er sich an den Stationssekretär. »Können Sie mir vielleicht sagen, ob das Personal, das in dieser Abteilung arbeitet, auch in der Inneren Abteilung eingesetzt wird?«
»Nein, nicht daß ich wüßte«, erwiderte der junge Mann. Er sah aus wie fünfzehn, doch seine Gesichtshaut verriet, daß er sich schon rasieren mußte. »Mit Ausnahme der Raumpfleger natürlich. Die putzen ja im gesamten Krankenhaus.«
»Ein guter Hinweis«, bemerkte Jack. Dann fragte er den jungen Mann, in welchem Zimmer Susanne Hard gelegen hatte. »Dürfte ich fragen, warum Sie das wissen wollen?« Inzwischen war dem jungen Mann aufgefallen, daß an Jacks Kleidung der obligatorische Krankenhausanstecker fehlte. Wie in jedem Krankenhaus waren die Mitarbeiter des Manhattan General verpflichtet, Namensschildchen zu tragen, doch es kümmerte sich kaum jemand darum, ob diese Vorschrift auch eingehalten wurde. Jack holte seine Marke des Gerichtsmedizinischen Instituts hervor und hielt sie dem Angestellten unter die Nase, woraufhin dieser sofort mit der gewünschten Information herausrückte. Mrs. Hard, so teilte er Jack mit, habe in Zimmer 742 gelegen. Jack machte sich sofort auf den Weg, doch der Sekretär rief ihm hinterher, er könne den Raum nicht betreten, der sei vorübergehend versiegelt.
In der Annahme, daß es sowieso nicht viel gebracht hätte, das Krankenzimmer zu besichtigen, fuhr Jack hinunter in den dritten Stock. Hier befanden sich die
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