Montgomery u Stapleton 02 - Das Labor
Operationssäle, der Aufwachraum, die Intensivstation und das Zentralmagazin. Die Atmosphäre war hektisch; ständig wurden Patientenbetten über die Flure geschoben.
Durch eine Pendeltür betrat Jack das Zentralmagazin und steuerte auf die Rezeption zu, die jedoch nicht besetzt war. Hinter dem Empfangstisch erstreckte sich ein gewaltiges Labyrinth von Metallregalen, die vom Boden bis an die Decke reichten. Hier wurden die diversen Vorräte und Ausstattungsgegenstände aufbewahrt, die ein großes, ausgelastetes Krankenhaus für den alltäglichen Betrieb benötigte. Zwischen den verwinkelten Regalen huschten Angestellte in weißen Kitteln hin und her. Sie trugen Kappen, die wie Duschhauben aussahen. Im Hintergrund dudelte irgendwo ein Radio.
Nachdem Jack ein paar Minuten am Empfang gewartet hatte, wurde er endlich von einer robusten, energisch wirkenden Frau wahrgenommen, die sofort auf ihn zukam. Auf ihrem Namensschild stand: »Gladys Zarelli, Abteilungsleiterin«. Sie fragte, ob sie ihm helfen könne.
»Ich möchte ein paar Erkundigungen über Katherine Mueller einholen«, sagte Jack.
»Gott möge ihre Seele in Frieden ruhen lassen«, murmelte Gladys vor sich hin und bekreuzigte sich. »Es ist furchtbar, daß sie sterben mußte.«
Jack stellte sich vor. Dann fragte er, ob sie und ihre Mitarbeiter sich Sorgen machten, weil Katherine an einer Infektionskrankheit gestorben war.
»Natürlich haben wir Angst«, erwiderte sie. »Wie sollte es auch anders sein? Wir arbeiten hier auf engstem Raum zusammen. Aber was sollen wir tun? Wenigstens scheint sich das Krankenhaus ebenfalls Sorgen zu machen. Man hat uns Antibiotika verordnet, und Gott sei Dank ist aus meiner Abteilung noch niemand krank geworden.«
»Können Sie sich erinnern, ob hier schon mal etwas Ähnliches vorgekommen ist?« fragte Jack. »Sehen Sie, gestern, also genau einen Tag bevor Katherine gestorben ist, hat es im Manhattan General einen Pesttoten gegeben. Katherine könnte sich also durchaus hier in der Klinik angesteckt haben. Ich will Ihnen keine Angst einjagen - aber das sind nun mal die Fakten.«
»Wir sind uns dessen sehr wohl bewußt«, entgegnete Gladys. »Aber hier im Zentralmagazin erleben wir so etwas zum erstenmal. Natürlich mag es hin und wieder mal eine Krankenschwester erwischt haben, aber im Zentralmagazin - nein, das gab es noch nie.«
»Haben Sie oder ihre Mutter gelegentlich Kontakt zu Patienten?« fragte Jack weiter.
»Eigentlich nie«, erwiderte Gladys. »Hin und wieder geht mal jemand hinauf auf eine der Stationen, aber mit den Patienten haben wir eigentlich nie etwas zu tun.«
»Welche Art von Arbeiten hat Katherine in der Woche vor ihrem Tod erledigt?« wollte Jack wissen. »Da muß ich erst nachsehen«, sagte Gladys und gab Jack mit einem Wink zu verstehen, daß er ihr folgen solle. Sie führte ihn in ein winziges, fensterloses Büro und öffnete einen großen, in Leinen gebundenen Terminplaner.
»Wir nehmen es mit den Aufgabenzuweisungen nicht allzu genau«, erklärte sie, während sie ihren Finger über eine Reihe von Namen gleiten ließ. »Wir springen immer füreinander ein, wenn irgendwo Not am Mann ist. Allerdings achte ich darauf, den dienstälteren Kollegen für bestimmte Aufgaben die Grandverantwortung zu übertragen.« Ihr Finger stoppte und fuhr dann nochmals über die Seite. »Okay, Katherine war in der besagten Woche im großen und ganzen für die Belieferung der Stationen zuständig.«
»Was heißt das im einzelnen?«
»Das heißt, sie mußte die verschiedenen Abteilungen mit sämtlichen benötigten Ausrüstungsgegenständen beliefern«, erklärte Gladys. »Wobei Medikamente und ähnliche Dinge ausgenommen sind. Die kommen aus der Apotheke.«
»Sie meinen also die Sachen, die in den Krankenzimmern benötigt werden?« hakte Jack nach.
»Ja natürlich, aber nicht nur Sachen für die Krankenzimmer, auch alles, was die Schwestern brauchen«, erwiderte Gladys. »Es kommt alles hier aus dem Magazin. Ohne uns würde der Krankenhausbetrieb binnen vierundzwanzig Stunden zum Erliegen kommen.«
»Geben Sie mir doch einfach mal ein Beispiel, womit sie die einzelnen Krankenzimmer versorgen«, forderte Jack sie auf. »Ich sagte Ihnen doch schon - mit einfach allem«, wiederholte Gladys leicht gereizt. »Bettpfannen, Thermometer, Luftbefeuchter, Kissen, Krüge, Seife…«
»Sie können Ihrer Liste nicht zufällig entnehmen, ob Katherine in der vergangenen Woche auf der siebten Etage etwas persönlich abgeliefert
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