Montgomery u Stapleton 02 - Das Labor
hat?«
»Nein«, versicherte Gladys. »Das halten wir nicht fest. Ich könnte Ihnen allerdings eine Liste ausdrucken mit allem, was wir dorthin geliefert haben. Darüber führen wir genauestes Buch.«
»Gut«, sagte Jack. »Ich nehme, was ich kriegen kann.«
»Es wird aber jede Menge Zeug sein«, warnte Gladys, während sie ihr Computerprogramm startete. »Interessieren Sie sich für die Gynäkologie oder für die Innere Abteilung oder für beides?«
»Die Innere Abteilung genügt mir.«
Gladys nickte und hackte auf der Tastatur herum. Es dauerte nicht lange, bis ihr Drucker losratterte. Ein paar Minuten später überreichte sie Jack einen Stapel Blätter, die er sofort überflog. Gladys hatte recht gehabt: Auf der Liste waren unzählige Artikel aufgeführt. Jack bewunderte die logistische Leistung, die Gladys und ihre Kollegen vollbringen mußten, damit der Klinikbetrieb reibungslos funktionierte.
Schließlich verabschiedete er sich und verließ das Magazin, um noch einmal im Labor vorbeizuschauen. Sein Inneres sagte ihm, daß irgendeine wichtige Information fehlte. Leider hatte er keine Ahnung, wo er suchen sollte.
Er wandte sich an die Empfangsdame, der er bereits am Tag zuvor seine Marke gezeigt hatte; bereitwillig erklärte sie ihm den Weg zum Labor für Mikrobiologie. Ohne von irgend jemandem behelligt zu werden, marschierte er durch das riesige Labor. Mit einem komischen Gefühl ging er an all den beeindruckenden Apparaturen vorbei, die unbeaufsichtigt auf Hochtouren liefen. Dabei fielen ihm die Klagen des Labordirektors über Personaleinsparungen ein.
Nancy Wiggins stand an ihrer Laborbank; sie war gerade dabei, Bakterienkulturen auszuplattieren.
»Hallo, wie steht’s?« fragte Jack. »Erinnern Sie sich an mich?« Nancy sah kurz auf und widmete sich wieder ihrer Arbeit. »Natürlich.«
»Beim zweiten Pestfall haben Sie ja ganz schön schnell die richtige Diagnose gestellt«, begann er. »Hut ab.«
»Ist ja auch einfach, wenn man schon einen Verdacht hat«, entgegnete Nancy. »Beim dritten Fall ist es uns wohl nicht so gut gelungen.«
»Genau danach wollte ich Sie fragen«, fuhr Jack fort. »Wie sah die Gram-Färbung aus?«
»Ich habe sie nicht gemacht«, sagte Nancy. »Beth Holderness hat den Test durchgeführt. Wollen Sie mit ihr reden?«
»Ja, gern.«
Nancy rutschte von ihrem Hocker und verschwand. Jack nutzte die Gelegenheit und sah sich ein wenig um. Er war beeindruckt. In den meisten Mikrobiologie-Labors herrschte eine immer gleichbleibende Unordnung. Doch hier schien alles absolut effizient zu funktionieren. Alles schien an seinem Platz zu sein, und es blitzte vor Sauberkeit. »Hallo, ich bin Beth!«
Jack drehte sich um und blickte in das Gesicht einer lächelnden, aufgeschlossenen Frau, die Mitte Zwanzig sein mußte. Sie hatte eine Ausstrahlung wie ein Cheerleader, ihr Eifer wirkte regelrecht ansteckend. Ihr dauergewelltes Haar stand widerspenstig ab und sah aus, als wäre es elektrisch geladen, Jack stellte sich vor und fühlte sich sofort von Beths Offenheit in den Bann gezogen. Sie war eine der nettesten Frauen, die er je kennengelernt hatte.
»Ich nehme mal an, Sie sind nicht zum Quatschen hergekommen«, sagte Beth. »Wie ich gehört habe, interessieren Sie sich für die Gram-Färbung, die wir im Fall Susanne Hard vorgenommen haben. Kommen Sie. Ich habe schon alles vorbereitet, damit Sie sich den Test selbst ansehen können.« Beth packte Jack am Ärmel und zog ihn ein Stück weiter zu ihrem Arbeitsplatz. Ihr Mikroskop war bereits eingerichtet; der Objektträger mit Susanne Hards Probe war an seinem Platz, und die Beleuchtung war eingeschaltet.
»Setzen Sie sich hierhin«, sagte Beth. »Ist es gut so? Oder ist der Hocker zu hoch?«
»Es ist wunderbar«, erwiderte Jack und beugte sich vor, um einen Blick durch die Okulare zu werfen. Es dauerte einen Augenblick, bis sich seine Augen an das Mikroskop gewöhnt hatten. Schließlich konnte er erkennen, daß sich in dem Ausschnitt jede Menge rötlich gefärbte Bakterien befanden.
»Achten Sie auch darauf, wie unterschiedlich die Mikroben geformt sind«, ertönte aus dem Hintergrund eine männliche Stimme.
Jack sah auf. Richard, der leitende Laborassistent, war plötzlich aufgetaucht und stand dicht neben ihm. »Ich will Ihnen bestimmt nicht zur Last fallen«, sagte Jack. »Sie fallen uns doch nicht zur Last«, entgegnete Richard. »Ganz im Gegenteil - ich würde gern Ihre Meinung zu diesem Fall hören. Wir haben noch immer keine
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