Montgomery u Stapleton 02 - Das Labor
ja gehört, was mein Chef gesagt hat. Wenn er nach der undichten Stelle forschen sollte, würde alles auf mich zurückfallen.«
»Sie stehen nicht auf Werbung im Gesundheitswesen - und ich stehe nicht auf politische Ränkeleien im Gesundheitswesen«, erklärte Terese. »Das war das Wort zum Sonntag«, bemerkte Jack abschließend.
16. Kapitel
Freitag, 22. März 1996, 6.30 Uhr
Obwohl Jack nun zweimal hintereinander viel später ins Bett gegangen war als sonst, war er an diesem Morgen bereits um halb sechs hellwach gewesen und hatte über den kuriosen Zufall gegrübelt, daß inmitten einer Reihe von Pestfällen nun auch noch ein Fall von Tularämie aufgetreten war. Und dann war auch noch er es gewesen, der die Diagnose gestellt hatte. Das war mit Sicherheit die zehn Dollar und fünfundzwanzig Cents wert, die Calvin und Laurie ihm jetzt schuldeten.
Er war so aufgewühlt, daß es ihm schier unmöglich schien, noch einmal einzuschlafen. Also stand er auf, frühstückte und saß schon vor sechs Uhr auf seinem Fahrrad. Da um diese Zeit weniger Autos unterwegs waren, erreichte er das Institut in einer Rekordzeit. Als erstes ging er in den ID-Raum und sah nach, ob Laurie und Vinnie schon eingetroffen waren, dann klopfte er an die Tür von Janice Jaegers Büro. Sie schien in Arbeit zu versinken. »Was für eine Nacht!« stöhnte sie. »War viel los?« fragte Jack.
»Das kann man wohl sagen. Es sind noch mehr Infektionsfälle reingekommen. Was ist nur los im Manhattan General?«
»Wie viele Fälle haben Sie?«
»Drei«, sagte Janice. »Und bei keinem ist die Untersuchung auf Pest positiv ausgefallen - obwohl bei allen Pestverdacht bestanden hat! Bei allen drei Opfern ist die Krankheit rasant schnell verlaufen. Zwölf Stunden, nachdem die ersten Symptome aufgetreten waren, waren sie alle tot. Es ist wirklich unheimlich.«
»Das war bei allen Infektionsopfern der letzten Tage so«, bemerkte Jack.
»Glauben Sie, daß es sich bei den drei neuen Fällen ebenfalls um Tularämie handelt?« fragte Janice.
»Gut möglich«, sagte Jack. »Vor allem, wenn die Pestuntersuchung negativ ausgefallen ist. Sie haben doch mit niemandem über die Diagnose im Fall Susanne Hard gesprochen, oder?«
»Nein. Obwohl ich mir fast die Zunge abbeißen mußte. Aber ich habe ja schon öfter die schmerzliche Erfahrung gemacht, daß ich nur dazu da bin, Informationen einzuholen und dann meinen Mund zu halten.«
»Die gleiche Lektion habe ich gestern auch lernen müssen«, versuchte Jack sie zu trösten. »Sind Sie mit den drei Akten fertig?«
»Ja, die können Sie mitnehmen.«
Mit den Mappen unterm Arm ging Jack zurück in den ID-Raum. Da Vinnie noch immer nicht da war, kochte er erst einmal Kaffee. Dann setzte er sich an den Tisch und begann, die Akten zu studieren.
Ihm fiel sofort etwas Merkwürdiges ins Auge. Bei dem ersten Fall handelte es sich um die zweiundvierzigjährige Maria Lopez. Die Frau hatte im Zentralmagazin des Manhattan General gearbeitet! Doch nicht nur das - sie hatte in der gleichen Schicht gearbeitet wie Katherine Mueller! Jack schloß die Augen und überlegte, wie sich zwei Mitarbeiterinnen des Zentralmagazins mit zwei unterschiedlichen, tödlich verlaufenden Infektionskrankheiten hatten anstecken können. Das konnte kein Zufall sein. Vor seinem geistigen Auge rief er sich noch einmal das Zentralmagazin in Erinnerung. Er stellte sich die Regale und Gänge und sogar die Dienstkleidung der Angestellten vor. Aber es kam ihm absolut nicht in den Sinn, auf welche Art und Weise sie mit den ansteckenden Bakterien in Berührung gekommen sein konnten. Das Zentralmagazin hatte nichts mit der Entsorgung von Krankenhausabfällen oder der benutzten Wäsche zu tun; und die Abteilungsleiterin hatte ihm versichert, daß ihre Mitarbeiter so gut wie nie Kontakt mit Patienten hatten.
Jack las den Ermittlungsbericht zu Ende. Seit dem Fall Nodelman fügte Janice automatisch Informationen über Haustiere, Reisegewohnheiten und empfangene Gäste hinzu. Bei Maria Lopez schien keiner dieser drei Faktoren eine Rolle gespielt zu haben. Nun klappte er die zweite Akte auf, Joy Hester. Dieser Fall erschien ihm längst nicht so geheimnisvoll. Die Frau war Schwester in der Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe gewesen und mehrfach mit Susanne Hard in Berührung gekommen, und zwar sowohl vor als auch nach dem Ausbruch von Susannes ersten Krankheitssymptomen. Das einzige, was Jack stutzig machte, war, daß er sich erinnerte, gelesen zu
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