Monuments Men
Telefon, aber es ist wichtig, George. Vielleicht wichtiger als Siegen.«
Während Hancock die Mine in Bernterode erkundete, saß Emmerich Pöchmüller, der Generaldirektor von Altaussee, in seinem Büro im Salzbergwerk. In der Hand hielt er eine Anweisung, die er gerade mit der Maschine getippt hatte; darunter stand seine Unterschrift. Seinen eigenen Namen hier zu sehen, das bedrückte ihn.
Es widerstrebte ihm, die Anweisung abzuschicken, aber er sah keine andere Möglichkeit. Nachdem er sich wochenlang darum bemüht hatte, war ihm die Verantwortung für das weitere Schicksal des Salzbergwerks übertragen worden, doch diese Bevollmächtigung war nicht durch Eigruber erfolgt. Sie kam von einem niederen Museumsangestellten, der aufgrund von Informationen aus dritter Hand tätig geworden war, angeblich von Martin Bormanns Assistenten Helmut von Hummel in Berchtesgaden. Es handelte sich bestenfalls um eine Bevollmächtigung nach Hörensagen, vielleicht sogar um eine völlig frei erfundene. Wenn Pöchmüllers Anweisung Eigruber in die Hände fiel, würde der Gauleiter dies als Befehlsverweigerung betrachten, und das würde Pöchmüllers Verhaftung bedeuten – wenn nicht sogar seine sofortige Erschießung. Doch solange der wahnsinnige Eigruber das Sagen hatte und aus dem abgeschnittenen Berlin keine Instruktionen kamen, war Altaussee verloren. Es musste etwas geschehen. Als Pöchmüller zum Büro von Otto Högler ging, dem Chefingenieur der Saline, konnte er sich des Gedankens nicht erwehren, dass er sein eigenes Todesurteil bei sich trug.
»Neue Anweisungen«, sagte Pöchmüller und reichte Högler das Blatt Papier. »Ich fahre nach Bad Ischl. Warten Sie nicht auf meine Rückkehr.« 254
28. April 1945
Herrn Bergrat
Högler Salzberg Altaussee
Betr.: Bergung
Sie werden hiermit angewiesen, im Einvernehmen mit dem Bergungsbeauftragten Dr. Seiberl die in letzter Zeit eingelagerten Kisten mit Marmor aus der Grube zu entfernen und übertags an einem Ihnen zur vorübergehenden Einlagerung geeignet erscheinenden Schupfen zu lagern.
Sie werden ferner angewiesen, die abgesprochenen Lähmungsarbeiten so rasch wie möglich durchzuführen. Der Zeitpunkt der Lähmung wird Ihnen ausschließlich von mir persönlich überbracht werden.
Der Generaldirektor
gez. Dr. Pöchmüller
Am selben Tag, dem 28. April 1945, berichtete die amerikanische Soldatenzeitung Stars and Stripes, dass die 7. US-Armee Kempten erreicht habe, eine Stadt, die nicht weit von Schloss Neuschwanstein entfernt liegt. Auf eine solche Nachricht hatte James Rorimer seit seiner Abreise aus Paris gewartet. Er bat sofort telefonisch um eine Bestätigung, doch der zuständige Major erklärte ihm, dass die Meldung in der Zeitung nicht korrekt sei. »Aber wenn etwas Wahres dran ist«, beharrte Rorimer, »dann müssen unsere Truppen bald in Neuschwanstein sein. In diesem Schloss lagern unschätzbar wertvolle Kisten mit Beutekunst aus Frankreich. Ich bin ihnen seit Monaten auf der Spur. Ich muss so früh wie möglich dort sein. Sie müssen mich schnellstmöglich hinbringen.« 255
»Wir werden tun, was wir können, Sir.«
Wenn sein Drängen etwas verzweifelt wirkte, lag dies daran, dass Rorimer eine Woche nach seiner Abreise aus Heilbronn einen Schnellkurs bezüglich der Arbeit des Kulturgüterschutzes erhalten hatte. Einerseits hatte er den berühmten Riemenschneider-Altar unversehrt in einem feuchten Lager in Rothenburg ob der Tauber entdeckt, das aufgrund seiner weitgehend erhaltenen mittelalterlichen Altstadt eine der bekanntesten Städte Deutschlands war. Er hatte sogar den Offizier der Militärverwaltung dazu bewegen können, den Altar aus dem feuchtkalten Keller abtransportieren zu lassen. Und hoch zufrieden hatte er der Presse erklärt, dass die Beschädigungen der Stadt stark übertrieben dargestellt worden seien.
Ein paar Tage später hätte ihm das Fehlen einer wichtigen Information zum Verhängnis werden können, als er bei einem Einsatz in einem Kunstdepot des ERR feststellen musste, dass die Brücke über den Kocher in die Luft gesprengt worden war. Das Gebiet befand sich noch teilweise unter deutscher Kontrolle, aber das hielt Rorimer nicht davon ab, nach einer anderen Möglichkeit zur Überquerung des Flusses zu suchen. Leider verfuhr sich sein Fahrer später in den dichten deutschen Wäldern. Als es dunkel wurde, erkannten die beiden Männer, dass sie den Weg zurück zur Hauptstraße nicht mehr finden würden. Zweimal passierten sie dasselbe in
Weitere Kostenlose Bücher