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Moonshine - Stadt der Dunkelheit

Moonshine - Stadt der Dunkelheit

Titel: Moonshine - Stadt der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alaya Johnson
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wo ich war. Ich wusste nicht, wie lange ich das hier noch aushalten würde – ich wusste es wirklich nicht. Die Drohungen, die Kämpfe, die Verletzungen, das erbarmungslose Erkanntwerden, dazu die nagende Sorge um Amirs Sicherheit. Vielleicht war der einzige Silberstreif am Horizont diese seltsame, zarte, zögerliche Anziehung, die Amir und ich füreinander empfanden. Allerdings vertraute ich ihm nicht oder vielmehr kannte ich ihn nicht gut genug, um wissen zu können, wie viel es ihm bedeutete, wie es sich entwickeln und zu welchem Ende es kommen würde.
    »Auch auf die Gefahr hin, dass ich etwas Offensichtliches ausspreche, Zephyr«, murmelte ich, »er ist ein Dschinn. Ein vierhundert Jahre alter Dschinn, dessen Vorstellung einer gemeinschaftlichen Bewegung die Fruchtfolge in der Landwirtschaft ist.« Selbst wenn wir Rinaldo fanden und damit hoffentlich stoppen konnten, was auch immer Amirs Anfälle auslöste – was dann? Würde er mein Freund sein? Würde er mich ausführen? Ich musste spontan lachen, was mein Hals mir übelnahm. Warum machte mich das so traurig? »Ihr seid nicht von derselben Art«, würde Daddy jetzt sagen, woraufhin ich ihn anbrüllen und darauf beharren würde, dass es egal sei. Doch war es das wirklich?
     
    Ich wusste, dass ich schrecklich aussah, als ich in Amirs Apartment eintraf, aber ich konnte es nicht ändern. Wenigstens hatte ich die Tränen von meinen Wangen gewischt. Vielleicht brauchte ich einfach nur Urlaub, zum Beispiel eine Fahrt zu einem reizenden Strandhaus am Ufer von Jersey. Herrliche Morgen, die ich damit verbrachte, auf der Veranda Groschenromane zu lesen, und Abende, an denen ich im Gemeindezentrum tanzte. Außerdem mindestens zwölf Stunden Schlaf pro Nacht.
    Er saß auf der Couch und unterhielt sich lachend mit einer Frau, die mir den Rücken zugewandt hatte. Ich bin gewiss nicht eifersüchtig, wirklich nicht, doch ich fühlte mich traurig und verwirrt und ein bisschen in meinem Pessimismus bestärkt, was unsere Beziehung betraf.
    Beinahe hätte ich mich geräuspert, aber dann besann ich mich eines Besseren. »Soll ich später noch mal wiederkommen?«, fragte ich und wünschte mir, meine Stimme hätte nicht so verzweifelt und rauh geklungen.
    Amir drehte sich zu mir um, und sein geheimnisvoller Gast tat es ihm gleich.
    »Zephyr!«, rief meine Mutter aus. »Du siehst ja grauenvoll aus!«
    Ich verzog das Gesicht und wünschte, meine Schamesröte wäre nicht ganz so offensichtlich. »Mama, was machst du denn hier?«
    »Ich bin gekommen, um Amir zu besuchen«, erwiderte sie, als wären wir in Yarrow und Amir würde nur ein paar Häuser die Straße hinunter wohnen. »Und um mich bei ihm für sein reizendes Geschenk zu bedanken.«
    »Ja, es geht doch nichts über eine tödliche Waffe als Geste der Freundschaft.«
    »Kein Grund, sarkastisch zu sein, Zephyr«, entgegnete Mama.
    Ich seufzte und ließ mich ihnen gegenüber auf die Couch fallen. Amirs Miene war die personifizierte Unergründlichkeit. Ich konnte sehen, wie er die neuen Wunden an meinem Hals, den Höhlenstaub auf Lilys Kleidern und meine offensichtliche Anspannung registrierte. Ich fühlte mich wie ein Glas, das kurz vor dem Zerspringen war, und er konnte jeden noch so kleinen Haarriss sehen. Seine Hände zuckten, als wollte er sie nach mir ausstrecken, doch stattdessen fuhr er sich durchs Haar.
    »Süße, was ist mit dir passiert?«, fragte Mama. »Wie hast du dir diese blauen Flecke zugezogen?«
    Nervös blickte ich zu Amir, der viel zu interessiert an der Antwort auf diese Frage zu sein schien. Ich wusste, dass er sich Sorgen wegen meines Umgangs mit Nicholas machte, und sicher glaubte er, dass dieser Zwischenfall ihm recht gab.
    »Tja, ich … ich bin hingefallen.«
    Mama hob die Augenbrauen. »Zephyr.«
    »Jemand hat …« Ich hustete und zuckte zusammen. »Ich meine … Nicholas hat versucht, mich zu erwürgen, das ist alles.«
    Sie warf die Hände in die Luft. »Das ist doch einer dieser
Turn Boys
, oder? Die Kerle, die dein Vater umbringen will. Tja, Gott sei Dank …«
    »Du wirst dich nicht mehr mit ihm befassen müssen«, ergriff Amir das Wort und unterbrach Mama geschickt. »Ich habe Rinaldo gefunden.«
    Wir wandten uns beide um und starrten ihn an. Er wirkte vollkommen ungerührt, als hätte er gerade lediglich das Ergebnis des letzten Spiels der Yankees verkündet. Davon abgesehen war es das Erste, was er seit meiner Ankunft gesagt hatte.
    »Du … Tatsächlich? Wie? War es auf den Karten

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