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Moonshine - Stadt der Dunkelheit

Moonshine - Stadt der Dunkelheit

Titel: Moonshine - Stadt der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alaya Johnson
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verzeichnet?«
    Er nickte. »Es war ziemlich offensichtlich, als ich erst einmal wusste, wonach ich suchen musste.«
    Ich strahlte. »Das ist ja großartig! Oh, das ist wundervoll, Amir. Wo ist er? Wir müssen unseren Angriff möglichst schnell planen. Vielleicht sollten wir sogar Daddy und Troy um Hilfe bitten. Ich gebe es zwar nicht gern zu, aber die beiden wissen einfach, was in solchen Situationen zu tun ist.«
    Amirs Blick verfinsterte sich. »Zephyr …«
    »Na ja, Troy nervt wirklich«, sagte ich und lachte nervös. »Wir haben nicht …«
    »Du kannst mir nicht helfen.«
    »Was?«
    Er verschränkte die Hände hinter dem Kopf und zuckte die Achseln. »Du hast mich schon verstanden.«
    Ich bemerkte, wie ich aufstand – wie ein mittelalterlicher Ritter, dessen Ehre verletzt worden war. Ich war wütend, und Amir sah so ekelhaft gelassen aus. »Das hatten wir doch schon mal«, zischte ich.
    »Ich meine damit nicht, dass ich es nicht wollen würde, sondern dass du es nicht
kannst
. Das hier war nie dein Problem, Zephyr. Ich habe dich bezahlt, um zu helfen, und das hast du getan.«
    Ich konnte mir vorstellen, wie ich aussah: wie ein kleines Mädchen, dem man gerade gestanden hatte, dass sein Lieblingstier gestorben sei und dass das Tier es sowieso nie geliebt habe.
    Mama sah zwischen mir und Amir hin und her und erhob sich. »Ich sehe nur eben nach dem kleinen Judah«.
    »Judah ist hier? Was macht er hier?« Ich richtete die Frage an Mama, doch sie war schon im Flur verschwunden.
    »Ich dachte, ich bringe ihn noch mal zum
South-Ferry-
Anleger. Um herauszufinden, ob er sich bei Tageslicht vielleicht besser erinnern kann.«
    Ich konnte es nicht ertragen, ihn anzusehen. Er wusste, was er mir antat – es musste ihm bewusst sein –, doch er wirkte so geschäftsmäßig und ungerührt anziehend, dass ich mich bei der Frage ertappte, ob ich mir das, was in den letzten paar Tagen zwischen uns geschehen war, nur eingebildet hatte.
    »Du hast mich also bloß bezahlt, um zu helfen?«, flüsterte ich zornig. »Ich soll dir also glauben, dass das alles nicht mehr als eine verdammte geschäftliche Transaktion war? Ich verdanke das hier«, ich wies auf meine Kehle, »einer geschäftlichen Transaktion? Ich weiß, was das alles dir bedeutet, auch wenn du dich weigerst, es zuzugeben. Abgesehen davon brauchst du meine Hilfe noch immer.«
    Amir hob die Augenbrauen, blieb jedoch sitzen. »Hat dir schon mal wer gesagt, dass du für jemanden, der seine Zeit damit verbringt, anderen Gutes zu tun, sehr fordernd bist?« Ich öffnete den Mund, doch er winkte ab. »Bilde dir bloß nichts ein. Ich bin ein Dschinn, du bist nur ein Mensch. Meine Angelegenheiten mit Rinaldo gehen nur mich etwas an. Ich kann das alles viel besser über die Bühne bringen, wenn du mir nicht in die Quere kommst.«
    Ich würde nicht weinen. Auf keinen Fall. Aber ich konnte unmöglich stehen bleiben und gleichzeitig meine Tränen zurückhalten. Dazu hatte ich nicht die Kraft. Also biss ich mir auf die Zunge, bis ich Blut schmeckte, und setzte mich auf die Ecke seiner Couch.
    »Ich fürchte, ich habe da etwas missverstanden«, sagte ich und wünschte, meine Stimme würde genauso kühl klingen wie seine.
    »Zephyr, ich …« Seine Fassade schien plötzlich einen winzigen Riss bekommen zu haben. Auf einmal konnte ich Spuren der Verwirrung, Sorge und Zärtlichkeit erkennen, von denen ich gehofft hatte, dass sie immer noch da waren.
    »Es hat dir nichts bedeutet?«, flüsterte ich.
    Er beugte sich vor, so dass sein Duft meine Nase kitzelte. Tröstlich wie ein Kaminfeuer, wenn man aus der Kälte ins Haus kommt. »Ich kann dir darauf keine Antwort geben. Mein Verhalten war …« Er schüttelte den Kopf. »Warte eine Woche, Zeph. Wenn du kannst, frag mich dann noch mal.« Sein Blick wirkte entschlossen und traurig, ohne einen Hauch von Verführung.
    So lehnte ich mich zu ihm vor, um ihn zu küssen.
    »Onkel Amir, Winnie sagt, du willst einen Ausflug mit mir machen.«
    Ganz langsam lösten wir uns voneinander, als wäre die Hitze, die von ihm ausging, mit einem Mal klebrig geworden. Ich seufzte.
    Amir ging bereits lächelnd auf Judah zu. »Ja, sie hat recht«, sagte er und reichte dem Jungen die Hand.
    Wenn du kannst, frag mich dann noch mal.
    Ich begann zu zittern.
     
    Es war nicht nötig, trotzdem bestand ich darauf, die drei zu begleiten. Mama betrachtete die Fahrt als kleine Stadtrundfahrt, und da sie Amir und Judah zu mögen schien, gönnte ich ihr den Spaß.

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