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Moonshine - Stadt der Dunkelheit

Moonshine - Stadt der Dunkelheit

Titel: Moonshine - Stadt der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alaya Johnson
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ist.«
    »Es tut mir leid.«
    Er legte mir eine Hand auf die Schulter. Sie war schwerer, als ich erwartet hätte, und unbeholfen steif, als ob er nur über tröstlichen menschlichen Kontakt gelesen und ihn niemals wirklich ausgeübt hätte. »Sie sind ein bemerkenswerter Mensch«, sagte er. »Es ist nicht Ihre Schuld, dass Sie ihn nicht retten können.«
    Ich weinte nicht, als er verschwand, trotzdem umarmte Mama mich. Sie zog meinen Kopf an ihre Schulter und flüsterte die Art von Plattitüden, die man von Müttern erwartet.
    »Ich muss zum Unterricht«, murmelte ich, als ich mich schließlich von ihr löste. Es fühlte sich seltsam an, es auszusprechen. Nach allem, was geschehen war, musste ich zurück in die Chrystie-Elementary-Schule, um etwas so Alltägliches und Banales zu tun, wie Nachtkurse zu halten? Doch es war zu spät, um den Unterricht abzusagen – und die traurige Wahrheit war, dass ich, so schlimm auch alles war, nach wie vor essen musste. Amir würde noch ein paar Tage durchhalten, hatte Kardal gesagt. Ich würde eben später damit beginnen, die ganze verdammte Stadt zu durchsuchen.
    Mama nickte. »Ruf uns an, wenn du irgendetwas brauchst, Liebes. Ich werde tun, was ich kann, um deinen Vater und Troy zurückzuhalten, aber … Ich habe gehört, dass der Kunde ihm morgen früh das restliche Geld geben will. Vielleicht werden sie gleich morgen Abend zuschlagen.«
    Das war zu früh. Ich wollte meine Mutter anflehen, die beiden zum Warten zu überreden, doch sie wusste genauso gut wie ich, was auf dem Spiel stand. Sie wusste auch, wie sinnlos es war, Daddy oder Troy von etwas abhalten zu wollen, wenn sie erst mal eine Entscheidung getroffen hatten. Vor allen Dingen, wenn es etwas war, das ihnen eine stattliche finanzielle Entlohnung einbrachte. Also ballte ich die Hände nur ein bisschen fester zu Fäusten und sagte ihr, dass ich anrufen würde. Sie winkte eine Droschke herbei, aber ich nahm lieber die Bahn, da mein Fahrrad noch immer in der Nähe von Amirs Wohnung stand. Der alte Rick war bisher nicht wieder aufgetaucht. Jemand würde seine Habseligkeiten tatsächlich anfassen müssen, wenn die Polizei ihn nicht bald zurückbrachte.
    Während ich wartete, grübelte ich darüber nach, welche Geschäfte Amir mit Rinaldo gemacht haben könnte. So wie ich Amir kannte, hatte er wahrscheinlich jemandem eine unbezahlbare Antiquität stehlen wollen. Er betrachtete unsere Welt wirklich wie einen Sandkasten. Neben mir torkelte ein Vampir gegen einen Pfeiler, der so betrunken war, dass er Gefahr lief, auf die Gleise zu fallen. Verstohlen rückte ich von ihm ab, als ihm eine Flasche aus der Hand fiel und auf dem Beton des Bahnsteigs zerbarst. Er fluchte, doch die restlichen Menschen in der U-Bahnstation hielten sich einfach nur die Nase zu. Der Gestank, der selbst von der kleinen Flasche
Faust
ausging, war überwältigend. Mir wurde bewusst, dass ich den Geruch schon einmal wahrgenommen hatte – schwach, in Giuseppes Atem, und zuvor in Amirs Apartment, als wir auf den untoten Kater getroffen waren.
    Als die Bahn kam, kauerte ich mich in eine Ecke und wünschte mir, dass die Puzzleteile sich nicht so gut ineinanderfügen würden. Warum sollte Rinaldo
Faust
verschwenden, um Amir zu bedrohen? Ich bezweifelte sehr, dass er das Entsetzen durch den Gestank noch steigern wollte. Amir und
Faust …
Nein. Es musste eine bessere Erklärung geben.
    Ich musste vor dem Unterricht noch in der Pension vorbei, um einige Materialien zu holen, aber ich schaffte es nicht einmal die Treppe hinauf. Ausgerechnet Lily saß in einem der Sessel mit zerschlissenem Chintzbezug im Wohnzimmer und beobachtete mit offensichtlichem Vergnügen, wie Aileen und Mrs. Brodsky sich stritten. Alle drei blickten auf, als ich eintrat.
    »Zephyr!«, sagte Mrs. Brodsky. Ihre Stimme erhob sich über den Rest wie ein großes Schiff, das den Wellen trotzte. »Sagen Sie Ihrer widerspenstigen Mitbewohnerin, dass sie trinken muss. Sie ist krank. Sie ist nicht sie selbst.«
    Mrs. Brodsky hielt ein großes Glas mit einem seltsamen bernsteinfarbenen Getränk hoch, das so dickflüssig war, dass es an den Rändern des Glases kleben blieb. Ich schluckte schwer und warf Aileen einen mitfühlenden Blick zu. Sie saß auf der Couch, eingepackt in ungefähr vier verschiedene Strickdecken in sich beißenden Farben, Wärmflaschen lagen auf ihren Füßen. Unter alldem hervor sah sie mich mit einem verzweifelten Hoffnungsschimmer an.
    »Ich hatte keine Ahnung, dass Sie mit

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