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Moonshine - Stadt der Dunkelheit

Moonshine - Stadt der Dunkelheit

Titel: Moonshine - Stadt der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alaya Johnson
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Kopf. »Amir weiß noch immer nicht, wo Rinaldo lebt? Nach allem, was passiert ist?«
    Kardal lachte, doch der Klang war freudlos und öde wie eine Gruft. »Ich habe Ihnen schon mal gesagt, dass mein Bruder noch jung ist. Als die beiden sich zum ersten Mal trafen, hat er sich nicht die Mühe gemacht, ihn zu verfolgen. Als Rinaldo ihn dann heraufbeschworen hat, war der Vampir vorsichtig genug, seinen Aufenthaltsort nicht preiszugeben.«
    Ein oder zwei Tage. Ich hatte mir schon gedacht, dass wenig Zeit blieb, allerdings nicht so wenig. Amir hatte mir erzählt, dass er Rinaldos Aufenthaltsort entdeckt habe, doch nachdem ich Kardals Geschichte gehört hatte, begriff ich, dass es eine Lüge gewesen sein musste. Angesichts seiner verzweifelten Situation hätte er Rinaldo sicherlich sofort zur Strecke gebracht, wenn er ihn gefunden hätte, und nicht erst mit mir und meiner Mutter eine Stadtrundfahrt gemacht. Er hatte gewusst, dass er sterben würde, deshalb hatte er versucht, wenigstens Judahs Geschichte zu einem guten Ende zu bringen.
    Mit größter Anstrengung gelang es mir, weitere Tränen zurückzuhalten. »Kann ich zu ihm?«, fragte ich.
    »Seien Sie behutsam, Zephyr«, erwiderte Kardal, zeigte mir dann aber den Weg.
    Amir saß auf dem dreckigen Boden in einem Kellerraum tief unter Kardals Palast. Das einzige Licht spendete eine einzelne Lampe mitten im Zimmer, so dass die Hälfte seines Gesichts in tiefen, flackernden Schatten lag. Zumindest war er wach.
    »Wieso ist er hier unten?«, flüsterte ich.
    »Kardal zieht es vor, dass ich seine Teppiche nicht versenge, das ist alles«, sagte Amir. Er wandte sich mir mit einem angespannten Lächeln auf seinem ausgezehrten Gesicht zu. Seine Iris waren dunkel wie zwei Stücke Kohle, ein Dunst von Rauch schien über seinen Schultern und seinen Haaren zu hängen und verlieh ihm eine unheimliche Ähnlichkeit mit seinem Bruder.
    Ich trat näher zu ihm. »Das sind wirklich interessante Bedenken für jemanden, der komplett aus Rauch besteht«, sagte ich.
    Seine Augen suchten mein Gesicht ab. »Mein Bruder ist ein wenig speziell.« Er zögerte. »Warum bist du hier? Bist du gekommen, um mich aus dem Verlies zu befreien?«
    Ich kniete mich hin, damit ich ihm in die Augen sehen konnte, wobei ich mich an den ersten Anfall erinnerte, den ich mitbekommen hatte. Damals hatte er sich noch gegen das Vampirgift gewehrt, das ihn langsam von innen zerfraß. Jetzt dagegen schien es, als könnte ich zusehen, wie er verblasste. Vielleicht konnte ich das sogar.
    »Kardal hat mir alles erzählt«, sagte ich.
    Mit großen Augen blickte er mich an.
    »Sie hat es verdient, alles zu wissen, Amir«, sagte Kardal knapp.
    »Du hast keine Ahnung, was …« Amir schüttelte den Kopf und sah mich dann beinahe schüchtern an. »Darf ich zu fragen wagen, was du dann noch hier machst?«
    Ich musste lächeln. »Ich wünschte, du hättest mir die Wahrheit gesagt.«
    »Du wirst verzeihen, dass ich dachte, ich könnte durch ein paar wohlbedachte Auslassungen eher sicherstellen, dass du mir helfen würdest.«
    »Tja, zu wissen, dass der skrupelloseste Mafiaboss der Stadt Zugriff auf deine Kräfte hat, ist zwar nicht gerade tröstlich, aber es hätte mich nur angespornt, noch intensiver nach ihm zu suchen.«
    Kurz berührte Amir meine Hand, und seine Fingerspitzen versengten meine Haut wie die sprühenden Funken eines Feuers. »Noch etwas intensiver und du wärst jetzt tot, meine Liebe.«
    Es dauerte einen Moment, bis ich wieder zu Atem kam. »Hast du in den Papieren irgendetwas gefunden, Amir?«
    Er zuckte die Achseln. »Sicher, wenn du gern wissen möchtest, wohin er seine Kokainlieferungen bringt oder wer von seinen Mitarbeitern welchen Stadtteil kontrolliert. Ich könnte mir vorstellen, dass deine Freundin Lily ganz außer sich wäre über die Karten. Für unsere Zwecke allerdings …«
    »Du gibst auf.«
    »Fällt dir noch etwas anderes ein?« Sein Lächeln war ungläubig, kein bisschen herablassend.
    Mir rutschte die Hand aus. Ich konnte das Brennen auf meiner Handfläche spüren, doch das Gefühl war abartigerweise ermutigend. In meiner Stimme schwang leiser Zorn mit. »Das wirst du nicht tun. Ich werde es nicht erlauben. Dieser Anfall wird vorübergehen, und dann wirst du deinen faulen, verwöhnten, unbekümmerten Hintern vom Boden erheben und
mir helfen, dein Leben zu retten
. Hast du verstanden? Wir werden Rinaldo finden. Es ist mir egal, was ich dafür tun muss.«
    Ich weiß nicht mehr, wie lange wir uns

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