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Moonshine - Stadt der Dunkelheit

Moonshine - Stadt der Dunkelheit

Titel: Moonshine - Stadt der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alaya Johnson
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konservativen Blusenkragen von letzter Nacht ruiniert haben, aber ich hatte ja jede Menge Ersatz. Ach, ich beneidete Lily um ihre modische Bluse mit dem tiefen V-Ausschnitt und die knielange Jacke. Selbstverständlich nur innerlich. Äußerlich blieb ich absolut gelassen – da bin ich mir sicher.
    Noch immer dachte ich an Amir und wie ich seine Bitte überhaupt angehen sollte. Während des Essens war mir der Gedanke gekommen, dass es, wenn Lily Berichte über die
Anderen
schrieb und ich Informationen über Rinaldo brauchte, nicht unklug wäre, einen Deal einzugehen. Angesichts der Tatsache, dass heute Mittag eine meiner großartigen Ideen so entsetzlich schiefgegangen war, versuchte ich nun, schon im Vorfeld das mögliche Für und Wider abzuwägen. Doch ich ließ es schnell bleiben, weil ich wusste, dass ich Lily den Vorschlag sowieso machen würde.
    »Wissen Sie«, begann ich daher, sobald Iris gegangen war, »ich habe häufig Kontakt zu den
Anderen

    Lily schenkte mir einen abschätzenden Blick und beugte sich leicht vor. »Das habe ich schon gehört. Deshalb habe ich es ja darauf angelegt, Sie kennenzulernen.«
    »Ich brauche einige Informationen, und ich glaube, dass Sie mir behilflich sein könnten.«
    »Schon möglich. Was springt für mich dabei raus?«
    »Ich versorge Sie mit Geschichten, das könnte Ihrer Karriere nutzen. Ungerechtigkeit bei der Wohnungsvergabe. Polizeikorruption. Ich könnte Ihnen die Orte von Razzien der
Defender
verraten, bevor sie stattfinden.«
    Ich spürte, dass mein Angebot Lily reizte, denn sie sah mich verdächtig unschuldig an und hatte angefangen, unentwegt mit dem Fuß zu wippen.
Sehr gut, Zephyr. Nachdem du ihr den Köder lange genug verlockend vor die Nase gehalten hast, musst du den Fisch jetzt nur noch an Land ziehen.
    »Welche Informationen brauchen Sie?«
    Ich hoffte, dass ich nicht so nervös aussah, wie ich mich fühlte. Den Namen dieses Vampirs zu nennen, schien ungefähr dieselbe durchschlagende Wirkung zu haben wie eine Stange Dynamit. »Alles, was Sie über Rinaldo wissen. Jedes Gerücht, jede Sichtung, jede Aktivität. Ich brauche es, denn ich prüfe gerade … etwas. Wenn es gut läuft, bekommen Sie die Exklusivrechte an der Story. Und glauben Sie mir: Es könnte etwas ganz Großes werden.«
    Sie runzelte die Stirn. »Rinaldo? Sie meinen diesen Gin-Schmuggler aus Little Italy? Der fällt nicht in mein Ressort. Die Sparte ›Verbrechen‹ ist noch ungefähr fünf Beförderungen entfernt.« Sie verdrehte die Augen.
    Ich lächelte und senkte die Stimme, bis sie nur noch ein Flüstern war. Es sah zwar nicht so aus, als wäre jemand in Hörweite, aber ich war klug genug, nicht darauf zu vertrauen. »Oh, das fällt sehr wohl in
Ihren
Bereich. Rinaldo ist ein Vampir. Er kontrolliert eine Bande von jungen Blutsaugern, die sich die
Turn Boys
nennen und unsere Gegend terrorisieren. Niemand hat Rinaldo jemals gesehen. Niemand weiß, wo er sich aufhält. Aber ich nehme an, dass auch ein derart machtvoller Vampir mal rauskommt, um zu spielen. Ich will ihn ausfindig machen, doch ich brauche Hilfe dabei. Ich halte mich in bestimmten Kreisen auf.« Mit einem selbstironischen Lächeln blickte ich an meinen Kleidern herab. »Sie haben Zugang zu anderen Kreisen.«
    Auch sie flüsterte nun. »Meinen Sie, dass er die feine Gesellschaft unterwandert hat?«
    »Reich genug ist er. Und ältere Vampire können besser verbergen, was sie sind.«
    Sie lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück und stieß ein wenig damenhaftes Pfeifen aus. Dafür war sie mir spontan ein bisschen sympathischer. »Gütiger Gott. Das
ist
eine verdammte Story. Ist das Ihr Ernst?«
    »Absolut.«
    Sie grinste und klatschte in die Hände. Einen Moment lang wirkte sie wie ein glückliches Kind und nicht wie die elegante, junge Unschuld. »Tja, fürs Protokoll: Sie sind verrückt. Sogar die erfahrenen Reporter bei meiner Zeitung wagen es kaum, Rinaldo anzutasten.«
    »Sie werden mir also helfen?«
    »Sie haben Glück, Zephyr Hollis. Denn ich bin ungefähr genauso verrückt.«
    Wir lächelten uns noch immer an, als Iris an den Tisch zurückkehrte.
    »Nun seht euch beide mal an!«, sagte sie und meisterte den Weg zurück an ihren Platz. »Ist etwas Lustiges passiert, während ich weg war?«
    »Oh, Zephyr will mir nur dabei helfen, die berühmteste Journalistin des Landes zu werden.«
    Iris sah mich an, und die Lachfältchen um ihre Augen vertieften sich. »Grundgütiger, tatsächlich? Du solltest heute Abend mit zu unserem

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