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Moonshine - Stadt der Dunkelheit

Moonshine - Stadt der Dunkelheit

Titel: Moonshine - Stadt der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alaya Johnson
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diesen Wunsch abschlagen konnte. Zu dritt setzten wir uns an die Bar, still und brütend. Ein paar Augenblicke lang war mir die moralische Gleichsetzung von Töten und Überleben so entsetzlich
richtig
vorgekommen. Ich hatte pure Freude an meinen körperlichen Fähigkeiten empfunden, die sich in der perfekten Ausführung der Bewegungsabläufe widergespiegelt hatten, welche mir von Kindesbeinen an unbarmherzig eingebleut worden waren. Aber ich konnte doch nicht wie Daddy sein. Ich konnte doch nicht eine ganze Rasse von Lebewesen verdammen, um meinen Spaß daran zu haben, sie umzubringen. Das war das erste Mal seit mehr als zwei Jahren, dass ich in einen richtigen Kampf verwickelt gewesen war, und ich hatte panische Angst davor, dass ich es
vermisst
haben könnte.
    Irgendwann kam ein Mann an die Bar, der beinahe genauso zerzaust aussah wie wir drei.
    Er warf einen Blick auf Amirs Anzug, der allmählich trocknete, und klopfte ihm auf den Rücken. »Hat der Blutsauger Sie auch erwischt?«, fragte er.
    Amir hob die Augenbrauen. »Könnte sein …«
    »Der Kerl hat mich mitten auf der Straße umgeworfen. Es ist doch kein Neumond, oder? Irgendetwas macht sie verrückt, ich sage es Ihnen.«
    »Sie haben vermutlich nur nicht aufgepasst, wohin Sie laufen«, murmelte ich in meinen Drink.
    Der Mann warf mir einen seltsamen Blick zu, zuckte die Schultern und schlenderte zur Tanzfläche.
    Während Aileen an ihrem dritten Gin Tonic nippte, bestellte ich meinen zweiten. Amir beobachtete uns schweigend, machte allerdings keine Anstalten zu gehen. Ich fragte mich fast, warum er blieb, aber irgendwie schien es ganz selbstverständlich zu sein. Am Ende war Aileen sturzbetrunken, und auch ich war nicht mehr ganz nüchtern. Durch den Alkohol wurde sie wieder albern, doch ihr Lachen bewegte sich haarscharf an der Grenze zur Hysterie. Ich erinnerte mich an das erste Mal, als ich hatte zusehen müssen, wie Daddy einen Vampir zum Platzen gebracht hatte. Wochenlang hatte ich Alpträume gehabt – und der Vampir hatte zuvor
nicht
versucht, mich umzubringen. Wir würden darüber reden müssen. Aber im Augenblick war ich viel zu sehr damit zugange, zum ersten Mal in meinem Leben betrunken zu sein, und es erschien mir wie eine Vollzeitbeschäftigung, mich darauf zu konzentrieren, dass der Raum mehr oder weniger still stand.
    Lässig warf Amir ein paar Münzen auf den Tresen, um die Drinks zu bezahlen, und erhob sich.
    »Ich denke, ich sollte euch Mädchen jetzt besser nach Hause bringen.«
    Aileen schien auf der Theke ohnmächtig geworden zu sein, obwohl sie ab und zu noch kicherte. Ich beugte mich vor und stützte meinen Kopf auf Amirs ziemlich beeindruckender Schulter ab, während ich nach seiner Taschenuhr fischte.
    »Meine Liebe, vielleicht sollten wir uns das Fummeln für einen etwas intimeren Ort aufsparen?«
    Ich nickte und schüttelte dann entschieden den Kopf. »Nein, ich meine, wo ist bloß dieses liebliche chronometrische Dings?«
    Er lachte leise und zog die Uhr aus seiner linken Hosentasche. »Es ist ein Uhr morgens«, sagte er.
    Ich stöhnte. »Sie ist zu! Unsere Pension, meine ich. Mrs. Brodsky schließt sie … pünktlich … um Mitternacht.«
    »Aha.« Er legte mir beide Hände auf die Schultern und richtete mich wieder auf. Dabei sah er nachdenklich aus und auch ein bisschen besorgt. Eine Stressfalte schien sich zwischen seinen Augenbrauen eingegraben zu haben. »Tja, ich nehme mal an, dass ihr dann mit zu mir kommen müsst.«
    Ein Feuerwerk in meiner Brust. Ich kicherte. »Was ist mit unserer Tugendhaftigkeit?«, fragte ich und warf ihm mit großen Augen einen unschuldigen Blick zu.
    Er schnaubte. »Nicht in Gefahr, das versichere ich. Sie und Ihre Freundin riechen wie eine Schnapsbrennerei.«
     
    Aileen war im Taxi eingeschlafen, als wir bei Amir zu Hause ankamen – es war ein großes Gebäude aus grauem Stein in der East Twenty-sixth Street. Zuerst nahm ich an, dass es sich um ein Apartmenthaus handelte, bis er mit dem Schlüssel die schwere Eingangstür öffnete und wir in den dunklen Vorraum des Hauses traten. Es war unzweifelhaft eine Lagerhalle. Von allen Orten, die ich mir als sein Zuhause hatte vorstellen können … Kein Wunder, dass er gezögert hatte, uns hierher mitzunehmen. Es war ein bisschen peinlich, weil er Aileen tragen musste. Doch er öffnete wortlos das Gitter des Aufzugs und benutzte dann seinen Schlüssel, um das Steuerelement zu aktivieren. Argwöhnisch betrachtete ich den Schalthebel des Lifts

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