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Moonshine - Stadt der Dunkelheit

Moonshine - Stadt der Dunkelheit

Titel: Moonshine - Stadt der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alaya Johnson
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ein Schlagloch gerast war, taumelte ich um zehn Minuten nach eins in die Cocktailbar des
Roosevelt Hotels
. Beinahe sofort entdeckte ich Lily – sie hatte einen Tisch gewählt, von dem aus man alles andere im Blick hatte und an dem man auch von jedem gesehen wurde. Die Journalistin war damit beschäftigt, zu lachen und einen blonden Mann mit breiten Schultern zu unterhalten. Irgendetwas an diesen Schultern kam mir bekannt vor, doch ich war so erschöpft und aufgekratzt, dass ich diese vage Erinnerung nicht weiter beachtete und auf Lily zuging. Mir fiel auf, dass mich einige der älteren Damen verstohlen und mit ebenso schockierten wie missbilligenden Mienen hinter ihren Teetassen hervor beobachteten. Nun ja, sie hatten mich sowieso nie besonders gemocht. Der zusätzliche Schmutz auf meinen Kleidern machte es ihnen nur leichter, zu einem Schluss zu kommen. Lily trank Kaffee und knabberte an einem Gurkensandwich. Sie erhob sich, als sie mich erblickte, und klatschte in einem unbedachten Moment der Freude in die Hände.
    »Ich hatte schon befürchtet, dass Sie es nicht schaffen.«
    »Das hätte ich auch beinahe nicht. Sie sprechen gerade mit der offiziellen Lehrerin der berüchtigten
Turn Boys
. Es hat sich herausgestellt, dass ihr Anführer die Vorteile von Bildung erkannt hat.«
    Lily rang nach Luft, doch ich konnte sehen, dass sie noch überschwenglichere Beweise ihrer Freude unterdrückte. »Nein! Haben sie Sie zuerst in den Rinnstein gestoßen?«
    Selbstverständlich waren ihr die Schlammspritzer auf meiner Kleidung nicht entgangen.
    »Sie hat sich natürlich noch immer nicht von diesem verfluchten Fahrrad getrennt.«
    Oh, wie ich mir wünschte, ich hätte diese Stimme nicht erkannt.
    Der Kerl mit den vertrauten breiten Schultern und dem blonden Haar erhob sich von seinem Stuhl und drehte sich zu uns um.
    »Troy«, sagte ich. Es kann sein, dass ich unter Umständen etwas mürrisch geklungen hatte.
    »Zephyr, meine Liebe.« Er machte eine galante Verbeugung und zog meine Finger zu einem Kuss an seine Lippen, bevor ich sie ihm entreißen konnte. »Ich weiß, dass du es hasst, vornehm zu tun, aber könntest du eventuell in Betracht ziehen, das nächste Mal die Kleider zu wechseln, ehe du ins
Roosevelt
kommst? Der Maître sieht dich an, als wärst du ein Vampir im Blutrausch.«
    Von seinen streng gescheitelten und pomadigen Haaren bis hin zu seinen Schuhen, denen ein unterbezahlter dunkelhäutiger Arbeiter jeden Morgen den richtigen Glanz verpasste, war Troy seinen bescheidenen Wurzeln entkommen und fest entschlossen, dass kein Fünkchen Anstand sie je verraten sollte. Ich wusste, dass ich unmöglich der einzige Mensch sein konnte, der ihn durchschaute, doch er war ein gutaussehender
Defender
, und die High Society war in solch einem Fall sehr verständnisvoll.
    Lily lachte nervös. »Dann sollten wir Platz nehmen.«
    Troy zog einen zusätzlichen Stuhl heran, und ich setzte mich zögerlich zwischen die beiden. Lily trug ein reizendes seegrünes Kleid aus gemusterter Seide mit fließendem Saum und eine kurze Strickjacke. Sogar vergangene Nacht, als ich meine besten Kleider getragen hatte, hätte sie mich überstrahlt. Ich verzog den Mund.
    »Also, woher kennt ihr beide euch?«, fragte sie und schob mir den Teller mit den kleinen Sandwichs entgegen.
    »Oh, mein Daddy kennt ihn …«
    Troy beeilte sich, meine fröhliche und aufschlussreiche Erklärung zu unterbrechen. »Ihr Vater und ich hatten in der Vergangenheit ein paarmal beruflich miteinander zu tun.«
    Na ja, so konnte man es auch ausdrücken. Ich hätte eine sarkastische Erwiderung parat gehabt, aber es schien, als wäre Lily nicht besonders hungrig, und ihre Sandwichs schmeckten besser, als sie aussahen.
    »Du bist also eine von Lilys Quellen?«, fragte ich, den Mund voller Gurken.
    Er nickte. »Unter anderem.«
    Ich wandte mich der Journalistin zu, die ihm versonnen in die kornblumenblauen Augen blickte. Tja, ich wünschte ihr viel Glück mit ihm.
    »Was weißt du über die Dschinn?«, wollte ich wissen und nahm mir noch ein Sandwich. Wenn er schon hier war, konnte er sich wenigstens nützlich machen.
    Wie immer entlockte ihm mein professionelles Interesse tatsächlich ein paar Gefühlsregungen. »Die Dschinn?«, stieß er hervor.
    Ich lächelte in mich hinein, weil sein Akzent, der in unbedachten Momenten immer wieder ungewollt hervorkam, mehr über ihn verriet, als die stets blankpolierten Schuhe verbergen konnten.
    »Ich weiß, dass es nicht viele von

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