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Moorehawke 01 - Schattenpfade

Moorehawke 01 - Schattenpfade

Titel: Moorehawke 01 - Schattenpfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kiernan Celine
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Doch ehe er noch das Bein über den Rücken des Pferdes schwingen konnte, richtete er den Blick auf das Ende der Gasse und erstarrte aufrecht mitten in der Luft. Seine Miene verhärtete sich, die Brauen senkten sich tief über die Augen, und die verzogenen Lippen verwandelten sein Gesicht zu einer gefährlichen Fratze.
    Langsam ließ er sich wieder auf den Boden herab und zog das fremdartige Messer aus seinem Gürtel. Sofort zückte auch Wynter ihren Dolch und ging in die Hocke, bereit zu kämpfen oder zu fliehen. Christopher schob sein Pferd beiseite, und nun konnte Wynter erkennen, was ihn aufgeschreckt hatte.
    Ein riesiger Mann lauerte am Ende der Gasse, ein Schwert in der Hand. Er war nur eine hünenhafte, dunkle Gestalt im Gegenlicht, doch seine Größe verriet, dass er zu Jonathons Leibwache gehörte. Er rückte in die Mitte des Pfads vor und versperrte ihnen mit erhobenem Schwert den Weg.
    »Geh jetzt, Wynter«, raunte Christopher und hakte den Schild aus seinem Gürtel. Er trat vor, duckte sich und hielt sich das Messer vor die Brust. Der kunstvoll geschmiedete Griff war wie ein eckiger Hohlraum geformt, in den Christophers ganze Hand hineinpasste. Irgendwo im Inneren hielt er ihn fest, bis über das Handgelenk war seine Hand auf diese Weise durch eine massive Metallmanschette geschützt, so dass die Klinge aus seiner sicher umhüllten Faust hervorragte wie eine gefährliche Verlängerung seines Arms. »Geh schon«, wiederholte er leise.

    Der Mann am Ende der Gasse stockte beim Anblick von Christophers Waffe. Wynter schlich sich an Christopher vorbei, immer noch in Angriffsstellung, ihren Dolch ausgestreckt, die freie Hand abwehrend vor sich gehalten. Er zischte ärgerlich, forderte sie aber nicht noch einmal auf, zu gehen.
    Einen Moment lang verharrten alle drei regungslos, warteten darauf, dass einer den Anfang machte. Dann schritt der große Soldat langsam auf sie zu, drohend seine Waffe hin und her schwingend. Wynter und Christopher machten sich zum Kampf bereit. Doch plötzlich löste sich eine hochgewachsene Gestalt aus dem Schatten hinter dem Mann und versetzte ihm einen schweren Schlag auf den Hinterkopf. Der Soldat sank lautlos auf die Knie und schwankte, die Schwerthand hing schlaff an seiner Seite herab. Als die dunkle Gestalt vortrat, erkannten sie Razi. Sein markanter Umriss hob sich unverkennbar gegen den nun immer rascher verblassenden Himmel ab. Wieder hob er den Arm, in dem er nun deutlich sichtbar einen Knüppel hielt, und versetzte dem Soldaten einen weiteren dröhnenden Hieb auf den Kopf. Mit kalter Miene sah er zu, wie der Mann vor seinen Füßen zusammenbrach.
    Jetzt blickte er auf. Sie konnten sein Gesicht nicht ausmachen, doch seine Haltung war ruhig. Er zeigte sich auf die Brust, deutete dann offenbar auf seine Augen und machte eine Kreisbewegung mit der Hand: Er würde die Umgebung im Blick behalten. Dann richtete er den Zeigefinger zunächst auf Christopher und dann auf das Tor. Kaum vernehmlich flüsterte er: »Mach schnell!«
    Christopher trat einen Schritt vor und blickte seinen Freund an. Razi wartete. Zögernd hob Christopher die Hand zum Abschied. Dann berührte er seine Stirn, seinen Mund und seine Brust, wobei er sich leicht verbeugte, ohne den Blick von Razi zu lösen.

    Razi wiederholte die Geste, verneigte sich ebenfalls und verharrte so. Schließlich fasste er den Soldaten an der Jacke, schleifte ihn in den Stall und war verschwunden – verschluckt von den tiefen Schatten.
    Christopher konnte nicht länger warten. Rasch schob er den Dolch in die Scheide und hakte den Schild an seinem Gürtel fest. Er nahm die Zügel in die rechte Hand, stellte den Fuß in den Steigbügel und schwang sich in den Sattel. Sein Pferd schnaubte, schüttelte den Kopf und tänzelte wiehernd ein paar Schritte seitwärts. Christopher schnalzte leise, zog die Zügel an und drückte ihm die Schenkel in die Flanken, um es zu beruhigen. Wynter trat näher und legte der Stute die Hand auf den kräftigen Hals. Sie blickte zu Christopher auf.
    Es gab keine Worte. Was konnten sie sagen? Ich liebe dich? Wir werden uns bald wiedersehen? Warte auf mich? Was sollte das alles in ihrer Lage bedeuten? Er musste fort. Er würde niemals zurückkehren. Und sie konnten nichts dagegen tun.
    Wieder trippelte das Pferd zur Seite und versuchte, sich umzudrehen. Ein gedämpfter Schrei hinter der Scheune schreckte sie auf. Aus dem Stall hörte man ein kurzes metallisches Klirren, ein weiteres leises Rufen und einen

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