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Moorehawke 01 - Schattenpfade

Moorehawke 01 - Schattenpfade

Titel: Moorehawke 01 - Schattenpfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kiernan Celine
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möglich.
    Jetzt ist es fast vorbei, dachte Wynter. Jonathon konnte unmöglich so grausam sein, den versammelten Gästen noch Tanz aufzubürden.
    Doch ihr Mut sank, als der König aufstand und in die Hände klatschte. Sofort wurden die langen Tische an die Wand gerückt, und die Musiker stimmten eine Garronde an. Geheuchelter Beifall ertönte, die Gäste stellten sich zum Tanz auf.
    Während im Saal noch Platz geschaffen wurde, ließen sich Wynter und Christopher auf das Podest zutreiben. Sie blieben zusammen, in der Hoffnung, wenigstens einer von ihnen
könnte vielleicht durch die wenig subtile Barriere aus Wachen und Ratsherren schlüpfen, die ihren Freund umgab. Razi und der König waren sitzen geblieben. Jonathon hatte sich in seinem Thron zurückgelehnt, trank und beobachtete die Menge unter sich; Razi saß immer noch stocksteif da.
    Als Wynter und Christopher vor der Kette aus Wachsoldaten auf und ab spazierten, hob Razi einen winzigen Moment lang den Blick und sah sie an. Wynters Herz machte einen Satz, denn sie begriff, dass er die ganze Zeit gelauert, dass er gewartet hatte, bis sie in seine Reichweite kamen. Sie spürte, wie Christopher neben ihr den Rücken durchdrückte, als auch er Razis Blick bemerkte. Razi nickte und formte lautlos das Wort: Bleib . Ohne sich etwas anmerken zu lassen, drehte sich Christopher um und wanderte weiter umher, als betrachte er ganz zwanglos das Treiben. Doch Wynter wusste, dass er den Freund nicht im Stich lassen würde.
    Nun sah Razi Wynter an. Viel Zeit blieb ihnen nicht, aber er gestattete sich einen kurzen Moment, in dem er sich öffnete – nur eine vorübergehende Sanftheit im Blick, eine traurig gerunzelte Stirn. Dann sah sie ihn heftig schlucken und blinzeln, seine Miene wurde wieder kalt. Lorcan , formten seine Lippen, die Augen deuteten auf die königlichen Gemächer. Die Tür stand offen und war unbewacht. Rasch blickte Wynter zurück zu Razi, doch er hatte den Kopf bereits wieder gesenkt. Dafür sah König Jonathon sie jetzt an. Ohne Hast drehte sie sich um und spazierte in die Menge, um sich der königlichen Tür über einen Umweg zu nähern.
    Lorcan war allein. Er musste sich den Trubel am Ende des Mahls zunutze gemacht und im Getümmel davongestohlen haben. Wynter fand ihn in einer stillen Ecke, den Rücken an die Wand gelehnt, zusammengesackt wie ein verwundetes Tier. Als sie sich ihm näherte, hob er den Kopf und zog eine
schuldbewusste Grimasse. Die Hand auf die Brust gelegt, rang er verzweifelt nach Atem.
    »Meine Kleine«, rasselte er. »Es … es sieht nicht gut für mich aus.«
    Sie stieß keinen Schrei aus und machte keinerlei Aufhebens, sondern trat einfach zu ihm, legte ihm die Hände auf die Schultern und schob ihn hoch, bis er aufrecht an der Wand stand. »Schaffst du es in unser Quartier?«, fragte sie und blickte ihm ins schweißüberströmte Gesicht.
    »Fürst Razi …«
    »Christopher kümmert sich um Razi.«
    Selbst in seinem kläglichen Zustand gelang es Lorcan noch, zweifelnd eine Augenbraue hochzuziehen. Wynter legte ihm die Hand auf den Brustkorb und spürte sein Herz unter dem Stoff des Mantels rasen und hüpfen. »Vater«, sagte sie. »Razi vertraut ihm. Und ich vertraue darauf, dass Razi weiß, was das Beste ist. Und jetzt lass uns bitte zurück in unsere Gemächer gehen.«
    Die Musik im Saal war schwungvoller geworden, ein Reigen wurde nun getanzt, der bald in eine Gaillarde überging. Die Tänzer würden sich drehen wie Kreisel, die Hitze wäre unerträglich und der Lärm ohrenbetäubend.
    Lorcan legte seinen Arm um Wynters Schulter, und gemeinsam schleppten sie sich in das kühle Dämmerlicht des hinteren Gangs. Die Tanzgeräusche verloren sich mehr und mehr in ihrem Rücken.
    »Liebes … L-Liebes …« Plötzlich drückte Lorcan ihre Schulter und krümmte sich. »Ich muss anhalten. Nur kurz.«
    Wynter schob ihn in einen offenen Durchgang und lehnte ihn gegen die Wand. Sie befanden sich im Vorraum einer kleinen Kammer, die einzige Lichtquelle waren die trüben Fackeln draußen im Gang.

    »Geht es dir gut, Vater?«
    Seine Augen glitzerten in der Düsternis, sein Atem ging pfeifend. Er lehnte den Kopf an die Wand und tätschelte nickend ihren Arm.
    Also gut, nur einen Moment verschnaufen, dann würden sie weitergehen. Argwöhnisch blickte sie sich um. Gott, wie verletzlich sie waren! Immer noch konnte Wynter ganz schwach die Musik aus dem Saal hören; sie waren kaum vorangekommen.
    In diesem Augenblick setzte das Gebrüll ein. Wynter

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