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Moorseelen

Moorseelen

Titel: Moorseelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Eva Schmidt
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sagte ich.
    Nick versuchte, sich aufzurichten, fiel aber mit einem Stöhnen gleich wieder auf den Rücken.
    »Wieso klingst du wie diese Tante im ZDF , und mir tut der Kopf weh?«, murmelte er.
    Ich seufzte. Um seine große Klappe lahmzulegen, reichte offenbar nicht mal ein Schlag auf den Schädel.
    Ehe ich jedoch etwas erwidern konnte, drängten sich die Polizisten an mir vorbei. Sie fassten jedoch nicht mich, sondern Nick unter den Armen und halfen ihm, sich aufzurichten. Dann lösten sie seine Fesseln. Obwohl er schwankte wie ein Matrose beim ersten Landgang, schenkte er mir ein Grinsen, das wohl aufmunternd wirken sollte, aber etwas schief geriet. Wiesmüller trat vor ihn hin.
    »Können Sie mir sagen, was passiert ist?«, fragte er.
    Nicks Kopf pendelte ruckartig vor und zurück. Offenbar sollte das ein Nicken sein, auch wenn er dabei einer Marionette der Augsburger Puppenkiste ähnelte. Einer ziemlich bekifften Marionette. »Auuu«, stöhnte er, »mein Schädel!« Dann deutete er zittrig auf Zeno, der mit dem Grüppchen seiner Anhänger immer noch wie erstarrt an der Tür zur Werkstatt verharrte. »Das ist ein ganz übler Haufen von Freaks. Ich wollte abhauen, aber …« Er stockte benommen, runzelte die Stirn und schien nach Worten zu suchen, ehe er fortfuhr. »… ich weiß nicht mehr genau. Ich stand an meiner Vespa. Und dann … peng! Filmriss«, beendete er seinen Bericht.
    »Aryana hat dich mit einem Stein niedergeschlagen. Sie hat es mir erzählt«, erklärte ich Nick. Wiesmüller musterte Zeno finster.
    »Ich habe keine Ahnung, wie der Typ in das Auto kommt. Ich kenne ihn nicht einmal«, behauptete Zeno. Unter Umständen hatte er mit seiner Behauptung sogar Chancen. Nick konnte sich an nichts erinnern, er hatte seinen Angreifer nicht gesehen. Wenn alle Bewohner für Zeno logen, stand die Aussage zweier Minderjähriger, von denen eine von zu Hause abgehauen war und der andere seine Eltern über seinen Aufenthalt belogen hatte, gegen die von ungefähr zwanzig »Zeugen«. Einschließlich dem Wort einer Ärztin.
    Am liebsten hätte ich laut geflucht.
    Deva schaltete sich ein. »Sie können gerne alles durchsuchen. Sie werden sehen, dass bei uns alles seine Ordnung hat«, sagte sie mit ihrer dunklen Stimme, die ich immer als so angenehm empfunden hatte. Jetzt klang sie in meinen Ohren falsch und ein klebrig-süßer Unterton lag darin, der die Polizisten einlullen sollte.
    Doch Wiesmüller ließ sich nicht beeindrucken. »Wie nett, dass Sie uns die Erlaubnis erteilen, uns gründlich umzusehen«, sagte er freundlich. »Das erspart uns den richterlichen Durchsuchungsbeschluss.« Er griff nach seinem Handy und alarmierte zum zweiten Mal in dieser Nacht einen Krankenwagen. Diesmal, damit er Nick abholte. Der versuchte zwar zu protestieren, war aber von dem heftigen Schlag auf den Kopf noch viel zu sehr neben der Kappe, um Wiesmüller ernsthaft von seiner Unversehrtheit überzeugen zu können. Als die Sanitäter endlich da waren und Nick trotz seines Widerstands – »Hey, Mann, ich bin kein verdammter Scheintoter!« – auf die Trage legten, drückte ich noch schnell seine Hand.
    »Wir kriegen das hin«, munterte ich ihn auf, obwohl ich selbst nicht so genau wusste, was ich damit meinte. Doch Nick schien zufrieden, denn er nickte. Und als er grinste, sah er schon weniger nach einer Schaufensterpuppe auf Drogen aus, sondern glich wieder dem Nick, den ich kannte.
    Nachdem ich die Gewissheit hatte, dass er in Sicherheit war, spürte ich die Erschöpfung. Jeder Muskel in meinem Körper schmerzte. Plötzlich spürte ich instinktiv jemanden dicht hinter mir. Ein Kribbeln lief meinen Rücken entlang. Ich fuhr herum – und stand Auge in Auge mit Zeno.
    »Warum machst du alles kaputt, Feline?«, raunte er so leise, dass nur ich es hören konnte. Wiesmüller und seine Beamten waren in eine Diskussion mit den Oasenbewohnern verstrickt und hörten sich gerade Kalis Lamento an, dass angeblich niemand Nick vorher in der Oase gesehen hatte. Zeno schien das nicht zu interessieren. Er blickte mir tief in die Augen und gegen meinen Willen gelang es ihm, meinen Blick einzusaugen und festzuhalten. Für eine Sekunde wusste ich wieder, warum ich ihm bis vor Kurzem verfallen gewesen war. »Wir haben dich in unsere Gemeinschaft aufgenommen, weil niemand dich haben wollte. Ist das der Dank?«, fragte er. Die Kälte in seiner Stimme versetzte mir einen kurzen Peitschenhieb quer über mein Herz, aber gleich darauf überwog mein

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