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Moorseelen

Moorseelen

Titel: Moorseelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Eva Schmidt
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wirklich nur zufällig hinter mir gegangen? Dann aber schüttelte ich den Kopf. Ich war wohl durch die ganze Mia-Geschichte ein wenig überreizt. Ich musste einen Moment alleine sein, nachdenken. Ich machte einen Umweg und spazierte hinter dem offenen Platz ein wenig herum. Wie ein Eimer ausgeschüttete Mondkiesel lag die Milchstraße am Nachthimmel. Vor lauter In-die-Luft-Gucken wäre ich beinahe gegen eine Mauer gelaufen. Ich stand vor Devas Haus. Hinter einem offenen Fenster brannte Licht und ich hörte Devas Lachen. Sie klang glücklich. Gerade fragte ich mich, ob Zeno wohl bei ihr war, da hörte ich ein Quietschen und Brabbeln. Erstarrt stand ich da und lauschte. Doch es bestand kein Zweifel: Wer da so vergnügt krähte, war ein Kleinkind. Und davon gab es in der Oase nur eins: Jaron, Mias kleinen Sohn. War sie etwa zurückgekommen? Doch das konnte nicht sein, denn ich hatte erst vor fünf Minuten von ihrem Verschwinden erfahren.
    Doch warum war Mia abgehauen und hatte ihr Kind einfach zurückgelassen?
    *
    www.facebook.com/pages/vermisst/118437678200969
    B. Tauber
    Hallo! darf ich um eure Mithilfe bitten! Meine Tochter FELINE TAUBER ist seit gestern verschwunden, vermutlich ist sie irgendwo in Berlin unterwegs! Feline ist sechzehn Jahre alt, 1,70 m groß, hat graugrüne Augen und lange rote Haare (gefärbt!), das Foto zeigt sie vor achtzehn Monaten. Hat jemand sie gesehen? Vielen Dank, B. Tauber
    *
    Ich saß in einem Café in Berlin Mitte und starrte in meinen Cappuccino für 2,80 €. Daneben stand ein unberührter Cupcake. Blieben, abzüglich Trinkgeld, noch siebzehn Euro, die ich in meinem Portemonnaie mit mir herumtrug. Die Börse samt Ausweis hatte ich heute Morgen noch schnell in meiner Jacke verstaut, ehe wir nach Berlin aufgebrochen waren. Eigentlich wollte ich nur sichergehen, dass keiner sie durchwühlte, während ich ein paar Stunden weg war, um die Erzeugnisse aus der Kommune anzubieten. Doch die Sache war total aus dem Ruder gelaufen. Eigentlich hätte ich mit Aryana und Urs im Mauerpark am Prenzlauer Berg Mias Ketten und Armbänder verkaufen sollen. Stattdessen hockte ich nun zwischen lauter hippen Jungmüttern, die, ihren schicken Kinderwagen nach zu urteilen, genug Geld und noch mehr Zeit hatten. Ich versuchte, im Schaum des inzwischen fast kalt gewordenen Milchkaffees eine Antwort auf die Frage zu finden, was ich jetzt tun sollte. Bis vor einer Stunde war noch alles okay gewesen. Urs kümmerte sich um den Verkauf von frischem Gemüse aus dem Garten der Oase, Aryana hatte mit ihrem Charme und Witz bereits ein Dutzend Pesto-Gläschen unter die Leute gebracht und auch mir war es gelungen, relativ schnell ein paar Ohrringe für zwölf Euro und eins von Mias bunten Armbändchen für einen Zehner an zwei Freundinnen zu verscherbeln, die eingehakt durch den Park bummelten. Als sich eine junge Frau mit glatten tiefschwarzen Haaren näherte, die eine Halskette mit vielen klimpernden Silbermünzen musterte, hatte ich sie angelächelt. »Silber passt zu dir«, kopierte ich Mias damaligen Spruch, mit dem sie mir das Goldfischarmband schmackhaft gemacht hatte.
    Aber die Frau schüttelte den Kopf. »Ist mir zu viel Chichi mit dem ganzen Geklimper«, bemerkte sie leicht abfällig.
    Arrogante Kuh, dachte ich, zuckte aber nur die Schultern. »Okay.« Kaum hatte sie sich drei Schritte entfernt, kam Urs wie eine Hornisse angeschossen und sah mich finster an.
    »Du kannst sie nicht einfach so gehen lassen! Wenn sie die eine Kette nicht will, biete ihr was anderes an! Aber sieh zu, dass die Leute kaufen!« So klangen im Film immer Bosse von Drückerkolonnen und ich musste fast lachen, weil ich sein Getue absurd fand.
    »Hör mal, ich bin keine Moderatorin bei ’nem Homeshopping-Kanal! Wenn jemand nichts haben will, soll er’s doch lassen«, gab ich zurück.
    Urs’ Gesicht lief rot an. Wie eine giftige Viper stieß er den Kopf nach vorne und zischte mich an. »Du sorgst dafür, dass Geld in die Kasse kommt, klar? Dafür bist du schließlich hier!«
    Zuerst war ich einfach nur perplex. Doch dann kam die Wut. »Weißt du was? Ich hab keinen Bock, mich von dir dumm anmachen zu lassen! Seit wann hast du mir was zu sagen? Seit wann hast du überhaupt
irgendwas
zu sagen?«, zischte ich zurück.
    »Hört auf!«, flehte Aryana, aber weder Urs noch ich schenkten ihr Beachtung.
    »Ich hab dein Prinzessinnengetue echt satt«, knurrte Urs. »Du hältst dich wohl für was Besonderes, hä? Aber dich bei uns durchzuschmarotzen,

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