MoR 02 - Eine Krone aus Gras
Parade aufmarschieren lassen, wieder stieg Sulla auf die Rednerbühne — nur war er diesmal nicht allein. Die beiden ehemaligen Prätoren standen neben ihm.
»Männer, Quintus Calidius und Publius Claudius aus Rom sind zu uns gekommen«, sagte Sulla formlos. »Sie haben ein offizielles Dokument für mich mitgebracht. Ich habe euch als meine Zeugen herbeirufen lassen.«
Calidius, der sich selbst sehr wichtig nahm, zeigte Sulla das Siegel des Briefes, bevor er es erbrach. Dann las er den Brief laut vor.
»Von der Versammlung des Volkes von Rom an Lucius Cornelius Sulla. Auf Anweisung des römischen Volkes bist Du hiermit Deines Auftrags entbunden, den Krieg gegen König Mithridates von Pontos zu führen. Du wirst Dein Heer entlassen und nach... «
Weiter kam er nicht. Ein genau gezielter Stein traf ihn an der Schläfe und streckte ihn nieder. Fast gleichzeitig traf ein ebenso gut gezielter Stein Claudius. Claudius schwankte. Sulla stand keine drei Schritte unbeteiligt daneben, als weitere Steinwürfe auch Claudius zu Boden streckten.
Dann flogen keine Steine mehr. Sulla beugte sich über die beiden Männer und richtete sich wieder auf. »Sie sind tot«, verkündete er und seufzte hörbar. »Nun, Männer, jetzt gibt es kein Zurück mehr! In den Augen der Volksversammlung sind wir jetzt, wie ich fürchte, Rebellen. Wir haben die offiziellen Gesandten des Volkes getötet. Uns bleiben nur zwei Möglichkeiten.« Seine Stimme klang völlig gelassen. »Wir können hier warten, bis wir des Hochverrats angeklagt werden — oder wir ziehen nach Rom und zeigen dem Volk, was die Soldaten, die treuen Diener des römischen Volkes, von einem Gesetz und einer Anordnung halten, die für sie unannehmbar und gesetzwidrig sind. Ich gehe ohnehin nach Rom, und ich nehme diese beiden toten Männer mit. Ich werde sie dem Volk persönlich übergeben. Auf dem Forum Rom- anum, unter den Augen jenes strengen Wächters der Rechte des Volkes, Publius Sulpicius Rufus. Er ist an allem schuld! Nicht Rom!«
Er hielt inne und holte Atem. »Also, auf dem Forum Romanum brauche ich keine Gesellschaft. Aber wenn jemand Lust verspürt, mit mir nach Rom zu marschieren, würde ich mich über seine Gesellschaft sehr freuen! Denn dann weiß ich, daß mir auf dem Marsfeld Freunde den Rücken freihalten, wenn ich die heilige Stadtgrenze überschreite. Sonst droht mir womöglich dasselbe Schicksal wie dem Sohn meines Mitkonsuls Quintus Pompeius Rufus.«
Natürlich waren die Soldaten dabei.
»Aber die Militärtribunen werden dich nicht begleiten«, sagte Lucullus im Feldherrnzelt zu Sulla. »Sie haben nicht genügend Mumm, um selber zu kommen, deshalb soll ich in ihrem Auftrag sprechen. Also: Sie können nicht dulden, daß ein Heer auf Rom marschiert. Rom sei nicht für eine Verteidigung ausgerüstet, weil es in Italien nur römische Armeen gebe. Und römische Truppen seien nie in der Umgebung Roms stationiert, außer vor einem Triumphzug. Du marschierst ihrer Meinung nach mit einer Armee gegen deine Heimat, und deine Heimat hat keine Armee, mit der sie zurückschlagen könnte. Sie verurteilen deine Handlungsweise und wollen versuchen, deine Legionen davon abzubringen, dich zu begleiten.«
»Wünsche ihnen dabei Glück«, sagte Sulla, ohne seine Reisevorbereitungen zu unterbrechen. »Sie können hier bleiben und darüber wehklagen, daß eine Armee auf das schutzlose Rom zumarschiert. Trotzdem, vielleicht sperre ich sie besser ein. Zu ihrem eigenen Schutz.« Seine kalten, hellen Augen ruhten auf Lucullus. »Und du, Lucius Licinius? Stehst du zu mir?«
»Ja, Lucius Cornelius. Bis zum Tod. Das Volk hat die Rechte und Pflichten des Senats an sich gerissen, das Rom unserer Ahnen gibt es daher nicht mehr. Ich sehe kein Verbrechen darin, gegen ein Rom zu kämpfen, das ich meinen ungeborenen Söhnen nicht vererben wollte.«
»Hm, gut gesprochen!« Sulla schnallte sein Schwert um und setzte den Hut auf. »Dann machen wir jetzt Geschichte.«
Lucullus sah ihn an. »Du hast recht!« sagte er. »Wir machen jetzt Geschichte. Noch nie ist eine römische Armee auf Rom marschiert.«
»Und noch nie ist eine römische Armee so provoziert worden«, fügte Sulla hinzu.
Fünf Legionen römischer Soldaten marschierten auf der Via Latina nach Rom. An der Spitze ritten Sulla und sein Legat, im Troß folgte ein Maultierkarren mit den Leichen von Calidius und Claudius. Ein Kurier ritt im Galopp zu Quintus Pompeius Rufus nach Cumae. Als Sulla Teanum Sidicinum erreichte,
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