Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

MoR 02 - Eine Krone aus Gras

Titel: MoR 02 - Eine Krone aus Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
Vom Netzwerk:
Ausbesserungsarbeiten durchführen. Burgundus dagegen bekam die Aufgaben zugewiesen, die außergewöhnliche Kraft erforderten. Burgundus säuberte die Kanalisation von Minturnae, wenn sie nach einem Hochwasser verstopft war; er entfernte einen von Fliegen übersäten Kadaver eines Pferdes, Esels oder eines anderen großen Tieres von einer unzugänglichen Stelle; er fällte Bäume an Stellen, an denen es besonders gefährlich war; er fing bösartige Hunde ein und hob ohne fremde Hilfe Gräben aus. Wie viele große Menschen war der Germane ein sanfter und gutmütiger Mensch, der sich seiner Stärke sicher war und sie niemandem zu beweisen brauchte. Er wußte, daß er keinem Menschen im Spaß einen Hieb versetzen durfte, da dieser dann vielleicht gleich tot umfiel. Deshalb hatte er eine Technik entwickelt, wie er betrunkene Matrosen und aggressive, kleine Männer, die ihr Mütchen an ihm kühlen wollten, sanft abwehren konnte. Seine Nachsicht hatte ihm einige Narben, in der Stadt aber auch den Ruf großer Freundlichkeit eingebracht.
    Da die Magistraten die Pflicht hatten, Gaius Marius hinzurichten, diese Pflicht aber so römisch wie möglich ausüben wollten und außerdem wußten, daß sie dabei unter der Stadtbevölkerung auf wenig Sympathie stoßen würden, ließen sie sofort Burgundus kommen, den Mann fürs Grobe.
    Burgundus hatte von den jüngsten Vorfällen in Minturnae nichts mitbekommen, da er vor den Stadtmauern an der Seite der Stadt, die der Via Appia zugewandt war, damit beschäftigt gewesen war, große Steine für Reparaturarbeiten bereitzulegen. Er wurde von einem anderen Sklaven geholt und eilte mit langen, scheinbar langsamen Schritten zum Forum, die ihn aber so schnell vorwärtsbrachten, daß der andere Sklave fast rennen mußte, um nicht zurückzubleiben.
    Der ältere Magistrat wartete in einer Gasse vor dem Forum auf ihn. Die Gasse verlief hinter der Versammlungshalle und dem Jupitertempel. Wenn die Aufgabe erledigt werden sollte, ohne einen Tumult auszulösen, mußte sie sofort erledigt werden, und zwar so, daß die Menschenmenge auf dem Forum nichts davon merkte.
    »Aha, Burgundus, genau dich brauche ich!« sagte der Duumvir. Sein Kollege, ein weniger entschlossener Mensch, war plötzlich verschwunden. »In der Zelle unter dem Kapitol ist ein Gefangener.« Er wandte sich ab und sagte die folgenden Worte scheinbar beiläufig und gleichgültig über die Schulter: »Du wirst ihn erdrosseln. Er ist ein Verräter, der zum Tod verurteilt wurde.«
    Der Germane stand wie angewurzelt da, hob seine gewaltigen Hände und starrte sie fragend an. Er war noch nie aufgefordert worden, einen Menschen zu töten. Einen Menschen mit diesen Händen zu töten! Für seine Hände war das nicht schwerer, als einem Huhn den Hals umzudrehen. Natürlich mußte er den Befehl ausführen, das stand außer Frage. Aber plötzlich war die Zufriedenheit, die er bislang in Minturnae empfunden hatte, wie fortgeblasen. Er sollte nicht nur alle anstrengenden Arbeiten erledigen, sondern jetzt auch noch für die Stadt den Henker spielen. Seine sonst friedlichen, blauen Augen stierten entsetzt auf die Rückwand des Kapitols. Hier saß der Gefangene, den er erdrosseln sollte. Offensichtlich ein sehr wichtiger Gefangener. Einer der Anführer des italischen Krieges?
    Burgundus holte tief Luft und trottete dann zur anderen Seite des Podestes, wo sich die Tür zu den unterirdischen Räumen befand.
    Um hindurchzugehen, mußte er nicht nur den Kopf einziehen, sondern sich tief bücken. Nun befand er sich in einer niedrigen Vorhalle mit steinernen Wänden, die auf jeder Seite mehrere Türen hatte. Auf der gegenüberliegenden Seite ließ ein Schlitz mit einem eisernen Gitter etwas Licht ein. An diesem düsteren Ort wurden die Akten und das Archiv der Stadt sowie regionale Gesetze und Statuten und die Stadtkasse aufbewahrt. Hinter der ersten Tür links wurde ab und zu ein Unruhestifter festgehalten, bis er sich beruhigt oder seinen Rausch ausgeschlafen hatte und wieder freigelassen werden konnte.
    Die Zellentür war aus drei Finger dickem Eichenholz gezimmert und noch niedriger als die Außentür. Burgundus zog den Riegel zurück, duckte sich und zwängte sich in die Zelle. Wie die Vorhalle wurde auch dieser Raum von einer vergitterten Öffnung erhellt. Die Öffnung ging hoch oben in der Rückwand des Tempelsockels nach draußen, deshalb waren Geräusche, die von hier ins Freie drangen, auf dem Forum nicht zu hören. Das einfallende Licht reichte

Weitere Kostenlose Bücher