MoR 03 - Günstlinge der Götter
dem Weg dorthin, aber ich habe mit meinem Freund Caesar gesprochen, der schneller reist als irgend jemand, den ich kenne. Deshalb wage ich die Voraussage, daß die Abordnung des Gerichts vor den Metellern in Cortona eintreffen wird. Vielleicht finden wir dort noch so manches, was nach Sizilien gehört.«
»Wohin ist Gaius Verres gegangen?« fragte Hiero neugierig.
»Ich glaube, er ist unterwegs nach Massilia. Es ist beliebt bei den Kunstliebhabern unter unseren Exilanten.«
»Wir sind jedenfalls überglücklich, daß wir unser nationales Erbe wiederhaben«, sagte Hiero strahlend. »Vielen Dank, Marcus Tullius. Vielen Dank!«
»Ich glaube, ich werde euch zu danken haben«, sagte Cicero sanft. »Vorausgesetzt, ihr seid mit meiner Prozeßführung so zufrieden, daß ihr nächstes Jahr unser Abkommen über das Getreide erfüllt. Die Spiele der Plebs werden erst im November nächsten Jahres stattfinden, also braucht ihr das Getreide nicht von der diesjährigen Ernte zu nehmen.«
»Es ist uns ein Vergnügen, dich zu bezahlen, Marcus Tullius. Und ich verspreche dir, daß du das Volk von Rom mit einer großartigen Getreideverteilung wirst beglücken können.«
»Und so«, sagte Cicero später zu seinem Freund Titus Pomponius Atticus, »hat dieser seltene Ausflug in das Reich der Anklage einen Gewinn abgeworfen, den ich bestens gebrauchen kann. Ich werde mein Getreide für zwei Sesterzen pro Scheffel kaufen und es für drei verkaufen. Der Extra-Sesterz sollte mehr als genug sein, um die Transportkosten zu decken.«
»Verkauf es für vier Sesterzen pro Scheffel und steck ein bißchen Geld in die eigene Tasche«, sagte Atticus. »Du hast es bitter nötig.«
Cicero war schockiert. »Das würde ich nie tun, Atticus! Die Zensoren könnten sagen, ich hätte mich bereichert, indem ich ein verbotenes Honorar für meine Dienste als Rechtsanwalt angenommen habe.«
»Oh, Cicero!« seufzte Atticus. »Du wirst nie ein reicher Mann werden. Ein Mann mag Arpinum verlassen, aber man wird ihm Arpinum nie austreiben können. Du denkst wie ein Landedelmann, Cicero!«
»Ich denke wie ein ehrlicher Mann«, sagte Cicero. »Und darauf bin ich sehr stolz.«
»Soll das etwa heißen, daß ich kein ehrlicher Mann bin?«
»O nein!« schrie Cicero entsetzt. »Du bist ein römischer Geschäftsmann hohen Ranges — für dich gelten ganz andere Regeln. Ich bin kein Caecilius, aber du bist einer!«
Atticus wechselte das Thema. »Wirst du den Prozeß gegen Verres in einem Buch dokumentieren?«
»Ja, ich habe daran gedacht.«
»Auch die großen Reden der actio secunda, die du nie gehalten hast? Hast du im voraus welche vorbereitet?«
»Aber ja! Ich mache immer grobe Entwürfe meiner Reden, Monate bevor ich sie halten will. Allerdings muß ich die Reden der actio secunda modifizieren, weil ich eine Menge Dinge einfügen will, die ich bereits in der actio prima angesprochen hatte. Ich muß sie ein bißchen aufmotzen, versteht sich.«
»Versteht sich«, sagte Atticus feierlich.
»Warum fragst du?«
»Ich denke daran, mir ein Hobby zuzulegen, Cicero. Das Geschäftsleben ist langweilig, und die Leute, mit denen ich dabei zu tun habe, sind noch langweiliger. Also werde ich einen kleinen Laden eröffnen, mit einer großen Werkstatt im Hinterhaus — auf dem Argiletum. Sosius wird einen Konkurrenten bekommen, denn ich will einen Verlag gründen. Wenn du nichts dagegen hast, hätte ich gerne die Exklusivrechte an deinem ganzen künftigen Werk. Du würdest ein Zehntel des Kaufpreises von jedem Buch bekommen, das ich verkaufe.«
»Großartig!« Cicero strahlte. »Abgemacht, Atticus, abgemacht!«
Im April, kurz nachdem die neugewählten Zensoren Mamercus als Princeps Senatus bestätigt hatten, verkündete Pompeius, er werde Siegesspiele abhalten. Sie sollten Mitte Sextilis beginnen und unmittelbar vor dem Beginn der ludi Romani am vierten September enden. Pompeius sah höchst zufrieden aus, als er die Ankündigung machte, denn außer den Spielen hatte er noch einen anderen Grund, sich zu freuen. Er hatte nämlich einen Coup gelandet, der für einen Mann aus Picenum immense Bedeutung besaß. Seine verwitwete Schwester Pompeia würde keinen anderen als Publius Sulla sive Sextus Perquitienus, den Neffen des toten Diktators Sulla, heiraten. Ja, die Familie Pompeius aus Nordpicenum war im Begriff, in die beste römische Gesellschaft aufzusteigen. Sein Vater hatte sich noch mit den Lucilii begnügen müssen. Er selbst aber hatte sich mit den Mucii, den
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